2939 - Die Rache der »Engel«
geht?«
»Das ist wirklich eine Ungereimtheit, Jerry. Aber ich wette, dass es dafür eine einfache Erklärung gibt.«
In der Bedford Avenue angekommen, klopfte ich an Walshs Apartmenttür. Drinnen herrschte Totenstille. Ob wir die Tür aufbrechen sollten?
Plötzlich konnten wir hören, wie im Nachbarapartment die Riegel zur Seite geschoben und die Türketten gelöst wurden. Gleich darauf steckte eine junge Frau den Kopf aus der Tür.
»Wollen Sie zu Henry Walsh? Der ist vor einer halben Stunde abgeholt worden.«
»Von wem, Ma’am?«, fragte ich und zeigte meinen FBI-Ausweis.
»Keine Ahnung, von so einer fülligen Blonden. Ich schätze, sie nimmt Privatstunden bei ihm. Walsh ist doch Personal Trainer.«
»Das ist uns bekannt«, warf Phil ein. »Können Sie uns sagen, wo Walsh mit seinen Kunden üblicherweise trainiert? Oder geht er an wechselnde Orte?«
»Das weiß ich auch nicht so genau. Aber ich weiß, dass er gelegentlich im McCarren Park seine Klienten auf Trab bringt. Die Grünanlage befindet sich schließlich nur zwei Blocks östlich von hier.«
Das wussten wir natürlich auch. Phil und ich bedankten uns, dann eilten wir die Treppe hinab.
»Ich hoffe nur, dass Walsh wirklich von einer seiner Kundinnen abgeholt wurde, Jerry. Und nicht von einer Komplizin, die ebenfalls zu den Archangels gehört.«
»Ja, das wäre möglich. Lass uns direkt in den Park gehen. Wenn Walsh nicht dort ist, sehen wir weiter.«
Doch wir hatten Glück. Ich fuhr meinen roten Flitzer direkt bis zu einem der Parkzugänge, der sich ebenfalls an der Bedford Avenue befand. Der McCarren Park war noch viel übersichtlicher als der Prospect Park, wo Connolly und seine Leute vergeblich Jagd auf Walsh gemacht hatten.
Wir hingegen erblickten an diesem sonnigen Herbstmorgen den Personal Trainer und mutmaßlichen Archangel -Anführer schon von weitem.
Walsh stand mitten auf einer weitläufigen Wiese. Am westlichen Ende des Rasenstücks übte eine Gruppe grauhaariger Ladys Tai Chi oder eine andere fernöstliche Meditationsgymnastik. Auf der Ostseite ließ ein Schwarzer in Jeans und Sweatshirt seinen Labrador ein Stöckchen apportieren.
Und Walsh konzentrierte sich ganz auf eine keuchende junge Frau, die mit seiner Hilfe offenbar überflüssiges Gewicht loswerden wollte. Sie musste unter seiner Anleitung tiefe Kniebeugen machen und dabei die Arme gerade nach vorne strecken. Der Schweiß lief ihr über das Gesicht. Sie trug eine Gymnastikhose sowie ein ärmelloses T-Shirt, das bereits große dunkle Flecken aufwies.
»Nicht schlappmachen, Lynn!«, kommandierte Walsh. »Und noch neun … Rücken gerade halten … acht … sieben …«
Phil und ich gingen quer über die Rasenfläche auf den Verdächtigen und die Frau namens Lynn zu. Da Walsh uns den Rücken zudrehte, hatte er uns noch nicht bemerkt. Phil und ich gingen zügig. Wir wollten ihn überraschen, denn wir konnten nicht einschätzen, wie er diesmal auf uns reagieren würde.
Doch die trainierende junge Frau machte uns einen Strich durch die Rechnung. Sie war offensichtlich am Ende ihrer Kräfte und sah das Erscheinen von Phil und mir als eine willkommene Unterbrechung ihres Power-Programms an. Lynn verharrte in ihrer Bewegung und deutete auf uns.
»Ich glaube, Sie bekommen Besuch, Mister Walsh«, sagte sie, wobei sie nach Atem rang.
Der Verdächtige drehte sich zu uns um. Und dann reagierte er sehr schnell. Walsh griff blitzschnell in die offene Sporttasche, die neben ihm stand. Er zog einen Revolver heraus, packte seine verblüffte Klientin und drückte die Mündung gegen Lynns Hals.
Die junge Frau taumelte, fiel aber nicht um. Im nächsten Moment stieß sie einen Entsetzensschrei aus. Walsh drehte ihr mit seiner freien Linken einen Arm auf den Rücken.
»Halt die Klappe!«, raunzte er sie an. Dann wandte Walsh sich Phil und mir zu. »Lassen Sie mich in Ruhe, Agents. Oder diese Frau stirbt!«
***
Ich blieb abrupt stehen, Phil folgte meinem Beispiel. Wir durften die Situation nicht eskalieren lassen. Es war nicht absehbar gewesen, dass Walsh zum Personal Training eine Waffe mitnehmen würde. Es war offenbar der Colt Cobra, der offiziell auf Walshs Namen registriert war. Aber es spielte für uns keine Rolle, ob er die Schusswaffe legal oder illegal erworben hatte.
Wir mussten nur auf jeden Fall verhindern, dass sie zum Einsatz kam.
»Ganz ruhig, Walsh«, sagte ich und hob meine Hände mit den Flächen nach außen auf Schulterhöhe. »Nehmen Sie doch mich als Geisel und
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