310 - Auf gewagtem Kurs
Niemand hatte damit rechnen können, dass sie mit der Zündung einer Atombombenkette ihr lebendes »Raumschiff« reaktivieren wollten – den Wandler. Ohne es zu wollen, hatte der Gedankenimpuls seines Erwachens nicht nur einen weltweiten EMP ausgelöst, einen elektromagnetischen Impuls, der über anderthalb Jahre hinweg sämtliche Technik blockierte, sondern auch den Telepathenzirkel mit voller Wucht getroffen und ausgebrannt. Nur Aruula hatte damals überlebt, weil sie auf der Jagd gewesen war, um Nahrung für ihre Schwestern zu besorgen.
Diesmal aber lag der Fall anders. Die Telepathinnen wären sich der Gefahr bewusst gewesen und hätten die Verbindung im Notfall abbrechen können.
Hätte, könnte, wäre... Matt war enttäuscht. Doch im Grunde verstand er Juneeda ja. Nicht nur, dass es gefährlich war; sie hätte auch gegen den Willen ihrer Königin gehandelt. Trotzdem enttäuschte ihn die Absage. Sollte er wirklich unverrichteter Dinge zum Südpol zurückfliegen? Erneut mit Aruula zu sprechen, hatte wohl wenig Aussicht auf Erfolg.
Tumaara drehte sich um und legte den Kopf schief. Während Matt noch nichts hören konnte, meinte sie: »Da kommt Arjeela.«
Er kniff die Augen zusammen und erkannte die Kriegerin, die sich durch die Abenddämmerung bewegte. Der Sand knirschte leise unter ihren Stiefeln, als sie sich ihnen zwischen nachtschwarzen Trümmerstücken und verkrüppelten Bäumen näherte.
»Sie hat das Schwert dabei«, flüsterte Tumaara. »Zumindest diese Aktion war also erfolgreich.«
Matt entspannte sich ein wenig. Ganz mit leeren Händen würde er also nicht zurückkehren, auch wenn Aikos Speicherkristall natürlich kein Ersatz war für weitere Erkenntnisse über den Streiter. Er trat Arjeela entgegen. Die Kriegerin senkte den Kopf. In ihrem Blick lag etwas Lauerndes.
»Ich danke dir«, sagte Matt leise. »Der Kristall bedeutet mir viel.« Er streckte den Arm aus.
»Du bekommst ihn nur mit dem Schwert«, sagte die Kriegerin und hob die Waffe an.
Seltsam – was meint sie damit? Natürlich muss ich ihn erst aus dem Griff lösen...
» Arjeela«, zischte Tumaara. »Nicht so laut. Denk an das Lager.«
Arjeela reagierte nicht auf die Rüge. In einer flüssigen Bewegung holte sie aus und führte die Waffe in diagonaler Linie gegen Matts Hals.
Der stieß einen überraschten Laut aus und wich zurück, gerade weit genug, um nicht den Kopf zu verlieren. Sein Herz übersprang einen Schlag, als er blanken Hass in den Augen der Kriegerin sah. Was war mit Arjeela geschehen? Sie war nicht mehr sie selbst!
Ein zweiter Schlag, der ihn wieder nur knapp verfehlte. Adrenalin jagte durch Matts Adern. Reflexartig griff er zum Holster mit dem Driller.
»Arjeela!« Tumaara stürzte vor und fiel der Jüngeren in den Arm. »Bist du wahnsinnig geworden?«
Als wollte sie die Frage mit einer Tat beantworten, riss Arjeela sich los, brachte den Schwertknauf hoch und rammte ihn Tumaara mit brutaler Härte unter das Kinn. Die Kriegerin taumelte zurück.
Mit eisigem Schrecken sah Matt, wie die Jüngere nachsetzte und die Breitseite der Klinge in Tumaaras Gesicht krachen ließ. Blut spritzte aus der gebrochenen Nase. Eine hässliche breite Schürfwunde entstand auf der Stirn. Mit einem dumpfen Ächzen sackte Tumaara in sich zusammen. Arjeela trat achtlos von ihr fort. Und dann, wie nebenbei, sauste das Schwert noch einmal auf Tumaara nieder.
Matt konnte nicht feststellen, wie schwer sie verletzt war. Fassungslos sah er, wie Arjeela sich nun wieder ihm zuwandte, ganz offensichtlich, um zu beenden, was sie begonnen hatte. Aruulas Waffe wirbelte um ihre Schwerthand, als sie mit flirrender Klinge auf ihn zustapfte. Fast sah es aus, als würde der Kristall im Knauf eine leuchtende Spur durch die Dunkelheit ziehen.
Matts Gedanken überschlugen sich. Er begriff überhaupt nichts mehr. Was hatte Arjeelas Veränderung ausgelöst? Hatte Aruula ihr aufgetragen, ihn zu töten, und Tumaara noch dazu? Nein, unmöglich! Aber was war es dann?
Der Driller in seiner Hand zitterte, als er ihn anhob. Er wollte nicht schießen. Nicht auf die lebenslustige Arjeela, die ihn schon oft zum Lächeln gebracht hatte. Doch er hatte keine andere Waffe zur Verfügung, und die Klinge des Schwertes konnte er nicht mit bloßen Händen abwehren.
»Arjeela, komm zu dir!«, herrschte er sie an.
Die junge Kriegerin stapfte auf ihn zu wie bei eine Maschine. Erneut riss die das Schwert ruckartig nach oben. »Du wirst sterben, Drax!«, zischte sie.
Das war
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