3. Die Connor Boys: Diese Nacht kennt kein Tabu
unternehmen sollte, falls sich das Unge tüm wider Erwarten nicht verkaufen ließ.
Und natürlich an Simone.
Er schenkte sich eine Tasse Kaffee ein, schloss die Augen und nahm einen kräftigen Schluck.
„Hätte ich gewusst, dass du den Mann rufen würdest, hätte ich es dir vorher gesagt, mein Junge. Das waren unnötige Ausgaben. Ich war das nämlich. Ich musste etwas unternehmen. Das ist dein Haus, die anderen Leute gehören nicht hier hin."
Fast hätte er sich an dem Kaffee verschluckt. Michael riss die Au gen auf. Die sonnendurchflutete Küche war leer, die einzigen Geräusche waren das Ticken der Uhr und das Zischen der Kaffeemaschine. Er hatte die Männerstimme mit dem schottischen Akzent schon ein paar Mal gehört - aber natürlich war niemand da. Im Ge gensatz zu seinen Brüdern fiel er nicht auf diesen übersinnlichen Unfug herein.
Ungeduldig verließ er mit der Tasse in der Hand die Küche. Der Installateur hatte ihm zwei Stunden geraubt. Simone wollte gegen Mittag kommen, und er hatte noch eine Menge zu tun, solange es still war.
Seine Absätze klapperten in der Halle laut auf dem Holzfußboden. Ein verschwommener Schatten erschien in dem langen antiken Spiegel, als er daran vorbeiging. Sicher sein eigener.
„Sie wird wiederkommen, hoffe ich. Ich war gestern bei ihr im blauen Schlafzimmer. Ich habe sie nicht erschreckt, keine Angst. Sie ist ein reizendes Mädchen. Mehr als reizend. Ich hatte immer ein Auge für Frauen. Zu meiner Zeit sagten alle, Blackbeard - sein richtiger Name war Edward Teach - hätte etwas von Frauen verstanden. Nicht soviel wie ich. Ich kann auf den ersten Blick sagen, welche Frau gut ist im Bett..."
Michael stieß die Tür zur Bibliothek auf. Das Faxgerät ratterte laut. Beim Anrufbeantworter blinkte das rote Licht auf. Der Raum war strahlendhell in der Morgensonne, und es gab wirklich keinen vernünftigen Grund, warum er diese Stimme hörte. Wie viele gute Ratschläge über Schlaflosigkeit hatte er schon zu hören bekommen. Keiner davon hatte ihm auch nur ein bisschen gehol fen. Aber bei jemandem, der keinen ausreichenden Schlaf fand, mussten sich über kurz oder lang gewisse Symptome einstellen. Verschwommene Sicht. Phantasien. Es handelte sich nicht um eine Geisteskrank heit oder so etwas. Das Problem würde verschwinden, sobald er richtig Schlaf fand.
„...kann mir gut vorstellen, wie sie mit dir zusammen im Bett liegt. Das blonde Haar auf dem Kissen ausgebreitet, nackt an dich angeschmiegt. Ihre Großmutter habe ich auch gekannt. Sie ist ihr übrigens sehr ähnlich. Beide meinen, sie könnten es mit der ganzen Welt aufnehmen, doch wenn es darauf ankommt, haben sie Angst vor der Liebe. Es fällt ihnen schwer, daran zu glauben... aber ein starker Mann kann ihnen zeigen, wie schön Liebe sein kann. Du weißt schon, was sie bewegt. Ich habe gesehen, wie ihr euch gestern Abend vor dem
Haus geküsst habt..."
Michael ließ sich in den Sessel hinterm Schreibtisch fallen und schaltete den Computer ein. Das vertraute farbige Bild leuchtete auf dem Bildschirm auf. Alles war in bester Ordnung. Auch wenn seine Schlaflosigkeit chronisch war, so litt er im Augenblick mehr darunter als sonst. Natürlich war es verständlich, dass er dadurch gewisse Phantasien hatte, sich mit Simone im Bett liegen sah, sich wünschte, sie zu lieben, sie zu spüren, und dann die halbe Nacht nicht schlafen konnte.
„...und dann ist sie verrückt nach dir, mein Junge. Sie wartet nur auf dich. Ich verstehe was davon. Sie ist eine hingebungsvolle Frau, verbirgt ihre Gefühle und wartet eigentlich nur auf den richtigen Mann, der das Feuer in ihr entfacht. Du könntest das. Es wäre nicht schwer. Und ich weiß, du findest keinen Schlaf, aber danach würdest du bestimmt schlafen wie ein kleines Kind..."
Eine Anfrage von Roberta erschien auf dem Bildschirm. Während Michael darüber nachdachte, griff er nach der Tasse Kaffee, stellte sie aber wieder zurück. Sein Körper verlangte zwar Koffein, aber bei seiner Schlaflosigkeit war es Gift für ihn. Die dämliche Stimme, die er hörte, störte ihn nicht. Störend waren seine Gedanken, die unablässig um Simone kreisten.
Keine Frau hatte ihn je so erregt wie sie. Er war immer ein vernünftiger, umsichtiger Mann gewesen und führte ein geregeltes Leben. Auch wenn er nicht viel von Frauen verstand, so hatte er nie eine ausgenutzt, nie absichtlich eine verletzt. Und auf keinen Fall hatte er sich je wie sein Großvater verhalten und sich die Schwachen,
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