2948 - Undercover ins Jenseits
»Was hast du? Raus mit der Sprache!«
»Na ja, Rickman und Barber haben offenbar in New York den gleichen Beichtvater.« Ich hatte das Gespräch auf den Lautsprecher gelegt, sodass Phil mithören konnte.
»Was soll das heißen, den gleichen Beichtvater?«
»Wir haben ein römisch-katholisches Gebetbuch gefunden, schon älter, ziemlich abgegriffen. Vorne steht Rickmans Name drin, handschriftlich eingetragen, sieht nach Kinderschrift aus. Nach einer ersten kurzen unwissenschaftlichen Analyse waren meine Leute der Meinung, dass es sich wohl um Rickmans Kinderschrift handelt.«
»Ist nicht unüblich, dass Menschen römisch-katholischen Glaubens zur Kommunion, also ungefähr mit neun Jahren, ihr eigenes Gebetbuch geschenkt bekommen«, sagte ich.
»Danke für die Nachhilfe, Jerry, ich stamme selber aus der katholischsten Familie nördlich des Panamakanals.«
»Sorry, Walt, ich wollte dich nicht belehren. Also, weiter im Text, bitte!«
Phil kam um den Schreibtisch herum und versuchte mir pantomimisch mitzuteilen, dass er wissen wollte, was es Neues gab. Ich machte nur eine abwiegelnde Handbewegung.
»Es ist spät, Jerry, ich erspare euch die langwierige Version«, sagte Walt gerade, »wir haben also in diesem Gebetbuch noch einen alten Zettel gefunden, 20 Jahre alt. Es waren Terminnotizen. Darauf stand, wann Rickman seinen Beichttermin bei einem Father Nathan Motherwell hatte, nämlich an einem Dienstag im April vor 20 Jahren. Und ein gewisser P. Barber hatte den Anschlusstermin um 16.15 Uhr. Das stand nämlich auch noch auf dem Zettel. Und wenn wir uns nicht völlig täuschen und unsere Recherchen stimmen, dann steht dieser Father Motherwell heute noch im Dienste der Kirche, und zwar in dieser Stadt. Er hat sogar Karriere gemacht.«
»Motherwell, Motherwell … Der Name sagt mir doch irgendetwas«, sagte ich, während ich angestrengt nachdachte, wo mir der Name zuletzt begegnet war. »Ach!«, entfuhr es mir, als ich den Geistesblitz hatte, »hat er etwas mit dem Bischof Motherwell zu tun?«
»Das kann man so sagen, Jerry! Father Motherwell ist inzwischen Bischof Motherwell! Und früher war Bischof Motherwell mal Militär-Kaplan Motherwell. Und ich werde dich nicht überraschen, wenn ich dir sage, dass er diesen Job bei den Marines erledigt hat.«
Zwei Freunde, die sich mindestens seit der Zeit ihrer Kommunion, also seit sie neun Jahre alt waren, kennen, schließlich gemeinsam zur Armee gehen und dort womöglich ihren alten Heimatkaplan wiedertreffen – das schweißt zusammen. Und plötzlich war ich mir sicher, dass das unsere heiße Spur war.
»Gute Arbeit, Walt! Und vor allem: Gute Idee, all diese Informationen nicht gleich an Halladay zu geben … Wir fahren morgen früh sofort dahin und halten dich auf dem Laufenden. Versprochen. Okay?«
»Mir ist alles recht, wenn nur dieser übellaunige feine Pinkel nichts damit zu tun hat. Jerry, ich muss aufhören, da kommt der Typ schon wieder angedackelt. Bye.«
»Halt durch, Walt! Du schaffst das!« Ich grinste, beendete das Gespräch und berichtete Phil von den neuen Erkenntnissen. Wir fanden beide, dass das Ermittlungserfolg genug war, um mit gutem Gewissen Feierabend zu machen.
***
Am nächsten Morgen holte ich Phil ein bisschen früher als sonst an der üblichen Ecke ab. Freundlicherweise hatte es mein Partner trotzdem geschafft, für sich und mich einen Coffee to go zu besorgen. Hellwach war ich noch nicht; ich hatte nicht viel geschlafen. Denn ich hatte mich noch über Bischof Motherwell informiert.
Er hatte im Internet etliche Spuren hinterlassen, führte einen eigenen Blog, und die Medien, nicht nur die New Yorker und nicht nur die amerikanischen, berichteten doch erstaunlich häufig über diesen Mann, der offenbar allseits geschätzt war und sich ständig auf allen Kanälen zu allen möglichen Themen der Weltpolitik äußerte.
Nach knapp 20 Minuten hatten wir das Terence Cardinal Cooke Building an der First Avenue erreicht, in dem der größte Teil der Verwaltung der Erzdiözese New York untergebracht war.
Ich hatte gelesen, dass Bischof Motherwell bekannt dafür war, dass er morgens der erste und abends der letzte Mitarbeiter war, der noch im Haus bei der Arbeit anzutreffen war. Als ich meinen Jaguar in eine Parklücke am Straßenrand rollen ließ, war es kurz vor halb sieben.
Einlass wurde zu dieser frühen Stunde natürlich nur Mitarbeitern gewährt, aber ich hatte mir Motherwells Telefondurchwahl besorgt.
»Können wir nicht einfach
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