295 - Dunkle Wasser
»Er hat das Heft in die Hand genommen, und er plant einen Angriff.«
Quart'ol saß wie erstarrt in seinem bionetischen Muschelsitz und presste die Fingerkuppen gegeneinander. »Das sind schreckliche Neuigkeiten.«
»Vielleicht auch gute«, klackte Kal'rag ermutigend. »Wir suchen Dry'tor seit vielen Rotationen. Wenn wir es geschickt anfangen, können wir ihn überwältigen und festsetzen. Dieses Monster hätte schon vor Ewigkeiten aus allen Meeren verbannt werden sollen.«
»Vielleicht war diese Sar'kir tatsächlich seine Tochter und eine Vorhut«, mutmaßte Quart'ol, »aber ihr und Dry'tor kam das Steinwesen in die Quere, das Sar'kir tötete.«
»Zum Glück ist E'fah nicht hier«, klackte Gilam'esh und stieß sich ruckartig aus seinem Sitz. »Ich habe schon einmal erklärt, mich nicht in die Belange Hyktons einmischen zu wollen und doch habe ich es getan, weil ich kein Blutvergießen unter meinem Volk wollte. Nun trete ich als Berater der Stadt endgültig zurück.«
Kal'rag spreizte seinen vollen Scheitelkamm. »Ich sehe in dir einen Krieger, der mehr als eine Schlacht gefochten hat und der daraus lernte. Ich zürne dir nicht, Gilam'esh. Trotzdem begrüße ich es, wenn du von deinem friedlichen Kurs Abstand nimmst oder dich zumindest heraushältst. Wir müssen Dry'tor mit aller Härte begegnen und die sofortige Aufgabe Neu-Martok'shimres fordern. Die Stadt ist aus strategischer Sicht gesehen zu gefährlich für uns. Darin könnte sich ein ganzes Heer verschanzen. Ich werde umgehend Botschafter mit Befehlen aussenden und unmissverständlich klarmachen, dass die Mar'osianer nicht verschont werden, wenn sie sich nicht fügen. Außerdem werde ich eine Sitzung des Bundes einberufen, damit wir rasch Entscheidungen treffen können.«
»Wir müssen Verstärkung von den anderen Bund-Städten anfordern«, klackte Ner'je mit angespannter Stimme. »Wir wissen nicht, ob sich Dry'tor zu einem Massaker hinreißen lässt, wenn wir ihm die Stirn bieten.«
Kal'rag klackte bestätigend. »Auch das werden wir tun.«
Mer'ol hob den Kopf und sah aus seinen immer leicht misstrauisch blickenden Augen in die Runde. »Ich würde mir gern eine schnelle Transportqualle ausborgen, um an dem Ort Nachforschungen anzustellen, von dem Dry'tor gekommen ist.« Er berichtete, wie er an die Daten gelangt war. »Vielleicht können wir dort mehr über ihn und seine Pläne erfahren.«
»Woher willst du wissen, ob Dry'tor tatsächlich von dem Ort kam, der in der Qualle gespeichert war?«, fragte Kal'rag nach. »Vielleicht hat er sie dort nur für die Weiterreise erstanden.«
»Es ist nicht mehr als eine Vermutung. Aber im besten Fall befindet sich dort ein Stützpunkt, wo wir erfahren können, was Dry'tor plant.«
»Ich komme mit«, klackte Quart'ol sofort. »Sobald du dich erholt hast, brechen wir auf.«
***
Gilam'esh betrachtete E'fah, die ihren Kombacter auseinanderschnappen ließ und ihn überprüfte. Die goldene Waffe sah in ihren Händen harmlos aus, aber er wusste, was sie damit anrichten konnte. Die Urwaffe der Hydree konnte bei der richtigen Handhabung mehrere Feinde zugleich vernichten.
Er legte den Kopf schräg. »Was hast du vor? Willst du Hykton verlassen?«
Seitdem E'fah von Dry'tors Anwesenheit in Neu-Martok'shimre erfahren hatte, ging sie ihm aus dem Weg. Er ahnte, warum. Wenn es nach ihr gehen würde, wären sie unmittelbar in den Krieg gezogen, ohne jede Vorwarnung. Dry'tor zunächst aufzufordern, die Stadt zu verlassen, bot ihm die Gelegenheit, erneut zu entkommen. Sie aber wollte ihn nicht entkommen lassen. Die Feinde Hyktons waren ihre Feinde. Auch wenn viele Hydriten wegen ihrer kämpferischen Vergangenheit auf sie herabsahen, fühlte sie sich inzwischen als Teil der Stadt und für die Geschicke mitverantwortlich.
E'fah hob den Kopf und sah ihn eindringlich an. »Ich werde nicht in Hykton sitzen, bis ich Fett ansetze und an der Wasseroberfläche treibe. Mer'ol und Quart'ol sind auf dem Weg, mehr über Dry'tor zu erfahren, und auch ich werde mehr tun, als abzuwarten. Ich beabsichtige, mit Quesra'nol in die Stadt der Mar'os-Jünger zu schwimmen. Wir waren bereits dort und kennen uns gut aus.«
Gilam'esh schwamm auf sie zu und packte sie an beiden Schultern. »Hast du vergessen, dass Mer'ol geistig von Dry'tor manipuliert wurde? Willst du, dass dir das auch passiert?« Die mentale Kontrolle Mer'ols war für ihn der Beweis, es wirklich mit Dry'tor zu tun zu haben. Keinem anderen Mar'os-Jünger waren solche Kräfte
Weitere Kostenlose Bücher