308 - Ein Planet wird vermisst
gesamten Beraterstab sowie einige bedeutende Volksvertreter verloren haben, steht unser Volk in dieser schweren Stunde ohne Führung da. Doch gerade jetzt muss gehandelt werden! Ich werte den Anschlag als Kriegshandlung, die das Ziel hatte, die gesamte Regierung auszuschalten. Aus diesem Grund trete ich mein Amt als Militärpräsident mit sofortiger Wirkung wieder an. Um Frieden und Ordnung wiederherzustellen, verhänge ich hiermit den Ausnahmezustand. Ab sofort gilt eine Ausgangssperre an bis morgen früh um acht Uhr. Gehen Sie nach Hause und warten Sie ab! Wir informieren Sie regelmäßig über die weitere Entwicklung. Gleichzeitig spreche ich ein Organisationsverbot aus. Es dürfen keine Versammlungen stattfinden, weder öffentlich noch privat. Leisten Sie den Anweisungen des Sicherheitsmagistrats Folge; es ist zu unser aller Besten.«
Und noch während Leto seine Ansprache hielt, landeten die ersten schwer bewaffneten uniformierten Bodentruppen, die mit den Flugschiffen eingetroffen waren, und verteilten sich auf den Straßen. Und nicht nur in Elysium, sondern in jeder Stadt.
Dies bedeutete für ProMars, in den Untergrund abtauchen zu müssen. Der Pressesprecher, der die Waldleute des Anschlags beschuldigt hatte, war bereits verhaftet worden.
Die verstörten Leute fügten sich. Zu viel war geschehen, und sie konnten es noch nicht fassen. Darum wurde Letos Auftritt auf allen Kanälen von nicht wenigen begrüßt, anstatt die sich daraus ergebenden Konsequenzen zu erkennen.
Für viele war es ein Trost, dass jemand in diesem Chaos den Überblick und einen kühlen Kopf behielt und die Sache in die Hand nahm. Anstatt auf den Straßen entzündeten sie in ihren Wohnungen Kerzen für die Präsidentin und baten den Roten Vater, sie zu beschützen.
Trotz aller Vorbereitungen gelang es ProMars nicht, in den Regierungstower zu kommen. Sie hatten Leto völlig unterschätzt. Immerhin war ihnen eins aber gelungen: Die ersten Verhaftungen erbrachten keinerlei Hinweise auf den oder die Attentäter. Neronus Gingkoson hatte eine schwere Aufgabe vor sich, als er erkennen musste, dass der Anschlag ohne Rückhalt der Organisation, sondern auf eigene Faust geplant und erfolgt war. Er würde seine Suche also vorwiegend auf die heimlichen Drahtzieher konzentrieren, aber der tatsächliche Attentäter würde möglicherweise nie gefunden.
Leto nahm diese Eröffnung schweigend zur Kenntnis. Neronus warf vor dem Verlassen des Büros einen letzten Blick auf seinen Dienstherrn, der reglos vor dem Panoramafenster stand und hinausblickte.
Der Mars erstarrt .
Leise schloss er die Tür.
***
Die AKINA erreichte den Erdmond. Das Landemanöver war heikel, aber dadurch umso mehr eine gute Übung.
Die Mondstation war in teilweise schlechtem Zustand; es hatte einige Sabotageakte seitens ProMars-Anhängern gegeben, die den Verdacht, dass die CARTER IV keinem zufälligen Unglück zum Opfer gefallen war, erhärteten. Das Schiff selbst war schließlich in einwandfreiem Zustand gewesen, es hatte keinerlei Meldung über technische Probleme gegeben – bis zum Zeitpunkt des Absturzes.
Eine Menge Arbeit wartete auf die Besatzung, und alle machten sich sofort an die Arbeit. Dexter Wang wandte sich der Cortex-Einheit zu, die oberste Priorität hatte, während Vogler und Clarice den Weiterflug zur Erde vorbereiteten. Sinosi Gonzales und Mariann Braxton waren für das Shuttle eingeteilt; sie waren beide gelernte Piloten, spezialisierte Techniker und als Bodeneinsatztruppe ausgebildet.
Der Funkruf zur Erde, um Matthew Drax zu kontaktieren, verlief bisher erfolglos. Allerdings hatte Clarice auch nicht damit gerechnet, dass der Mann aus der Vergangenheit sich zufällig in der Nähe eines funktionierenden Empfängers aufhielt. Vor Ort würden sie sich wahrscheinlich leichter tun, Maddrax zu finden.
»Wie wollt ihr ihn finden?«, erkundigte sich Mariann Braxton. »Die Erde ist groß und der Commander, so weit ich gehört habe, extrem reiselustig.«
»So wie wir ihn schon einmal aufgespürt haben«, antwortete Clarice. »Wir scannen die Erdoberfläche nach Tachyonen. Durch die Passage des Zeitstrahls sind er und seine Freundin Aruula wahre Leuchtfeuer, was das angeht.«
Sie fuhren zusammen, als Dexter Wangs Flüche über den Stationsfunk erklangen. Nicht wegen des Inhalts, sondern wegen seiner zitternden Stimme, in der Schrecken und Entsetzen, Unglauben und schließlich Panik lag. Da war nicht »einfach etwas schiefgegangen«. Da war etwas Größeres
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