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30 - Auf fremden Pfaden

30 - Auf fremden Pfaden

Titel: 30 - Auf fremden Pfaden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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konnte, schlang dann die Arme um das Mädchen und drückte dasselbe zehnmal, zwanzigmal an sich, ihm dazwischen immer wieder in das erglühende Gesicht blickend und dabei die seligsten Freudenrufe ausstoßend.
    „Mein Kind, mein' Tochter, mein gut', schön Kind! Will' du sein mein' Tochter und hab' lieb Vater Somi?“
    Sie nickte unter Tränen und schlang die Arme innig um ihn, ohne sich um die Anwesenden zu kümmern, welche mit der lebhaftesten Teilnahme Zeugen dieser Szene waren.
    „Wie heiß' Tochter? Oh, sag', sag' schnell, daß Vater kann ruf Tochter mit Namen!“
    „Mietje.“
    „Mietje? Was heiß' Mietje? Somi nicht weiß' und kann nicht gut sag'. Mietje mag sag' Holland und Boer, Somi aber sag' Tscharga, denn Tochter heiß' wie Mutter!“
    Er wandte sich jetzt zu Jan, welcher mit eigentümlichen Gefühlen dabei gestanden und jedes Wort gehört hatte.
    „Vater von Jan hab' 'funden Tscharga, und Tscharga bin Schwester von Jan?“
    „Mietje sollte meine Frau werden!“ antwortete der Gefragte einigermaßen verlegen. Trotz des Vollbewußtseins seiner Rasse und seiner Nationalität mußte er doch unwillkürlich daran denken, daß Somi König der Kaffern werden sollte.
    „Weib von Jan?“ fragte Somi überrascht. „Oh, oh, so hab Jan arm Kind ohne Vater lieb?“
    „Ja.“
    „So nehm' Jan Tscharga! Aber Tscharga nicht mehr sein arm' Kind; Vater von Tscharga sein König, und Somi hab' viel' – viel' –“
    Er hielt inne und griff unter das Mäntelchen, welches seinen Oberkörper umhüllte. Einen kleinen Gegenstand hervorbringend, zeigte er denselben Jan.
    „Jan seh', was ist das!“
    Der Boer stieß einen Ruf des Erstaunens aus.
    „Ein Diamant, ein schwarzer Kapdiamant, unter Brüdern fünftausend Gulden wert! Baas Uys, Ihr seid Kenner; seht ihn Euch an und sagt, ob ich recht habe!“
    Kees Uys ergriff den Stein, welcher dann von Hand zu Hand ging und die lebhafteste Bewunderung erregte.
    „Es ist richtig, Neef Jan; der Preis ist eher höher als niedriger!“
    „Stein sein schwarz' Diamant“, meinte Somi stolz, „und Somi habt noch viel' schwarz' Diamant, mehr klein und mehr groß als hier. Somi hab' 'funden Diamant auf Flucht in Berg' und hab' steck' viel Diamant in Erde, wo nicht kann find' ander' Mann. Aber Somi werd' hol' Diamant und geb' Jan, weil Jan hab' lieb arm' Tochter von Kaffer ohne Vater!“
    Das war wirklich ein ganz bewundernswertes Ereignis, und es dauerte lange, ehe die Gruppen sich wieder lösten und das Gespräch sich dem früheren Gegenstand wieder zuwandte. Somi verschwand mit Jan und Mietje im Innern des Hauses, um die leidende Mutter von dem Geschehenen zu benachrichtigen, und die anderen besprachen den Überfall des Waffentransportes.
    Von diesem ließ sich erwarten, daß er unter gehöriger Bedeckung stattfinden werde, und daher war die Ankunft Huylers und der Seinen den Boers höchst willkommen, da wir in solcher Anzahl den Engländern jedenfalls gewachsen waren. Bis zum Attersberg hatten wir über einen Tag zu reiten, und da der in dem Brief angegebene Zeitpunkt auf übermorgen fiel, so beschlossen wir, bereits heute gegen Abend aufzubrechen. Unsere Pferde freilich befanden sich in einem sehr angegriffenen Zustand; daher sollten frische Tiere von den benachbarten Farmen requiriert werden, zu welchem Zweck sich einige der Begleiter Huylers dorthin auf den Weg machten.
    Bis zur Rückkehr, welche bereits nach einigen Stunden erfolgte, wurden die Spuren des gestrigen Kampfes vertilgt, und dann ließen die Boers Tschemba vorführen, um über ihn zu Gerichte zu sitzen.
    Der Kaffer mochte sich allerdings nicht wenig wundern, so viel Boers hier beisammen zu finden, und machte ein ziemlich mutloses Gesicht, als er vernahm, was man mit ihm vorhabe. Er wiederholte seine bereits mir gemachten Aussagen; über die weiteren Pläne Sikukunis vermochte er keine Auskunft zu geben, und da seine Schuld so offen zu Tage lag, daß ein Zweifel über dieselbe gar nicht möglich war, so stimmten die meisten der Boers für den augenblicklichen Tod des Verräters. Dem aber widersetzte sich Jan auf das energischste, und auch ich schloß mich dem Veto an. Tschemba hatte im Auftrag seines Königs gehandelt, dem er sich, besonders dem grausamen Charakter desselben, unmöglich widersetzen konnte; ferner hatte er bei seiner Vernehmung durch mich sofort alles gestanden und seinen König blutgierig genannt, während er sich Somi freundlich gesinnt zeigte. Endlich trat auch Mietje hinzu und bat mit ihrem

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