308 - Ein Planet wird vermisst
passiert.
Dexter brauchte nicht erst alle zusammenzurufen, sie kamen auf das Geschrei hin ohnehin alle gelaufen.
»Ist etwas mit dem Cortex?«, erkundigte sich Asgan Pourt.
»Nein, der funktioniert perfekt.« Dexters Stimme klang schrill und überschlug sich fast. »Irgendjemand hatte zwar versucht, ihn zu zerstören, aber nur ein paar unwichtige Schaltungen und eine Konsole demoliert. Hat eine Stunde gekostet, ihn zu reparieren und hochzufahren. Auch die Verbindung zu den anderen beiden Einheiten auf den Marsmonden konnte ohne Probleme hergestellt werden.«
Der Kommandant bezähmte seine Ungeduld. Dexter war nicht in der Lage, geradeheraus zu sprechen, so fassungslos war er. »Und...?«, forderte er ihn auf. »Warum also die Aufregung?«
Dexter räusperte sich, dann hatte er sich endlich gefangen. »Es... es geht um das, was ich im Cortex gesehen habe! Ich hab ein bisschen ins All hinausgelauscht, um die Systeme zu justieren, und da... da... Seht selbst!« Er wandte sich seinem Terminal zu und deutete auf eine verrauschte, kaum erkennbare Bildübertragung. Ein größerer Punkt war in dem Schneetreiben gerade so zu erkennen.
»Das ist der Neptun«, erläuterte Dexter heiser, aktivierte einen zweiten Schirm und zeigte eine weitere Übertragung. Da war der Punkt ein leuchtend blauer Ball. »Diese Aufnahme hier stammt von der früheren Besatzung, die ich im Archiv gefunden habe. Kleiner Unterschied, was?«
»Du musst näher heranzoomen«, schlugen Dace und Valdis unisono vor.
Ein Quietschen lag in Dexters Stimme. »Das ist herangezoomt«, stieß er hervor. »Und die Störungen stammen nicht von einer mangelhaften Einstellung, die Bildqualität ist ausgezeichnet. Der... der Planet schrumpft !«
***
Sie verbrachten Stunden damit, Dexters Schlussfolgerung widerlegen zu wollen – ohne Erfolg. Er hatte recht: Der Gasplanet fiel in sich zusammen! Verwirrung und Verzweiflung wurden immer größer. Wenn es stimmte, dass Neptun verschwinden würde, musste das ungeahnte Auswirkungen auf die äußeren Planeten des Sonnensystems haben, wenn nicht gar auf das komplette System!
Zudem war es nach menschlichen Erkenntnissen schlicht unmöglich, dass ein Planet auf diese Weise und in solcher Geschwindigkeit schrumpfte. Ein Roter Riese, der zu einem Weißen Zwerg zusammenfiel, ja – aber kein Gasplanet, noch dazu in einer solchen Geschwindigkeit. Die Messdaten waren eindeutig: Neptun verlor rasend schnell an Masse. Als würde er von irgendetwas aufgefressen.
Der Streiter.
Niemand sprach es aus, aber sie wussten es alle. Eine diffuse Gefahr, die ein Hirngespinst hätte sein sollen, war eingetroffen.
Der Kommandant brauchte eine weitere Stunde, bis er so weit war, den Mars anzufunken. Er hatte alle Daten in einer Datei zusammengefasst, weil er wusste, dass ihm zunächst niemand glauben würde. Alle waren anwesend, als er den Kanal öffnete.
Es dauerte eine Weile, bis jemand den Ruf annahm, und Asgan war überrascht, direkt in Leto Angelis’ Augen zu blicken. »Sir, wir melden, dass die Mondstation in Betrieb gegangen ist«, gab er Bericht. »Es sind noch einige Reparaturarbeiten vonnöten, aber der Virtuelle Cortex ist voll funktionsfähig.«
»Danke, Asgan«, sagte Leto mit unbewegter Miene. »Ich freue mich, dass alles gutgegangen ist. Sind alle wohlauf?«
»Ja, Sir. Allerdings sind wir... nun, beunruhigt wäre stark untertrieben.«
Letos pigmentierte Stirn legte sich in Falten. »Was ist passiert?«
Asgan zögerte, das Unfassbare auszusprechen. Dann gab er sich einen Ruck. »Der Neptun, Sir, er... nun ja, man könnte sagen, er verschwindet.«
Letos Augen verengten sich. »Er verschwindet ? Erklären Sie mir das!«
Das tat der Kommandant. »Ich habe alle Beweise zusammengetragen, die ich Ihnen gerade übermittle... Bedeutet es, was wir vermuten?«
»So sieht es aus, Kommandant. Commander Drax hat also nicht übertreiben, was die Macht des Streiters angeht. Konnten Sie ihn schon ausmachen?«
»Leider nein. Es scheint aber eine Art Schatten über dem Planeten zu liegen. Sie werden es in der Aufzeichnung sehen.« Er räusperte sich. »Sir... glauben Sie, dass wir ein solches Wesen überhaupt aufhalten können?«
»Wir müssen es zumindest versuchen, eine andere Wahl haben wir nicht.« Leto rieb sich das Kinn. »Machen Sie weiter wie geplant. Sie funken in Zukunft ausschließlich mich direkt an, und sollte ich unabkömmlich sein, an Neronus Gingkoson. Sonst wird niemand informiert, haben Sie das
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