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30 Sekunden Verzögerung

30 Sekunden Verzögerung

Titel: 30 Sekunden Verzögerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Moore Williams
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Menschen zu beugen hatten? Es gab noch Träume, aber sie blieben Träume, da eine höhere Gewalt verhinderte, daß sie Wirklichkeit wurden.
     
5. Kapitel
     
    ‚Sie ist unempfänglich für Radioaktivität!’ Immer wieder mußte Zen daran denken, nachdem Nedra ihn verlassen hatte, um zu ihrer Einheit zurückzukehren. Es war eine revolutionierende Feststellung, die er gemacht hatte, eine Feststellung, die von gleich großer Wichtigkeit für die militärische Führung wie für die Wissenschaft war. Gab es eine Möglichkeit, auch die Soldaten gegen Radioaktivität immun zu machen? Wenn es möglich war, so bestand die Aussicht, daß Arbeiter in ihre Fabriken zurückkehrten, daß seit langem stillgelegte Werke die Produktion wieder aufnahmen, daß Minen und Bergwerke wieder förderten. Neue, dringend benötigte Ausrüstung könnte den schwer kämpfenden Truppen zugeführt werden, der härteste Druck würde von den Schultern einer unter kaum noch erträglichen Verhältnissen lebenden Zivilbevölkerung genommen werden.
    Zens Haltung straffte sich, seine Gedanken kehrten in die Wirklichkeit zurück, vergessen waren die Augenblicke, da er auf einer anderen Daseinsebene gelebt hatte. Für einen Abwehroffizier gab es nichts Wichtigeres, als ein menschliches Wesen, das sich als immun gegen Radioaktivität Wichtigeres als ein menschliches Wesen. War Nedra das? Oder war sie eines jener rätselhaften Weltraumwesen? Sie interessierte ihn nicht nur vom militärischen und wissenschaftlichen Standpunkt. Etwas, das er aber nicht beim Namen nennen konnte, zog ihn zu ihr hin, ein Gefühl, das mit seinem Traum von dem anderen Leben zusammenhing, der ihn vor nicht allzu langer Zeit so intensiv beschäftigt hatte.
    Er brauchte nicht lange, um sich seiner Aufgabe wieder zu besinnen. Er glaubte zu wissen, wie Nedra sich verhalten würde. Er mußte nur in ihrer Nähe sein, wenn sie diesen Schritt tat. Und es würde gut sein, eine Waffe zu haben.
    Dieses Problem bereitete ihm die wenigsten Schwierigkeiten. Der auf den Berg führende Pfad war mit den Waffen der Getöteten und Verwundeten übersät. Zen fand einen Karabiner, aus Taschen eines Gefallenen versorgte er sich mit Munition. Er lud die Waffe, schob die restlichen Patronen in seine Taschen, warf den Karabiner über seine Schulter und stieg langsam den Hang in die Schlucht hinab, durch die ein kleines Gebirgsflüßchen seinen Weg nahm. Das Wasser sah klar und frisch aus, aber Zen widerstand der Versuchung, seinen Durst zu löschen, als er die toten Fische mit der Strömung treiben sah; die Wahrscheinlichkeit, daß die Quelle des Flüßchens in dem stark verseuchten Gebiet oben in den Bergen lag, war zu groß.
    Er watete durch das Wasser, stieg auf der anderen Seite bergan und sah sich nach einem Platz um, von dem er einen guten Überblick über das Gelände hatte. Er fand einen Pfad, der sich durch den mit Kiefern bestandenen Hang zog, und folgte ihm. Der Pfad entpuppte sich als der Unterbau einer vor Jahren aufgegebenen Schmalspurbahn, deren Geleise entfernt worden waren. Auf halber Höhe machte Zen halt und kauerte sich auf eine vorspringende Felsplatte, von der er beobachten konnte, ohne selbst gesehen zu werden.
    Er hatte sich erst einige Minuten niedergelassen, als ein Stein polternd den Abhang hinabrollte. Zen hob den Kopf, in seinen Augen blitzte es auf. Durch die schützenden Zweige erkannte er Nedra, die mit elastischen Schritten bergan stieg. Auch sie folgte dem Verlauf der früheren Geleise, die Blicke auf den Boden gerichtet, um im Geröll nicht fehlzutreten. Zen ließ sie passieren, ohne sich bemerkbar zu machen. Nachdem er ihr genügend Vorsprung gelassen hatte, erhob er sich und folgte ihr.
    In zahlreichen Biegungen führte der Pfad bergan, bis sich der Baumbestand lichtete.
    Weit oben, zwischen gelben Felsen, erkannte Zen den verfallenen Eingang zu einer alten Mine, auf den die Bahn zugeführt hatte. Irgendwo dort oben mußte also eine der verlassenen Minenstädte liegen.
    Mit der Sicherheit einer Schlafwandlerin setzte Nedra den Weg fort. Zen fühlte, wie seine Erregung wuchs. Nedras Verhalten bewies, daß sie diesen Weg nicht zum erstenmal ging; nur jemand, dem das Gelände seit langem vertraut war, konnte so zielbewußt und ohne sich ein einziges Mal suchend umzublicken, die Richtung beibehalten.
    Wohin würde sie ihn führen? Zu einem Versteck der Weltraumwesen? Hier oben in den Bergen hätten sie sich lange verborgen halten können, ohne jemals entdeckt zu werden.

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