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313

313

Titel: 313 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Tewaag
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komme ich allein keine zehn Meter weit, jede Tür ist abgesperrt. Dieses freie Bewegen, mal über den Hof latschen, zur Telefonzelle, wie ich das im Regelvollzug hatte, gibt es hier nicht mehr.
    Die Kammer liegt im Keller und ist das Kleinformat von der, die ich schon von drüben kenne. Hinterm Tresen lungern ein Beamter und zwei Gefangene ab, ich erkenne sofort, dass es Gefangene sind. Sie tragen diese grauen Hosen und weinroten T-Shirts, wie der Typ, mit dem ich zur Untersuchung im Frauenknast war, und grinsen mich an. Der eine ist Mitte fünfzig, ziemlich stabil, Vollbart, der andere Mitte dreißig und voll auftrainiert, ein Überüberschrank.
    Die so pförtnermäßig: »Guten Tag im Haus A.«
    Und ich, fast einen Tick zu leise: »Ja, hallo.«
    »Wie haste denn das geschafft?
    »Was geschafft?«
    »Na, du kommst doch aus dem Regelvollzug.«
    Okay, alles klar, die wissen Bescheid. Das war schon im Regelvollzug so. Die Kammerleute sind wie die Zeitung, die erfahren als Erste, wenn’s Neuzugänge gibt. Darum werden die nach der Schicht auch sofort gefragt: Was ist heute gekommen? Zwei Junkies, ein Hells Angel, ein Bankertyp. Die sehen ganz genau, was hat der Junge dabei, kommt der bloß mit ’ner Dose Tabak an oder trägt der ’nen Gucci-Anzug, hat ’n Versace-Kopfkissen dabei und ’ne Uhr für sechzigtausend Euro ums Handgelenk. Die machen sich ein Bild, wie deine Verhältnisse sind, und was sie dann noch nicht wissen, erfahren sie von ihrem Kammerbeamten: Hier, Neuzugang, der Stein, ist das nicht der blablabla, und der kommt jetzt zu uns blablabla, das wird lustig.
    Ich bin also erst mal misstrauisch, logisch, und meine so: »Ich weiß selber nicht, wie ich hier gelandet bin.«
    Aber die gleich so abfällig: »Ja, nee, schon klar. Wir wissen auch nicht, warum wir hier sind.«
    Da mischt sich auch schon der Kammerbeamte ein, der faul in der Ecke gesessen hat, und meint, sie hätten zwar meine ganze Habe von drüben in Kartons bekommen, aber sie hätten keine Lust, das jetzt alles auseinanderzuklauben. Ich krieg erst mal nur das Nötigste, für den Rest muss ich Anliegen schreiben, das würde ich ja kennen. Ich bitte um den Tabak, die Fotos von meiner Freundin und frag nach dem Wecker wegen der Zählung.
    Da meint er: »Bei uns wird nicht gezählt. Da guckt früh nur der Beamte vorbei, ob alle leben, und dann passt das.«
    Ich total einverstanden: »Okay.«
    Darauf er ganz trocken: »Jetzt ist noch Ausziehen angesagt.«
    Ich so: »Was?«
    »Oder haben Sie noch was in den Taschen?«
    »Nee. Mir wurde alles abgenommen.«
    »Ja, dann einfach mal komplett blankziehen.«
    Ein Gefangener gibt mir einen weißen Kleidersack, in den ich meine Anziehsachen stecken soll, und ich mach mich vollständig nackig. Danach kommt ein Siegel um den Sack, mit Datum und Nummer. Alles, was auf die Kammer geht, wird versiegelt, selbst die kleinste Box, damit keiner dein Zeug plündert. Der Gefangene nimmt mir den Kleidersack ab und hängt ihn in die Reihe zu den vielleicht zweihundert anderen Säcken. Der Kammerbeamte steht die ganze Zeit bloß dabei und macht rein gar nichts, er trägt nichts, er sortiert nichts, er delegiert nur.
    Ich kriege die neuen Anstaltsklamotten auf den Tresen geknallt. Fünf rote T-Shirts, zwei rote Pullis, ein grauer, sozusagen schicker Pulli mit spitzem Ausschnitt, eine graue Hose, stofftechnisch nicht zuzuordnen, jedenfalls keine Jeans, eher ein billiger Leinenstoff und vom Schnitt her super behindert. Kein bisschen Passform. Dazu eine Jogginghose, die eigentlich ganz gut sitzt. Insgesamt aber alles Sachen, die du in diesen Läden findest, wo jedes Teil höchstens drei Euro kostet.
    Die Winterjacke, die sie mir geben, ist auch grau, hat auf den Schultern aber neongelbe Abnäher in Leuchtfarbe. Keine Ahnung, ob das Absicht ist, falls du in der Nacht abhaust, dass sie dann gleich wissen, wo dein Kopf ist, um drauf zu schießen oder sonst irgendwas. Mit der Jacke leuchtest du jedenfalls hinter allen Hecken vor.
    Zum Schluss gibt’s noch einen Pyjama in Babyblau, wie bei Kleinkindern, so voll süß, supergeil, dazu Laken, Kopfkissen, Bettbezug, alles in Weiß. Besteck, Geschirr, Löffel, Messer, Gabel, eine Tupper-Box, zwei Teller, Unterteller, Kaffeetasse und noch so ein Brettchen, wo man drauf schneiden kann, das aber eher ein Holzstück ist. Die Utensilien, die dir da ausgehändigt werden, sehen alle so beschissen aus, das würdest du dir selber niemals kaufen. Das ist nicht einmal Retro, das ist einfach

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