3. Die Connor Boys: Diese Nacht kennt kein Tabu
inzwischen war es spät geworden. Zwar hatte sie ihm unbedingt von dem Tagebuch erzählen wollen, aber nicht damit gerechnet, dass sie dabei so viel über ihre persönlichen Gefühle reden würde. Ihre Großmutter hatte sich nur Probleme
eingehandelt, indem sie Jede Vorsicht außer acht gelassen hatte'. Simone hatte Probleme nie gemocht und zeigte ihre Gefühle nicht sofort, aber wenn sie mit Michael zusammen war, dann war das etwas anderes. Er verstand sie nicht nur, er konnte nachempfinden, was in ihr vorging. Sicher lag das daran, dass bei ihnen beiden die Großeltern eine sehr wichtige Rolle gespielt haben.
Als Michael die Gabel fallen ließ, bückten sich beide sofort danach und stießen prompt zusammen. Eine elektrisierende Berührung. Er mochte Pfeffer und andere kräftige Gewürze so wie sie. Er trocknete das Geschirr ebenso gründlich ab wie sie. Und schließlich lachten sie über jede kleinste Ähnlichkeit, die sie ent deckten. Wenn er nur nicht diese verführerischsten Augen hätte, die sie je bei einem Mann gesehen hatte.
Bis schließlich die Küche so weit aufgeräumt war, dass sie sich
guten Gewissens verabschieden konnte, waren ihre Nerven zum Zerreißen gespannt. Dabei hatte er nichts gemacht. Es lag allein an ihr. Ihr Körper reagierte auf ihn. Sie schwitzte an den Händen, ihr Puls jagte, und Hitze stieg in ihr auf - unfassbar, aber ihre Hormone spielten verrückt.
Er begleitete sie noch hinaus zu ihrem Leihwagen. Sie holte die Schlüssel aus der Tasche, konnte sich aber noch nicht entschließen zu fahren. Schon den ganzen Nachmittag drohte das Unwetter hereinzubrechen. Die dunklen Wolkenmassen zogen am Himmel dahin und nahmen den Blick auf den Sonnenuntergang. Der Wind zerrte an Simones Rocksaum, jeden Moment musste es anfangen zu regnen, doch irgendwie unterhielten sie sich noch immer.
„...Ich habe heute morgen mit den Zwillingen telefoniert. Einer von ihnen hat ein Fenster eingeworfen. Im Moment sind sie mit ih rer Mutter in Dutch. Natürlich musste ich mir die ganze Geschichte anhören."
Michael erzählte nicht zum ersten Mal von seinen Söhnen. Im all gemeinen berichtete er von irgendwelchen Streichen, die sie aus geheckt hatten, aber Simone hörte dann die Sehnsucht in seiner Stimme heraus. Er vermisste die beiden wohl sehr. „Sind sie die ganze Zeit bei ihrer Mutter, während du hier bist?"
Er lehnte sich gegen den Wagen und vergrub die Hände in den Hosentaschen. „Carla und ich haben gemeinsames Sorgerecht. Nach der Scheidung habe ich mir eine Eigentumswohnung nicht weit von unserem Haus entfernt gekauft. Die beiden können mit dem Fahrrad zu mir kommen. Wir unternehmen mindestens einmal in der Woche etwas zusammen." Sein Blick glitt zu einem Möwenpaar, das die Schnäbel aneinander rieb. „Ich wollte sie nicht der Trennung aussetzen, aber sie scheinen es besser überwunden zu haben, als ich dachte. Wir haben uns arrangiert so gut das eben bei einer Scheidung geht."
Er starrte noch immer zu den beiden Möwen hinüber. Simone konnte die Unterhaltung nicht einfach so beenden. „Du hast schon öfter von Donnie und Davie gesprochen, aber wie war das mit dir? War die Trennung für dich auch schwer?"
„Zuerst ja. Ich stand richtig unter Schock." Er wandte sich ihr wieder zu. „Aus heiterem Himmel sagte Carla mir, sie müsse zu sich selbst finden. Verdammt, ich wusste gar nicht, dass sie sich ver loren fühlte. Zehn Jahre Ehe. Ich habe nicht mal geahnt, dass etwas nicht stimmte. Erst als dieser Kerl mit den Scheidungspapieren in meinem Büro auftauchte. Spricht nicht gerade dafür, wie gut ich sie kannte, nicht wahr?"
Simone wollte schon sagen, für eine gute Ehe seien beide verant wortlich, aber sie hielt sich zurück, denn er sprach nicht so oft von seiner Ex-Frau. Sie hatte gleich gemerkt, dass das Scheitern seiner Ehe schwer auf ihm lastete. Sie konnte aber nicht ahnen, wie sehr er sich die Schuld daran gab. „Es tut dir noch weh?" erkundigte sie sich leise.
„Auf eine Art schon", räumte er ein. „Aber es ist vorbei. Ich wür de die Beziehung nicht wieder aufnehmen. Mich schmerzt nur, nicht gewusst zu haben, was sie brauchte, was ihr wichtig war. Schlimmer als ich kann man, glaube ich, einen Partner nicht missverstehen. Wahrscheinlich, sollte ich besser allein leben. Auf jeden Fall verstehe ich nichts von Frauen."
Der Wind wehte ihr das Haar ins Gesicht. Sie schob es nach hinten, während sie dachte,
wie wunderbar er sie verstand und mit ihr zurechtkam... Aber das
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