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30 Sekunden Verzögerung

30 Sekunden Verzögerung

Titel: 30 Sekunden Verzögerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Moore Williams
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Gewiß, die Ernährung würde zu einem Problem werden, aber es gab genug Wild – Rehe, Hirsche, Bären, und an vielen Stellen waren früher bestellte Felder gewesen. Harte, kühne Pioniere hatten jahrelang ihr Auskommen in dieser Wildnis gefunden. Warum sollte anderen unmöglich sein, was ihnen gelungen war.
    Natürlich mußten sie vor Cusos herumstreifenden Gruppen auf der Hut sein, aber in einem so zerklüfteten Gelände bot das keine Schwierigkeiten.
    Die Geisterstadt kam in Sicht. Sie bestand aus Ruinen, die sich um die ehemalige Mine gruppierten. Im Gegensatz zu den vielen Städten, die sich unter der Kriegseinwirkung in Schutt und Asche verwandelt hatten, hatte an dieser Stadt der Zahn der Zeit genagt, aber die Wirkung war fast die gleiche. In den harten Wintermonaten waren mächtige Schneelasten auf die Dächer gefallen, Frühjahrsstürme und lang andauernde Regenfälle hatten das Holz zerfressen, nacheinander waren die Häuser in sich zusammengefallen.
    Nedra marschierte auf der Straße dahin, die einstmals die Hauptstraße des Ortes, gewesen sein mochte. Ihr Schritt war immer noch gleichmäßig und ohne Zögern, sie schien genau zu wissen, wo ihr Ziel lag.
    In dem zerfallenen Steinbogen zu ihrer Linken, hinter dem sich wohl früher eine Garage verborgen hatte, erschien eine zerlumpte Gestalt. Der Mann blickte überrascht auf, als er Nedra sah, er murmelte etwas, rief hinter ihr her. Beim Klang der heiseren Stimme fuhr sie herum, warf einen kurzen Blick auf den Mann und setzte den Weg fort.
    „Hallo, warten Sie einen Augenblick!“ schrie der Mann und traf Anstalten, ihr zu folgen. Nedra blieb stehen und blickte ihm entgegen.
    Kurt Zen hob das Gewehr, dann senkte er den Lauf wieder. Zen vertraute nicht nur auf Nedras Fähigkeit, sich selbst zu verteidigen, er wollte wissen, was weiter geschehen würde. Und es geschah etwas, blitzschnell und überraschend.
    Aus den Trümmern am Straßenrand schnellte plötzlich die Schlinge eines Strickes. Wie von einem erfahrenen Cowboy geworfen, wirbelte sie durch die Luft, sank über Nedras Kopf und Schultern und preßte ihre Arme mit unwiderstehlicher Gewalt gegen den Körper. Ein Ruck riß das Mädchen von den Füßen.
    Der Mann, der den Strick geworfen hatte, kam aus den Trümmern zum Vorschein und war mit schnellen Sätzen bei Nedra. Er drehte sie in die Bauchlage, zwang ihre Hände auf den Rücken und durchsuchte das Mädchen nach verborgenen Waffen. Der zweite Mann eilte zu seiner Unterstützung herbei.
    Zen hob das Gewehr an die Schulter. Obwohl er daraus noch keinen einzigen Schuß abgegeben hatte, war er überzeugt, daß die Kugeln auf diese kurze Entfernung ihr Ziel finden würden.
    Nedras gellende Stimme klang plötzlich an sein Ohr: „Oberst! Vorsicht! Nehmen Sie sich in acht!“
    Überrascht ließ Zen die Waffe sinken. Nedra hatte also gewußt, daß er ihr folgte! Woher wußte sie, daß er hinter ihr war? Warum hatte sie keinen Versuch gemacht, ihn abzuschütteln? Wichtiger noch – wohin hatte sie ihn führen wollen? Warum warnte sie ihn, obwohl ihr eigenes Leben in Gefahr war?
    Zen war überzeugt, daß sie nichts von der Existenz der Männer gewußt hatte, in deren Falle sie gegangen war. Sie waren bestimmt nicht das Ziel ihres Marsches gewesen. Wem aber hatte der Marsch gegolten? Was suchte sie in der verlassenen, zerfallenen Stadt in der Bergwildnis, die in gefährlicher Nähe der Truppen Cusos lag?
    Die zerlumpte Gestalt hatte sich aufgerichtet, und Zen visierte die Mitte des zerfetzten Rockes an.
    „Werfen Sie das Gewehr weg!“ sagte da eine Stimme hinter ihm.
    Zens Überraschung war echt und hatte zweifachen Grund. Nicht nur das unvermutete Auftauchen eines Mannes in seinem Rücken hatte ihn überrumpelt, mehr noch war es die Tatsache, daß er die befehlende Stimme kannte oder zu kennen glaubte. Langsam sanken seine Arme herab. Die Waffe fiel polternd zu Boden.
    „Und jetzt die Hände hoch!“ befahl die Stimme.
    Zen hob die Arme. „Hallo, Jake!“ sagte er, ohne sich umzuwenden.
    Ein Ausruf der Verblüffung entfuhr dem Mann hinter ihm. „Woher, zum Teufel, kennen Sie mich?“
    „Ich habe Ihre Stimme erkannt“, erwiderte Zen. „Darf ich mich jetzt umwenden?“
    „Sicher. Gewiß. Was, zum Teufel, tun Sie hier oben in den Bergen?“
    Langsam wandte Zen sich um. Der Mann hielt ihn mit einem automatischen Gewehr in Schach, aber die Mündung schwankte, und der Mann schien seinen Augen nicht zu trauen. Ein dichter, schwarzer Bart bedeckte seine

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