3. Die Connor Boys: Diese Nacht kennt kein Tabu
Schutzbedürftigen ausgesucht.
. Simone war verletzlich. Michael hätte die Typen, die sie enttäuscht hatten, verprügeln können. Sie irrte sich nämlich - es lag nicht an ihr, sondern an den Männern, dass sie mit keinem ausgekommen war. Sie war ausgerechnet an ein paar Schurken geraten. So hübsch und vertrauensselig, wie sie war, kein Wunder. Ihre sanfte Art, die sie für einen Mann so unwiderstehlich machte, wur de ihr bei rücksichtslosen Kerlen zum Verhängnis.
„Ist ihre Haut nicht unglaublich samtig? Nur wenn du sie berührst, mein Junge, erwacht die Leidenschaft schon in dir. Einmal kosten wird nicht ausreichen. Ich glaube, das weißt du schon, nicht wahr? Wenn du einen guten Rat brauchst, wie du sie verführen kannst, stehe ich dir gern zur Seite..."
Michael schaltete den Computer aus, fuhr sich mit der Hand übers Gesicht und machte die Augen zu. Er fühlte sich durch und durch verwirrt. Eine solche Empfindung war ihm fremd. Eigentlich hätte Simone ihm gleichgültig sein müssen, denn noch hatte er nicht überwunden, wie wenig er seine Ex-Frau glücklich gemacht hatte. Niemand konnte sich vor Fehlern schützen, wohl aber davor, sie noch einmal zu begehen. Für ihn wäre es das klügste, Frauen zu meiden, und besonders Frauen, die ihn verwirrten.
Simone hatte diese Fähigkeit. Sie besaß zwei Gesichter. Zum einen gab sie sich vernünftig, realistisch, trug schlichte Kleidung und wies jegliche romantischen Gefühle zynisch von sich. Zum anderen lockte sie ihn und erwiderte seine Küsse so heftig, als wäre er der wildeste Liebhaber, dem sie jemals begegnet war. Das war einfach widersprüchlich. Michael hatte keine Ahnung, was sie wirklich wollte, wonach sie sich sehnte. Er hatte nur das untrügliche Gefühl, dass der Mann, der sich für sie interessierte, es besser wissen sollte. Wer mit ihren Gefühlen nicht umzugehen verstand, würde sie schwer enttäuschen. Und er war so ein Mensch - Carla nach zu urteilen, galt er als absolut gefüh llos.
Er musste sich von ihr fernhalten.
6. KAPITEL
Simone beugte sich weit über den Truhenrand. Eine Menge Sachen lagen bereits aufgestapelt neben ihr. Bis jetzt hatte sie Schleier und Hüte, drei Vasen, einen Gedichtband und ein paar Teile französischer Damenwäsche entdeckt. Das alles war zwar faszinierend, aber nicht das, was sie suchte.
Sie griff noch tiefer hinein. Da! Sie stieß auf einen Satinstoff. Vorsichtig zog sie das Kleid heraus, damit sie es sich besser ansehen konnte. Licht hatte sie genug auf dem Dachboden. Vor ein paar Tagen, als Michael bemerkte, dass sie mehr Zeit hier oben ver brachte als im blauen Schlafzimmer, hatte er ihr ein Kabel hochgelegt und einen Ventilator und Licht angeschlossen. Das Surren des Ventilators war das einzige Geräusch hier oben. Weiches Lampenlicht fiel auf den kostbaren Satin - und Simone hielt den Atem an.
Ursprünglich war das Kleid weiß gewesen, wie Simone aus einem Tagebucheintrag ihrer Großmutter wusste, aber mittlerweile war es leicht vergilbt und hoffnungslos zerknittert. Trotzdem konnte sie den Blick nicht davon abwenden, und es reizte sie, mit der Hand über den Stoff zu streichen.
Der Schnitt war bezaubernd einfach. Schmale Träger reichten bis zum Ausschnitt eines luftigen Oberteils, das in einen leicht ausgestellten Rock überging. Der weiche, leichte Satin war so aufreizend und enthüllend wie ein Nachthemd. Verführerisch. Sinnlich. Betörend. Das Kleid war wie geschaffen für eine romantische Träumerin, für eine Frau, die zu ihrer eigenen Sinnlichkeit stand, für eine extravagante Femme fatale.
Doch nichts davon traf auf ihre Großmutter zu. Sie musste den Kopf schütteln, wenn sie an die Ratschläge dachte, die Julia ihr über die Jahre gegeben hatte: Lass alle Vorsicht außer acht! Lass deinen Gefühlen frei en Lauf! Simone hatte erwartet, durch die Tagebücher einen Einblick in die skrupellose Affäre einer verheirateten Frau zu bekommen.
Inzwischen hatte sie zwei weitere Tagebücher gelesen und darin erfahren, wie sich die Beziehung zwischen den Liebenden entwickelt hatte. Nichts entsprach ihren Erwartungen. Ihre Großmutter war nie die verruchte Femme fatale gewesen, wie sie vorgegeben hatte. Sie war eine verängstigte, einsame und verzweifelt unglückliche junge Frau gewesen, als sie Benjamin kennen lernte. Er hatte ihr... Freude geschenkt, Gefühle, die sie nicht kannte und nicht erwartet hatte, jemals zu erleben.
Simone strich wieder über den weichen Stoff. Ihr ganzes Leben lang
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