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31 - Und Friede auf Erden

31 - Und Friede auf Erden

Titel: 31 - Und Friede auf Erden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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einzurichten. Sie ist der Marmorkopf auf unserer Jacht, und sie ist das stets mit Blumen geschmückte Bild in der Kajüte. Und sie ist aber auch wieder keines von beiden, sondern sie alle drei zusammen sind – – –“ wieder hielt er inne, machte eine Bewegung, als ob ihm ein überraschender Gedanke gekommen sei, und fuhr dann fort: „Sihdi, ich habe etwas entdeckt. Nämlich diese drei sind genauso eines wie wir drei.“
    „Deutlicher Sejjid! Sprich deutlicher, sonst verstehst du dich schließlich selbst nicht mehr!“
    „Ich meine: Dieses weißgekleidete Wesen, das Bild in der Kajüte und der Marmorkopf müssen zusammengerechnet werden. Und der Christ, der Mohammedaner und der Heide müssen auch zusammengerechnet werden. Da kommt hier etwas und dort etwas heraus, was du vergleichen mußt. Vielleicht ist es ein und dasselbe, vielleicht ist es nicht ein und dasselbe, aber etwas Ähnliches – – – Ich gehe!“
    Er drehte sich um, entfernte sich und machte die Tür so schnell hinter sich zu, daß ich gar keine Zeit fand, ihn mit einem Wort, einer Frage zurückzuhalten. Das war so seine Art, wenn er etwas getan oder gesprochen hatte, was er für klug, vielleicht gar für geistreich hielt. Da ließ er mich so schnell wie möglich allein, damit ich Zeit und Raum gewinnen möge, ihn ungestört zu bewundern.
    Was hatte er mir sagen wollen, und was hatte er mir gesagt? In seiner eigenartigen, so außerordentlich ernsten und doch fast komischen Weise? Das Mittel ziehen aus einer Frau und ihren beiden künstlerischen Werken! Einen Christen, einen Moslem und einen Heiden addieren und die Summe mit drei dividieren! Wie heißt der Quotient? Das war eine Aufgabe, die mir ein Araber, ein Eselsjunge aus Kairo vorgelegt hatte! Er hatte sich etwas ganz Bestimmtes dabei gedacht, gleichgültig, ob ich ihn begriff oder nicht. Er, der nicht das Allergeringste von Kunst verstand, hatte mir in Beziehung auf die Yin einen geradezu bewundernswerten Wink gegeben. Und er, der sich stets mit so großem Stolz als Sejjid, also als Nachkomme Mohammeds, bezeichnet hatte und dem es geradezu gräßlich gewesen war, einen Heiden auch nur anzurühren; er wollte jetzt nicht nur sich, sondern dazu auch mich mit allen möglichen Andersgläubigen zusammenwerfen und hinterher noch dividieren lassen! Warum, wozu? Weil er endlich, endlich zu ahnen begann, daß sein sogenannter ‚wahrer‘ Glaube auch nichts anderes als eben nur eine Art des Glaubens ist.
    Eine ganze Fülle von Gedanken stürmte auf mich ein, und ich setzte mich ins Freie hinaus, auf den hohen Söller. Das weit vorspringende Dach beschattete ihn. Vor mir lag beinahe der ganze Ort, der Hafen und der Meeresarm. Jenseits desselben die Küste des Festlandes und der Landeplatz, hinter diesem die weiten, langsam ansteigenden Fluren und Felder, welche den bereits erwähnten dunkeln, sonderbar zacklinigen Bergen zustrebten, auf denen ich Raffley-Castle zu suchen hatte.
    Eben als ich mich draußen niedergesetzt hatte und mein Auge hinunter nach dem überaus belebten Hafen richtete, kam Sejjid Omar aus dem Haus und wandte sich nach dem bergabwärtsführenden Weg. Er hatte nichts zu tun und ging darum spazieren, um den interessanten Ort, an dem wir uns befanden, kennenzulernen. Von unten kam ein Chinese herauf, langsamen Schrittes, wie einer, der auch nur spazierengeht. Sie grüßten einander. Der Chinese blieb stehen und sprach auf Omar. Dieser antwortete. Es entwickelte sich zwischen ihnen ein Gespräch, infolgedessen der Chinese die bisherige Richtung seines Spazierganges aufgab; er drehte sich um und schritt mit Omar den Berg hinab. Aus seinen Handbewegungen schloß ich, daß er dem Araber die umliegende Gegend zeigte und erklärte. Weiter hatte diese Mann für mich kein Interesse – – – notabene für jetzt. Er sollte mir wichtiger werden, als ich dachte! Es fiel mir an ihm auf, daß er einen ganz eigenartig geformten Hut trug und daß kein Zopf bei ihm zu sehen war. Nach einiger Zeit hörte ich meine Tür drin gehen.
    „Charley!“ rief die Stimme des Governor.
    „Hier bin ich, auf dem Balkon“, rief ich.
    Er kam heraus.
    „Da sitzt Ihr also, da!“ sagte er. „In aller Seelenruhe! Während ich in meiner Seele ein ganzes Schock von Seestürmen zu erleben habe, alle zu gleicher Zeit, ganz auf einmal!“
    „Und dabei so außerordentlich gutes Wetter im Gesicht“, warf ich ein. „Ihr steht ja förmlich in Strahlen wie die Sonne!“
    „So? Wirklich?“ fragte er, indem

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