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313

313

Titel: 313 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Tewaag
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bisschen lustiger wird, macht total high.
    Andi ganz ernst: »Jetzt dreh nicht gleich durch, Dicker.«
    Wir setzen uns auf seine gemütliche Zelle. Er macht Kaffee, dieses Pulverzeug zum Einrühren, aber immerhin, und dann bekomme ich die zweite Einweisung des Tages: Thema Drogen.
    Grundsätzlich kannst du im Knast natürlich alles bekommen, wie draußen auch, es kostet nur ein paar Mark mehr. Alkohol kriegst du von Leuten, die drin ’nen Fiffi ansetzen, so heißt das, wenn sie Marmelade mit Brot vergären. Tabletten, mit denen du dich wegschießen kannst, holst du dir von den Leuten, die ’ne Krankheit vortäuschen, z. B. simulieren die einen Bandscheibenvorfall und lassen sich echt hartes Zeug verschreiben, um das zu verkaufen. Das ist eine Sache, die ist im Knast sehr, sehr beliebt. Die Medikamente werden zwar in der Zentrale ausgegeben und müssen auch dort genommen werden, aber da schaut denen keiner in den Mund, ob sie das Zeug auch runterschlucken. Heroin und Koks kriegst du auch, ohne dass mir der Andi verraten würde, wie das reinkommt, er nimmt es auch nicht, weil es dich aggressiv macht, das ist beim Kiffen ja nicht so. Das entspannt dich einfach nur. Kiffen im Knast versteh ich absolut.
    »Aber wenn sie dich erwischen?«, frag ich so auf blöd.
    »Sollten sie besser nicht«, sagt Andi. »Das schiebt deinen Freigang nämlich ganz klar nach hinten.«
    Es kann dir rund um die Uhr passieren, dass du in ’ne Urinkontrolle musst, so was sagen die dir selbstverständlich nicht vorher an, also musst du gucken, dass du entwässerst. Der Abu zum Beispiel trinkt acht, neun Liter am Tag, der säuft wie ein Kamel, der würde bei einer Kontrolle nur noch Wasser pissen. Sein einziges Problem ist, den Morgenurin loszuwerden, denn der wäre ja randvoll mit THC . Also pinkelt er in eine Flasche und kippt sie heimlich aus dem Fenster, trinkt einen Liter auf ex, pisst, schüttet das wieder raus und trinkt noch mal. Der fährt den ganzen Tag nur auf Wasser, dass sich in der Blase gar nichts bilden kann.
    Seit der Abu hier ist, hat er eine negative Urinkontrolle nach der anderen abgegeben. Einmal haben sie ihn ganz früh geholt, da hat er halt einfach partout behauptet, er muss nicht pinkeln. Die Beamten haben ’ne Krise gekriegt. Sie haben ihn zwei Stunden lang eingesperrt und meinten, irgendwann wird er pissen müssen. Der Abu dachte, er explodiert. Natürlich musste der pissen. Aber stattdessen sagt er ihnen, ob er sich denn nicht in seine Zelle legen kann, und wenn er muss, kommt er halt zu denen. Sie haben dann noch ’ne halbe Stunde gewartet, in welcher der Abu fast verreckt wäre. Er hat schon überlegt, ob er seine Pisse nicht irgendwie trinken kann. Aber da haben sie ihn rausgelassen, er ist aus der Zelle, und während er unten noch in die Flasche gepisst hat, hat er sich oben schon absurde Mengen Wasser reingehauen.
    Andi erzählt mir das alles ganz beiläufig, als ob das eben der Preis ist, wenn du im Knast kiffen willst. Aber ich krieg mich vor Lachen überhaupt nicht mehr ein und muss die ganze Zeit denken, Wahnsinn, wie wir hier sitzen, was er da redet, das könntest du eins zu eins als Dauerschleife im Fernsehen übertragen.
    »Aber wie raucht der denn?«, frag ich. »Ich mein, das riecht man doch.«
    »Durch ’n nasses Handtuch«, sagt Andi.
    Und ich: »Wie geht das denn?«
    Und er: »Is’ super kompliziert.«
    Dann geht auf einmal die Zellentür auf und Abu ist wieder da. Er hat ’ne randvolle Pall-Mall-Box in der Hand. Damit ist der an den Beamten vorbei. Er geht ohne Box hoch und kommt mit Box runter. Das ist ganz klar Handel, das geht eigentlich überhaupt nicht, aber der Abu hat ja nicht nur den Tabak dabei, sondern auch noch zwei halbe Grillhähnchen, vakuumverpackt. Draußen eigentlich was ganz Widerliches, hier drin Feinkost.
    »Brauchst du noch was?«, fragt der Abu und grinst.
    Ich sag, dass ich ihm die Dose sofort zurückgebe, sobald ich mein Paket hab, und ob er irgendwie Zinsen nimmt oder sonst irgendwas. Aber er meint, er muss hier keine Geschäfte machen.
    »Jetzt komm erst mal an und rauch dir eine«, sagt er.
    Dann schlendert er in die Gemeinschaftsküche, um dem Andi und sich und vielleicht sogar mir die beiden Hähnchen in den Ofen zu legen. Das wär dann fast wie bei Dragan und Miro, nur eben mit Hähnchen statt Pizza. Ich bin absolut sprachlos.

10
    In den paar Wochen, die ich jetzt im Geschlossenen sitze, bin ich einmal mit allem durch, worauf ich warten kann. Jeden Tag warte ich

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