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313

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Titel: 313 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Tewaag
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richtig viel Zeit gemacht hat. Der Junge hat schon viermal Weihnachten hinter Gittern gefeiert. Ich bin grad erst angekommen und mir geht’s dreckig, aber der kann das offenbar, der hat Ahnung von Zeit. Dafür empfindest du sofort nur noch Respekt und Ehrfurcht, weil das nämlich was mit Können zu tun hat. Die Leute draußen denken, was soll er anderes machen, er muss ja sitzen. Aber das stimmt nicht. Es gibt eine Menge Leute, die sitzen und machen eben nicht mehr so ’ne Figur. Er hat eine komplett aufgeräumte Zelle, er trainiert, hört Musik und macht einen völlig entspannten Eindruck. Der hat keinen Hospitalismus, der zerkratzt keine Wände, der schreit nicht aggressiv in der Gegend rum. Der freut sich grade wirklich, dass er hier ist und nicht in Atzleben. Das ist überhaupt nicht aufgesetzt bei dem, sondern total echt.
    Ich erzähl ihm kurz meine Geschichte, lass nur das Selbstmitleid weg und versuch mich so tough wie möglich zu verkaufen. Vor allem gegenüber Atzlebenern ist es mir wichtig, schnell zu artikulieren, wie viel Strafe ich hab und dass mein Vollzug echt beschissen läuft, damit die nicht denken, ich mogel mich hier irgendwie durch oder war zu blöd für den Regelvollzug. Den Andi interessiert wahnsinnig, wie es drüben ist, er sitzt auch das erste Mal und kennt sich mit dem Regelvollzug noch nicht aus, aber das wird ja irgendwann mal seine nächste Station werden. Da freut es mich, dass ich jetzt mal was beitragen kann.
    Ich schwärm ihm so vor: »Als Freigänger kannst du jeden Tag sechs Kilo Essen mit reinnehmen.«
    Er voll überrascht: »Was, echt?«
    Und ich so: »Ey, Mann, ich hab da drüben abends schön Pizza gegessen und Cola aus Dosen getrunken.«
    Und er: »Ist nicht wahr!«
    Und ich so zerknirscht: »Das ist ja das Schlimme.«
    Und er: »Aber das ist doch voll geil.«
    Und ich: »Eben, und da war ich gerade noch.«
    Wir müssen beide lachen. Was ich absitzen muss, ist zwar nur ein Witz im Vergleich zu dem, was der Andi hat. Aber wie ein Krimineller komm ich ihm sicher nicht vor, und für ’nen Unkriminellen ist das auf jeden Fall schon ein Brett. Das heißt, der Andi zieht vielleicht nicht den Hut, aber das ist ’ne Zeitspanne, die ist bereits unangenehm, da bekommt man ein Ziepen auf der Kopfhaut, völlig klar. Er meint, das sei für ihn schon absurd, dass einer, der sich freiwillig gestellt hat, am Ende im Geschlossenen sitzt.
    »Hab ich jedenfalls noch nie gehört«, sagt der Andi.
    Er ist keiner, der sich wie ich in den Knast gemeldet hat, den mussten die Bullen schon holen. Aber als er jetzt von Atzleben herkommen musste, da haben sie ihn mit seiner Freundin fahren lassen, sie hat ihn sozusagen von einem Knast zum anderen gebracht, ganz ohne Beamte. Das war ein erster Test, ob so was mit ihm überhaupt möglich ist. Ich denk, das gibt’s doch nicht. Den Schwerverbrecher lassen sie vier Stunden mit seiner Freundin draußen rumgondeln und mich bringen sie in Handschellen.
    Ich mein so: »Ziemlich krasser Test, wenn du mich fragst.«
    Und er: »Ja, aber ich will die Sache hier einfach nur rumbringen, ich hab keinen Bock mehr, also von daher.«
    Er hätte aber trotzdem an jeder Ampel zu seiner Freundin gesagt, so, und jetzt rechts und Vollgas! Aber sie meinte: Nein, wir ziehen das durch. Sie war, bevor er in den Knast ging, eigentlich nur so ’ne Affäre, aber über die Haftzeit und das Briefeschreiben sind sie so richtig zusammengekommen, und dann erzählt er mir von seiner Freundin, was mich freut, weil das für ein erstes Gespräch schon ziemlich viel ist, so über die Freundin zu reden.
    In den nächsten Tagen gehe ich nachmittags immer wieder zu Andi rüber, zumindest bis sein Zellenkumpel von der Arbeit kommt. Er heißt Abu und ist bis vier Uhr nachmittags in der Werkstatt, wo sie so Körbe für Regenrinnen flechten, damit das Laub nicht die Rohre verstopft, die totale Scheißarbeit, aber gut bezahlt. Du darfst ja sowieso kein Bargeld haben im Knast. Du hast nur dieses Gefangenenkonto, da drauf darf von draußen überwiesen werden, den Rest musst du drinnen erwirtschaften. Dann kannst du für maximal zweihundert Euro im Monat am Knasteinkauf teilnehmen. Alle zwei Wochen bekommst du ’ne Liste, fünf oder sechs Seiten, auf der alles draufsteht, von der Zeitschrift angefangen über Spaghetti, Tomatensoße, Pizza, Thunfisch mit Öl, ohne Öl und so weiter. Wenn du kein Geld hast, musst du fressen, was dir der Knast anbietet, so wie die Geldstrafen, die immer von Zelle zu

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