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31 - Und Friede auf Erden

31 - Und Friede auf Erden

Titel: 31 - Und Friede auf Erden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Am Nachmittag kam er mir da, wo die breite Hauptstraße der Eingeborenenstadt sich in zwei schmalere spaltet, in einer Rikscha entgegen. Als er mich sah, ließ er halten, stieg aus und verneigte sich, indem ich an ihm vorüberfuhr, so tief, daß ihm sein kleines, schwarzes Käppchen vom Kopf fiel. Hier, außerhalb der Heimat, trug er weder Hut noch Mandarinenknopf. Ein Glück für sein gesellschaftliches Gewissen, daß ich kein Chinese war, weil sonst in dieser, wenn auch unverschuldeten Entblößung seines Hauptes eine schier unverzeihliche Beleidigung für mich gelegen hätte!
    Warum aber diese Höflichkeit gegen mich, die nach europäischen Begriffen fast als übertrieben bezeichnet werden konnte? Warum vor mir extra aus dem Wagen steigen? Der Aufschluß hierüber sollte mir später werden.
    Es war ihm und mir ein schnelleres Wiedersehen bestimmt, als er wohl ebenso wie ich gedacht hatte. Nämlich als ich dann am Abend in Colombo auf mein Zimmer kam, lagen die inzwischen eingegangenen Briefe da, unter ihnen einer, dessen Inhalt mich bestimmte, die von mir geplante Reiseroute dadurch zu verlängern, daß ich ihr die Strecke Ceylon-Sumatra einfügte, und diese Fahrt mußte möglichst sofort, mit dem nächsten Schiff, unternommen werden. Auf Befragen erfuhr ich, daß heute ein deutscher Lloyddampfer nach Singapore abgegangen, übermorgen aber ein Österreicher fällig sei, welcher auch in Penang anlege. Ich beschloß, auf diesem Passage zu nehmen.
    Am nächsten Tag teilte ich meinem Sejjid Omar diesen Entschluß mit, sagte ihm, wie weit Sumatra von Ceylon liege und um welche Zeit unsere Reise verlängert werde, und fragte ihn, ob er mitfahren wolle; wenn nicht, so könne er heimkehren; die Seereise nach Suez würde ich ihm natürlich bezahlen und auch das Gehalt für die Zeit bis zu seiner Ankunft in Kairo. Da antwortete er:
    „Sihdi, tu mir das nicht an, daß ich dich verlassen soll! Ich gehe mit dir durch die ganze Welt! Nur bitte ich dich um fünf Pfund, die ich meinem Vater schicken will.“
    „Ja, weißt du denn, wieviel ich dir schuldig bin?“
    „Nichts bist du mir schuldig, gar nichts. Ich merke mir auch nichts, denn du bist kein falscher, sondern ein richtiger Christ und wirst mich nicht betrügen.“
    Ich muß nämlich bemerken, daß er nur dann einmal Geld von mir forderte, wenn er welches nach Hause schicken wollte. Ich hatte schon öfters mit ihm abgerechnet und ihm seinen Lohn vorgezählt; aber sobald er die vielen Goldstücke liegen sah, bekam er Angst und bat mich, sie ihm aufzuheben. Er bekam pro Tag fünf Mark, und da ich kein Pfennigfuchser bin, so brauchte er fast gar nichts für sich auszugeben und konnte den ganzen Lohn sparen. War ich ja einmal mit ihm unzufrieden, so konnte ich ihn nicht härter strafen als dadurch, daß ich ihm sein Geld hinlegte. Der Angstschweiß trat ihm sofort auf die Stirn, und ich werde nie vergessen, mit welcher Miene er bei unserer Trennung über zweitausend Frank in Goldstücken in sein Taschentuch einknotete.
    „O Sihdi“, sagte er. „Nimm es wieder; ich schenke es dir; aber laß mich bei dir bleiben!“
    Diese Liebe war ja später durch unser langes Beisammensein erklärlich; aber er hatte sie mir gleich vom ersten Augenblick an gezeigt, ohne daß ich den Grund entdecken konnte. Hier in Colombo erfuhr ich ihn endlich. Nämlich die Postanweisung an seinen Vater mußte englisch geschrieben werden, und da er das nicht konnte, so tat ich es für ihn. Dann gab ich ihm die fünf Pfund und machte ihm die Bemerkung, daß seine Fürsorge für den Vater mich stets sehr gefreut habe. Da drückte und drückte es in ihm so lange, bis es herauskam:
    „Sihdi, ich muß dir etwas von ihm sagen. Er kennt dich; ja, er kennt dich ganz genau, obgleich er dich nie gesehen hat.“
    „Wie soll er mich da kennen?“
    „Das ist es eben, was ich dir sagen will. In Kairo gibt es zahllose Blinde. Sei aufrichtig: bist du einmal an einem von ihnen vorübergegangen, ohne ihm etwas zu schenken?“
    „Nein; das ist meine Eigenheit.“
    „Aber eine Eigenheit, für welche unser Islam sehr gute Augen und ein dankbares Herz hat. Sein Hauptgebot ist, Almosen geben, und wenn ein Christ so oft und so gern gibt wie du, ohne sich darum zu kümmern, daß der Empfänger anderen Glaubens ist, so wird er in der kürzesten Zeit bekannt, obgleich er das nicht bemerkt. Schon einige Tage nach deiner Ankunft im Hotel Continental warst du von der Scharia el Faggala bis zum Medan Abdin und vom Kantaret el

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