2945 - Sterben geht ganz einfach
jetzt ein blütenweißer Verband gewickelt.
»Sie werden bald wieder gesund sein«, sagte Doc Glover, ein älterer, grauhaariger Mann. »Eine Wunde in der rechten Schulter, schmerzhaft, aber ungefährlich. Und ein kaum merkbarer Kratzer über der linken Hüfte. Sie sollten sich ein bisschen schonen. Und Schießereien in Zukunft aus dem Weg gehen. Meine Rechnung schicke ich Ihnen in den nächsten Tagen an …«
»Keine Rechnung!«, unterbrach ihn Rosa. »Wir bezahlen Sie gut, aber in bar, ohne jeden Papierkram. Und Sie werden den Mund halten!«
»Wie immer«, nickte der Arzt. Er hatte seine Instrumente zusammengepackt und in seine Tasche gelegt. Jetzt verbeugte er sich leicht vor der Frau und ging.
»Wer hat dich informiert?«, fragte George. »Ich hatte befohlen, dir kein Wort von dieser Schießerei zu sagen. Ich wollte dich nicht beunruhigen.«
»Habe ich kein Recht, zu erfahren, wie es dir geht?«
»Ich schmeiße den Kerl raus!«, sagte George. Seine linke Hand fuhr durch die Luft, als versetze er einem unsichtbaren Gegner einen Faustschlag.
»Es war keiner deiner Leute«, sagte Rosa. »Ich verfüge über eigene Informationsquellen.«
»So?«
Rosa lächelte. »Du vergisst manchmal, dass ich die Tochter eines Gangsterbosses, die Witwe eines Gangsterbosses und die Schwester von zwei Gangsterbossen bin. Ich habe mich nie in die Angelegenheiten der Männer eingemischt, aber ich habe im Laufe der Jahrzehnte natürlich einiges mitbekommen. Und ich pflege Beziehungen, die meine Verwandten in Jahrzehnten aufgebaut haben.«
»Manchmal glaube ich, dass du unser Unternehmen besser führen würdest als ich«, sagte George.
»Diesen Ehrgeiz hatte ich nie. Seit mein Mann tot ist, habe ich nur noch den Wunsch, meinen Sohn vor dem gleichen Schicksal zu bewahren, das sein Vater erlitten hat. Jemand versucht dich umzubringen. Heute hätte er damit fast Erfolg gehabt. Und er wird es wieder versuchen.«
»In Zukunft werde ich vorsichtiger sein.«
»Eines habe ich begriffen: Wenn jemand entschlossen ist, dich umzubringen, gibt es keine Möglichkeit, dich vor ihm zu beschützen. Solange dieser Unbekannte dich für eine Gefahr hält, solange du ihm im Weg stehst, wird er alles daransetzen, dich beiseitezuräumen.«
»Soll ich mich etwa in meinem Haus verschanzen und nie wieder vor die Tür gehen?«
»Es genügt völlig, wenn sich herumspricht, dass du deinen Posten aufgegeben hast und dich nur noch deinem Privatvergnügen widmest. Sammle ostasiatische Kunst oder schöne Frauen und lass alle Welt wissen, dass du dich aus dem Geschäft zurückgezogen hast. Setze einen tüchtigen Mann ein, der deinen Posten übernimmt. Wenn er umgelegt wird, würde ich das bedauern, aber es ginge mir nicht sehr zu Herzen.«
»Du gibst dir wirklich viel Mühe, Mutter, mich zu einem Rückzug ins Privatleben zu überreden. Dass man auf mich geschossen hat, passt dir bestens ins Konzept.«
»Verdächtigst du mich etwa, dass ich diese Schüsse auf dich angeordnet habe?«
»Deinen beiden Brüdern würde ich das jederzeit zutrauen. Dir nicht. Wenn du den Killer ausgesucht hättest, dann keinen Mann, der so schlecht schießt. Ich wäre dann nicht mehr am Leben.«
***
Peter Folsom, der Direktor des Palace , war seit fast vierzig Jahren im Geschäft, aber der vergangene Tag war der schlimmste seines Lebens gewesen. Zwei Morde an einem Tag! Der Imageschaden für das Hotel war ungeheuer, es würde lange dauern, sich davon zu erholen. Etliche der Gäste hatten bereits gekündigt und waren abgereist, sobald die Polizei es ihnen erlaubt hatte.
Auch die Polizisten hatten ihre Spurensuche und die Zeugenvernehmungen inzwischen eingestellt und sich zurückgezogen. Aber wahrscheinlich würden sie morgen wiederkommen und neue Fragen stellen. Fragen, vor denen Folsom sich fürchtete.
Zwar wusste er schon lange, dass der Besitzer des Hotels, Monti, ein Gangster war, aber er hatte den Mann für klug genug gehalten, dieses Geschäft auf saubere Weise zu führen. Und er wäre nie auf den Gedanken gekommen, dass die Unterwelt hier einen blutigen Krieg austragen würde.
Folsom saß allein in seinem Büro und versuchte, seine Befürchtungen in Alkohol zu ertränken. Aber je mehr er trank, desto mehr wurde ihm bewusst, dass Alkohol kein Heilmittel war.
Deshalb schob er entschlossen die Cognacflasche weg und stand auf. Es gab hier nichts mehr zu tun. Seit Stunden war kein neuer Gast mehr angekommen, etliche Reservierungen waren storniert worden. Wer wollte schon
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