308 - Ein Planet wird vermisst
verstanden?«
»Auch nicht Ruman Delphis oder Attan Gonzales?«
»Beide sind tot, Kommandant.«
Ein weiterer Schock für die Männer und Frauen. Leto ließ ihnen keine Zeit, die Nachricht zu verdauen, sondern fuhr ungerührt fort: »Bis auf Chandra Tsuyoshi sind alle präsidialen Berater einem heimtückischen Anschlag zum Opfer gefallen. Auch meine Frau ist schwer verletzt, aber noch am Leben. Wie dem auch sei, ich habe das Amt als Militärpräsident wieder übernommen. Auf dem Mars herrscht Ausnahmezustand.«
Fassungslos sahen sich die Marsianer an. »Aber... das ist doch nicht möglich...«, stammelte Vogler. »Weiß man, wer dahintersteckt?«
»Vermutlich ProMars; die Ermittlungen laufen noch. Diese elenden Schraubenwürmer versuchen alles zunichte zu machen, was wir aufgebaut haben.« Für einen kurzen Moment wirkte Leto müde, dann wurde er wieder sachlich. »Die gute Nachricht ist, dass der Magnetfeld-Konverter kurz vor seiner Fertigstellung steht und wir ihn termingenau durch den Zeitstrahl schicken können. Das hat jetzt oberste Priorität. Wenn wir den Streiter nicht aufhalten können, wird unser Ausnahmezustand bald nur noch eine Randnotiz sein.«
Asgan nickte; auch er hatte sich wieder gefangen. Oder besser gesagt: Er blendete einfach alles aus und tat so, als ginge es um einen Standardeinsatz. »Selbstverständlich, Herr Präsident. Es ist nicht anzunehmen, dass es mit der Zerstörung des Neptun getan ist. Der Streiter wird seinen Weg zur Erde fortsetzen und...«
»… unterwegs geht das große Fressen weiter«, murmelte Dexter Wang tonlos. »Er wird sich bis zum Bersten mit Energie füllen. Das ganze Sonnensystem wird in seinem gigantischen finsteren Magen landen!«
»Wie in einem Schwarzen Loch«, fügte Dace überflüssigerweise hinzu.
»Wir haben uns verstanden«, beendete Präsident Leto Angelis das Gespräch. »Finden Sie Commander Drax und warnen Sie ihn! Ich halte Sie im Gegenzug über die Vorgänge auf dem Mars auf dem Laufenden. Ich verlasse mich auf Sie.«
»Seien Sie in dieser Hinsicht unbesorgt, Herr Präsident«, antwortete Asgan Pourt für alle.
Aber keiner wusste, ob es nicht nur eine hohle Phrase war.
***
August/September
Die Präsenz der Regierungseinheiten war übermächtig, die nächtliche Ausgangssperre blieb bestehen. Dennoch kam es immer wieder zu Anschlägen. Die in den Untergrund geflohene ProMars-Gruppe schwang sich zum »Retter gegen die Diktatur« auf und fand Gehör.
Zu dem Anschlag auf die Präsidentin bekannte sich die verbotene Organisation nicht, wohl aber zu allen folgenden, die sich hauptsächlich gegen Regierungsgebäude richteten.
Leto gab sich gar nicht erst die Mühe, das Volk beschwichtigen zu wollen. Er schlug mit Waffengewalt zu und unterzog Bürger einem Verhör, wenn sie unter dem Verdacht der Konspiration standen. Öffentlich warnte er das Volk, Terroristen zu unterstützen, deren Ziel es war, den Planeten in Anarchie und Chaos zu stürzen.
Die Marsianer waren bald hin und her gerissen. Selbst innerhalb der Familien kam es zu Auseinandersetzungen, wer recht hatte und ob der Zweck die Mittel heiligte.
Trotz der Anschläge und der angespannten Stimmung konnte Leto einen weiteren Aufruhr im Keim ersticken und einigermaßen für Ruhe sorgen. Seine Exekutive war allgegenwärtig und nicht zimperlich.
Allmählich griff schleichende Angst um sich. Viele Bürger, die zuerst Empörung gezeigt hatten, wurden zusehends schweigsamer. Sie wollten einfach nur ihr gewohntes Leben weiterführen, was durchaus möglich war, wenn sie nicht auffällig wurden.
Dass sich die Servicebetriebe bitter wegen der nächtlichen Ausgangssperre beklagten, war kein Wunder, doch Leto blieb eisern – von acht Uhr abends bis acht Uhr morgens durfte sich niemand auf den Straßen aufhalten. ProMars nahm dies zum Anlass, den Bürgern vor Augen zu führen, was passieren würde, wenn sie Leto gewähren ließen.
Dabei war all dies Teil von Letos Strategie, von dem eigentlichen Problem abzulenken. Der Magnetfeld-Konverter war endlich fertiggestellt und ein Shuttle, das ihn ins All in den Zeitstrahl transportieren würde, stand bereit. Anhand der Ausmaße des flachen linsenförmigen Gerätes wurde die Entfernung berechnet: Obwohl der Konverter wegen des leichteren Transportes in drei Teile zerlegt worden war, mussten immer noch fünfundzwanzigtausend Kilometer zurückgelegt werden, bis der Strahl breit genug auffächerte.
Die Besatzung des Shuttles der AKINA sollte die Teile nach
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