31 - Und Friede auf Erden
gleich beim ersten Zusammentreffen mit meinen Blicken niederschmettern wollte, so fahre ich mit dem allernächsten Schiff heim und warne jeden Englishman, sich fernerhin für das zu halten, für was er sich bisher gehalten hat! – So, das ist es, was ich Euch sagen wollte, Sir. Und nun bitte ich Euch, nehmt Euch, wenn wir ihr vorgestellt werden, ein wenig meiner an, damit sie meine Verlegenheit nicht allzusehr bemerkt! Ich möchte sie nämlich so sehr gern haben, daß sie mich für ihrer Achtung würdig hält!“
Ich versprach es ihm, obwohl ich wußte, daß ich nicht dazu kommen würde, dieses Versprechen zu halten. Er wußte gar nicht, daß seine Worte die geistig und seelisch ereignisreiche Geschichte einer innern Umwandlung enthielten, welche sich bei ihm äußerlich friedlich vollzogen hatte, während sie bei andern Menschen wie auch bei Völkern nur unter langen und schweren Kämpfen vor sich geht. Darum stand zu erwarten, daß auch die nun folgenden und letzten Töne in freundlicher Harmonie erklingen würden.
Bald darauf erfuhren wir, daß die Insel in kurzer Zeit zu sehen sein werde, und machten uns also zum Landen bereit. Mein Sejjid Omar brachte meine und seine Sachen mit Fangs Gepäck herbeigetragen. Dann ging er zu Mary, um auch ihr und ihrem Vater seine Hilfe anzubieten. Raffley stand oben auf der Brücke, um die Einfahrt selbst zu leiten. Bill führte das Steuer, und Tom machte sich mit dem Salutgeschütz zu schaffen, um unsere Grüße, die aus dem Herzen kamen, mit ehernem Mund zu bestätigen.
Da ertönte von der Insel ein lauter Böllerschuß zu uns herüber; ein zweiter folgte und diesem ein dritter. Tom antwortete ebensooft aus seinem Rohr.
Es gab selbstverständlich bei uns kein Auge, welches nicht nach der Küste gerichtet war. Sie hatte sich in schönes Grün gekleidet. Das Innere wurde uns von Büschen verhüllt, aus denen die Wipfel hoher Bäume ragten. Es gab da einen kleinen, freien Platz, auf welchem wir einige Chinesen neben dem Böller stehen sahen, aus welchem sie uns salutiert hatten. Sie riefen und winkten uns lebhaft zu. Später öffnete sich zuweilen das Gebüsch, um uns die dahinterliegenden, vollgrasigen Wiesen und wohlbebauten Felder zu zeigen. Weiter vorn, uns zur Rechten, stieg das Land zu einer bewaldeten Höhe empor, auf welcher das chinesisch konstruierte Dach eines sehr ansehnlichen Gebäudes aus dunklen Blätterkronen ragte.
Die Matrosen unserer ‚Yin‘ hatten schon am frühen Morgen die Paradeleinen hervorgeholt und Wimpel an Wimpel gereiht, um die Jacht zur Einfahrt zu schmücken. Diese Leinen hingen jetzt noch leer vom Top herunter, doch bedurfte es nur eines Wortes von Raffley, um sie in Zeit von einer Minute aufzuholen.
Ocama hat eine dem Festland zugekehrte Bucht mit klarem, tiefem und fast stets ruhigem Hafenwasser. Als wir uns dem südlichen Vorsprung dieser Bucht näherten, begann das Ufer sich zu beleben. Wir sahen zwischen dem Gebüsch in Blumengärten Häuser liegen, so nett und sauber, jedes von ihnen eine eigenartige, besondere chinesische Individualität; das Auge konnte sich wirklich immer von dem einen auf das andere hinweg freuen. Diese Häuser mehrten sich, und als wir in einem weit ausgeholten Halbkreis um die südliche Zunge bogen, entwickelte sich vor uns ein Landschaftsbild, welches, besonders bei dem heutigen schönen, klaren Wetter, selbst das verwöhnte Auge eines Weit- und Vielgereisten befriedigen mußte.
Man denke sich einen halbmondförmigen Busen, von dessen beiden äußeren Enden an das Land sich sanft, aber höher und immer höher erhebt, um, immer von Gärten oder parkähnlichem Gehölz begleitet, in der Mitte einen vom Wasser zurücktretenden Berg zu bilden, an dessen Lehne die mit Pflanzengrün und Blumen geschmückten Häuser des Ortes aufwärtssteigen. Und hoch über ihnen ein hellglänzendes, weißes Landhaus, dessen nur halb chinesischer Stil vermuten läßt, daß sein Erbauer verstanden habe, auch europäischen Gedanken Form zu geben.
Dieses hoch- und langgestreckte, vielräumige Haus gehörte Fu; dort wurden wir erwartet. Sein Dach, welches wir schon vorhin gesehen hatten, wurde, wie landesüblich, aus mehreren geschwungenen und einander tragenden Abteilungen gebildet. Es trat, so weit es reichte, so über die Front des Hauses heraus, daß es allen in das Freie gehenden Söllern und Balkonen mehr als hinreichend Schutz zu bieten vermochte. Wir hatten alle die Gläser vorgenommen und da hinaufgerichtet. Darum war es uns
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