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295 - Dunkle Wasser

295 - Dunkle Wasser

Titel: 295 - Dunkle Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Stern
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zuzutrauen.
    »Ich bin stärker als Mer'ol.« E'fah verzog die Lippen und sah zu ihm auf. »Aber ich danke dir, dass du dich um mich sorgst. In den letzten Zyklen hatte ich meine Zweifel, ob du noch etwas für mich empfindest.«
    Er ließ sie los. »Das tue ich. Ich brauchte eine Weile Ruhe; es war eine schwierige Zeit für mich. Nun geht es mir besser.« Er straffte sich. »Ich werde mit dir und Quesra'nol nach Neu-Martok'shimre kommen.«
    Sie wandte sich ab und verschränkte die Arme vor der Brust. »Das ist zu gefährlich.«
    Seine Stimme wurde bitter. »Warum? Ich bin nicht mehr der Prophet, den alle sehen wollen und den es zu beschützen gilt. Ich habe alle Erwartungen enttäuscht. Wenn ich sterbe, können sie mich vielleicht wieder verehren. Als Märtyrer.«
    E'fah sah ihn an und schien etwas sagen zu wollen, schwieg dann aber. »Gut«, setzte sie neu an. »Besorg dir eine bionetische Maske aus den HydLabs. Wir brechen so bald wie möglich auf.«
    Sie schwamm aus dem blau schimmernden Saal, der zu ihrer Wohnflucht gehörte.
    Er sah ihr nach. Ging es ihm wirklich nur darum, mitzukommen, damit er sich nicht untätig fühlte? Oder lag es daran, dass er E'fah und Quesra'nol nicht allein lassen wollte? Der Wissenschaftler war ein interessanter Hydree, und vor allem war er radikaler als er selbst. Er lief Gefahr, E'fah an Quesra'nol zu verlieren, und er wollte sie nicht kampflos aufgeben. E'fah war es wert.
    ***
    Mitten auf dem Atlantik, wenige Wochen zuvor
    Ob ich ein Bad nehmen sollte? Jenny Jensen sah sehnsüchtig zu der einfachen Wanne samt Dusche hin, die so viel aus der Vergangenheit in ihr Gedächtnis zurückbrachte. In den Zeiten vor »Christopher-Floyd« hatte es wesentlich mehr Bequemlichkeit gegeben. Sie wollte sich eben aufrichten und ihren Wunsch in die Tat umsetzen, als eine Bewegung des Schiffes sie ruckartig gegen die Wand warf. Unsanft prellte sie sich Kopf und Schulter.
    »Was war das?« Jenny sprang von ihrer Koje auf und blickte aus dem Bullauge. Weiße Gischt schlug ihr entgegen und klatschte gegen die Scheibe. Die Fregatte der Reenschas verlangsamte abrupt ihre Maschinen. Irgendetwas bremste das mächtige Kriegsschiff aus. Das leise Summen, das Jenny schon so vertraut war, dass sie es kaum mehr hörte, verstummte.
    Sie verließ die ehemalige Offizierskabine im hinteren Teil der EIBREX IV und trat hinaus auf den Gang. Der ohnehin immer leicht muffige Geruch hatte einen unangenehmen Beigeschmack, als sei etwas verschmort oder verglüht. Sie eilte durch die engen Gänge auf die Brücke des Schiffs und starrte auf die Monitore der Computerkonsole. Auf den Schirmen erschien ein ganzes Arsenal an Fehlermeldungen.
    Sir Leonard Gabriel und zwei weitere Männer waren in einen Streit vertieft. Einer der Begleiter war ein Techno, der zweite einer Gruppe zugehörig, die sich selbst Retrologen nannte.
    »Ich habe doch gesagt, dass es das falsche Gasgemisch ist, aber wo zum Teufel soll ich das richtige Gas herbekommen, Sir Leonard?«, klagte der kleine Retrologe mit zeternder Stimme. Er fuhr sich durch die roten Haare. Auf seinem Gesicht lag Verzweiflung.
    »Ein verdammter Mist ist das«, fluchte der Techno, den Jenny nur flüchtig kannte. Sein Name war Sir Ibrahim Fahka. Er studierte die Anzeigen auf den Monitoren. »Es sieht übel aus.«
    Gabriels Züge waren wutverzerrt. Das blaue Aderngeflecht auf seiner Glatze pulsierte und besonders eine der vorderen Blutbahnen auf der Stirn war sichtlich angeschwollen. »Und das, wo wir den Dieselmotor nicht nutzen können! Ohne die Strahltriebwerke kommen wir nicht weit! Wenn wir Pech haben, sind die Turbinen beschädigt worden. Warum haben Sie nicht gesagt, dass wir kein hochwertiges Gasgemisch an Bord haben?«
    Der kleine rothaarige Retrologe stemmte die Hände in die Hüften. »Das Gasgemisch hätte genügt, wenn Sie die Maschinen nicht zugrunde richten würden, Gabriel! Wir fahren zu schnell, und das habe ich Ihnen immer wieder gesagt! Weder der Verdichter, noch die Wellentriebwerke konnten das mitmachen. Jetzt müssen wir den Preis dafür bezahlen.«
    »Wir fahren überhaupt nicht mehr«, mischte sich Jenny ein. Sie spürte den Zorn der anderen und den tiefen Schmerz. Der Gedanke, fernab vom Ursprung mitten auf hoher See festzusitzen, war quälend.
    Sir Leonard drehte sich zu ihr um und rang sich ein Lächeln ab. »Unsere Expeditionsleiterin. Schön, dass Sie es auch schon bemerkt haben, Jenny. So wie es aussieht, müssen wir die Turbinen erst reparieren, und da

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