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31 - Und Friede auf Erden

31 - Und Friede auf Erden

Titel: 31 - Und Friede auf Erden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Hände auszubreiten. Ich fühle, daß sich diese Hände füllen und daß sie schwerer werden, wie von jenem Segen, der aus der Menschenliebe strömt und darum liebend weitergegeben werden soll von Hand zu Hand. Was nützt aber mir und was nützt der Menschheit all diese meine Liebe! Ich bin ja ein Heidenpriester und darf also nur Heiden segnen, nur Heiden, keine andern!“
    „Nein, nicht diese allein, sondern auch mich!“ rief sie in tiefer Aufwallung aus und ließ sich vor ihm nieder.
    Da legte er ihr die Hände auf das Haupt und sprach, indem seine Stimme bebte:
    „Ich danke dir, du gutes Kind des fernen Abendlandes! Indem du vor mir kniest, hebst du mich auf zu dir und hebst dich doch nur selbst! Auch deine Heimat sollte dir jetzt danken! Sie trägt die Schuld an deines Vaters Tat, die zwar von unserer ‚Shen‘ verziehen wurde, doch nicht von jener andern, großen Shen, die alles in sich faßt, was menschlich ist, und nicht bloß, was menschlich heißt. Du aber sühnst, was die Verachtung tat, indem du mich, den Greis, den Menschen achtest. So sei also die Schuld für ewig ausgestrichen, denn du hast sie getilgt!“
    Er sprach so ernst so feierlich und doch so mild, so tief eindringlich liebevoll. Unsere Aufmerksamkeit war ausschließlich auf ihn gerichtet, daß wir das Geräusch kaum hörten und noch viel weniger beachteten, welches sich jetzt an der noch immer offenstehenden Tür vernehmen ließ. Wir nahmen an, daß es von einem vorübergehenden Diener verursacht worden sei. Der Malaie fuhr fort:
    „So segne ich dich denn als das, was ich dir bin, nicht als der Priester, sondern als der Mensch. Und wenn es ein Heil gibt, welches aus eines Menschen Hand und Leben auf eines andern Menschen Haupt und Leben überzufließen vermag, so sei hiermit alles, alles dein, was ich an Menschengüte und Erdenglück besitze! Der Himmel hört, daß ich es dir verleihe, nicht mein Himmel allein, sondern auch der deine, denn beide sind eins!“
    Er beugte, sich zu ihr nieder und küßte die Stelle, auf welcher seine Hände gelegen hatten. Da gellte von der Tür her ein lauter zeternder Ruf:
    „Der Heide – – der Heide! Mein Kind, mein armes, armes Kind! Verloren, verloren – – –! Verdammt und verloren für alle Ewigkeit! Für alle Ewigkeit!“
    Wir wandten uns erschrocken um. Es war vollständig dunkel dort; aber wir hörten, daß jemand niederstürzte. Der Stimme und den Worten nach konnte es nur Waller sein. Mary sprang mit einem Schrei empor und zu ihm hin. Raffley machte schnell Licht. Ja, es war der Missionar. Er lag draußen vor der Tür, lang ausgestreckt, mit weit aufgerissenen, entsetzten Augen. Seine Lippen bewegten sich; er wollte sprechen, brachte aber keinen Laut mehr hervor. Raffley griff sofort zu, ich auch, ihn nach seinem Zimmer zu tragen. Wir hörten kaum noch die Worte, welche hinter uns der Malaie zu dem Uncle sprach:
    „Ich habe gesegnet, aber nicht verdammt, und dabei wird es bleiben! Denn der Himmel ist dem Kinde gnädiger, als dieser Vater glaubt!“

VIERTES KAPITEL
    Wahnsinn
    Am nächsten Morgen war, als ich erwachte, mein erster Gedanke natürlich Waller. Den andern erging es ebenso. Ich meine den Governor, Raffley und den Priester. Sie saßen, als ich zu John hinüberkam, schon längere Zeit bei ihm, um auf mich zu warten, weil ausgemacht worden war, das Frühstück gemeinschaftlich einzunehmen. Sejjid Omar wurde beauftragt, es uns zu bringen. Er war sehr stolz darauf, zeigen zu können, daß er nicht nur ausschließlich zu meiner Bedienung ausreiche, sondern auch noch eine ganze Menge anderer Personen mit einem Male zu speisen und zu tränken vermöge. Und er tat dies in einer so fürsorglichen und tief eingehenden Weise, daß wir ihn bitten mußten, doch auch uns etwas dabei tun zu lassen, sonst hätte er uns in seinem Übereifer den Honig auf den Schinken gestrichen und den hier gebräuchlichen Arrak in die Milch gegossen. Er war also genötigt, sich zurückzuziehen, warf uns aber dabei einen so bedauernden Blick zu, als ob er überzeugt sei, daß nun unsererseits von einem wahren Genuß keine Rede sein könne.
    Selbstverständlich machte es uns die Anwesenheit des Malaien unmöglich, über das gestrige Ereignis in der Weise zu sprechen, wie wir es ohne ihn getan hätten. Er selbst erwähnte kein Wort davon, und so konnte auch das, was wir sagten, nur in kurzen, meist einsilbigen Äußerungen bestehen, durch welche wir zwar unsere Gefühle, aber nicht unsere weiterfragenden

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