30 Sekunden Verzögerung
andeutete, was einen Mann dazu bringen konnte, an nichts mehr Interesse zu haben! Cal grunzte. Das war etwas, was er verstand.
„Haben Sie etwas abbekommen?“ fragte er mißtrauisch.
„Keine Spur. Die Ärzte haben mich nach der Detonation untersucht.“
„Sind noch mehr Soldaten da, die die Nase voll haben und sich lieber in die Büsche schlagen würden?“
„Wollen schon, aber sie können nicht“, entgegnete Zen. „Sie sind dem Tode zu nahe, um noch irgend etwas zu unternehmen. Was hat es für einen Sinn, sich davonzumachen, wenn man das hinter sich hat?“
„Hat die Rakete viele von ihnen erledigt?“
„Wahrscheinlich fast alle.“
„Wahrscheinlich? Wissen Sie es nicht mit Sicherheit?“
„Ich habe mir nicht die Mühe gemacht, weiter hinauf zu steigen. Ich bin nicht verrückt oder lebensmüde.“
„Kann ich verstehen. Hm, es muß wirklich schlecht stehen, wenn sogar ein Oberst desertiert. Interessant, sehr interessant.“ Cal beschäftigte sich mit seiner Waffe, aber die Mündung zielte nicht mehr auf Zens Magen. „Und was suchen Sie nun hier?“
„Einen Platz, um mich zu verbergen.“
„Für wie lange?“
„Bis alles vorüber ist“, antwortete Zen. „Vielleicht auch länger. Ich verspüre keine große Lust, nach unten zurückzukehren und auf Schädeln spazierenzugehen.“
„Auf Schädeln?“
„Auf Totenschädeln. Mehr wird nicht übrigbleiben.“
„Sie rechnen also damit, daß die Asiaten den Krieg gewinnen?“ – „Niemand wird diesen Krieg gewinnen, mit Ausnahme der wenigen, die so vernünftig sind, sich abzusetzen und irgendwo zu verstecken, bis alles vorbei ist.“
Jake schien seine Träume wie auch die Furcht abgeschüttelt zu haben. Er legte Zen die Hand auf die Schulter und sagte, zu Cal gewandt: „Kurt ist in Ordnung, sage ich. Du kannst Vertrauen zu ihm haben.“
Es war offensichtlich, daß diese Empfehlung Cal nicht im geringsten beeindruckte.
„Er ist mein Freund“, fuhr Jake fort. „Laß ihn bei uns bleiben. Er kann uns eine große Hilfe sein. Wir sind Kameraden gewesen, vergiß das nicht, und dann war da ein Mädchen …“ Er brach ab und verfiel wieder in dumpfes Brüten, als er an seine Frau dachte.
„Gehören Sie zu dem Mädchen?“ fragte Cal.
„Nein, er hat nie zu ihr gehört!“ schrie Jake. „Mir hat sie gehört, begreifst du das nicht, mir allein!“
„Halt den Mund, Dummkopf!“ sagte Cal barsch.
„Bestätige es ihm, Kurt! Bestätige ihm, daß Marcia nur mir gehörte“, bat Jake.
„Sicher, Jake“, sagte Zen besänftigend. „Es weiß doch jeder, daß du und Marcia zusammengehörtest. Cal und ich meinten ein ganz anderes Mädchen.“
„Oh, das ist etwas anderes. Ich will nie hören, daß einer von euch sagt, Marcia wäre nicht meine Frau gewesen.“
Der Mann mit dem Wolfsgebiß sah aus, als habe er große Lust, Jake niederzuschießen. „Halt dich aus dieser Sache raus!“ zischte er wütend.
„Ich habe nur gesagt, daß Kurt mein Freund ist“, beharrte Jake.
„Gut, ich habe es verstanden. Und nun halte gefälligst den Mund!“ Cal wandte sich wieder Zen zu. „Wir sprachen über das Mädchen, Oberst. Gehört sie zu Ihnen?“
„Nein“, sagte Zen.
„Aber sie hat nach Ihnen gerufen, als Ed sie in die Schlinge bekam.“
„Ich habe es gehört.“
„Tatsächlich?“ Cals Finger krümmte sich um den Abzug.
„Ja. Ich habe sie verfolgt, aber ich hatte keine Ahnung, daß sie es bemerkt hatte.“
„Und warum haben Sie sie verfolgt?“ wollte Cal wissen, ohne den Finger vom Abzug zu nehmen.
„Himmel, stellen Sie blöde Fragen!“ explodierte Zen. „Warum steigen Männer den Frauen nach, he?“
Bei dieser Antwort lief die Andeutung eines schmierigen Grinsens über das Wolfsgesicht. Zen hatte eine Antwort gegeben, die der andere verstand. „Kann ich Ihnen nicht verdenken“, brummte Cal. „Was, zum Teufel, wollte sie aber hier oben?“
„Ich weiß es nicht“, sagte Zen.
„Glauben Sie, daß das Mädchen eine Spionin Cusos ist?“ fragte das Wolfsgesicht. „Auf dem Weg zu seinem Hauptquartier?“ Zen fühlte, wie sein Unterkiefer herabsank. Auf diesen Gedanken war er noch nicht gekommen. Er wußte besser als mancher andere, daß die Asiaten sich bemühten, ihre Agenten überall einzuschleusen. Cusos Kriegsführung hing zum großen Teil von der Kenntnis der gegnerischen Absichten ab. Es war für ihn wichtig, zu wissen, wieviel Truppen ihm gegenüberstanden, wie sie bewaffnet waren, über welchen Paß sie heranrücken
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