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32 - Der Blaurote Methusalem

32 - Der Blaurote Methusalem

Titel: 32 - Der Blaurote Methusalem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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vermochten nicht zu begreifen, wie die Ruderer bei ihrer schweren Arbeit auszuhalten vermochten. Diese Leute waren bei ihrer schmalen Reiskost fast ohne Unterbrechung Tag und Nacht tätig. Nur in Ing-te gab es einen halbtägigen Aufenthalt, den die Reisenden dazu benützten, sich in der Stadt umzusehen. Sie kehrten aber sehr bald wieder nach dem Schiff zurück, da die Belästigung durch die Bewohner eine ganz ungewöhnliche war. Man hatte hier noch niemals fremd gekleidete Leute gesehen, und kaum waren die Passagiere an das Land gestiegen, so sahen sie sich von einer Menschenmenge umgeben, welche sich von Minute zu Minute in der Weise vergrößerte, daß schließlich anzunehmen war, es sei im ganzen Ort kein Mensch daheim geblieben.
    Diese Leute verhielten sich nicht etwa feindselig, o nein; die Fremden wurden von ihnen mit außerordentlicher Hochachtung behandelt. Alle Köpfe und Rücken beugten sich vor ihnen; aber das Gedränge wurde schließlich so arg, daß an ein Fortkommen gar nicht zu denken war; man blieb geradezu stecken, und die Rückkehr konnte nur Schritt um Schritt in höchster Langsamkeit bewerkstelligt werden.
    Am fünften Tag gegen Abend wurde Schao-tscheu, eine Stadt zweiten Ranges, erreicht, welche am Südfuß des Nan-ling-Gebirges liegt, da, wo dasselbe in den Ta-yü-ling übergeht. Von da aus war der Fluß für den Tausendfuß nicht mehr schiffbar, und es mußte also von der Dschunke Abstand genommen werden.
    Die Behandlung war eine sehr ehrfurchtsvolle und die Beköstigung eine ausgezeichnete gewesen. Die Reisenden wollten darum dankbar sein und boten dem Ho-tschang ein entsprechendes Geldgeschenk an. Er wies es aber zurück, indem er sich auf den strengen Befehl des Ho-po-so, kein Geschenk anzunehmen, berief. Er versicherte, daß dieser ihn bereits im voraus reichlich belohnt habe, und so verteilte der Methusalem die Summe unter die Matrosen, Soldaten und Ruderer. Obgleich jeder nach unsern Begriffen nur eine Kleinigkeit erhielt, waren diese anspruchslosen Leute über dieses unerwartete Kom-tscha so erfreut, daß sie sich an den Spender drängten, um ihm den Saum seines Studentenrocks zu küssen.
    Der Methusalem erkundigte sich nach dem höchsten Beamten der Stadt. Dieser war ein Mandarin der fünften Klasse, in welche die Bürgermeister der Städte zweiten Ranges, die kaiserlichen Leibärzte, kaiserlichen Astronomen und alle Beamten gehören, welche zum Tragen der kristallenen Kugel auf der Mütze berechtigt sind. Er wollte sich direkt zu diesem tragen lassen und mietete zu diesem Zweck die nötige Anzahl von Sänften.
    Die Stadt war ein kleines Abbild von Kanton, nur daß der Fluß hier kleiner war und die Umgegend eine bergige war. Es gab da ganz dieselbe Straßeneinrichtung, dieselben Häuser und Läden und – dieselbe neugierige Bevölkerung.
    Die Träger hielten vor einem palastähnlichen Gebäude, doch stiegen die Reisenden nicht aus. Da der Methusalem sich in dem Besitz eines besondern kaiserlichen Kuan befand, so wäre es gegen seine Würde gewesen, den Mandarin aufzusuchen. Liang-ssi wurde beordert, sich zu demselben zu begeben, um ihm die Ankunft so hoher Gäste zu melden. Er nahm den Kuan mit, um ihn dem Beamten vorzuzeigen.
    Glücklicherweise befand sich derselbe zu Hause. Er kam herbeigeeilt, um die Angemeldeten mit unterwürfiger Höflichkeit zu begrüßen und ihnen sich und sein Haus zur Verfügung zu stellen.
    Wie aber erstaunte er, als sie aus den Palankins stiegen! Ein so wie der Methusalem gekleideter Mensch schien ihm ein wahres Weltwunder zu sein. Er zog die Brauen so hoch, daß sie unter dem Rand seiner Mütze völlig verschwanden, und seine Züge kamen in eine geradezu unbeschreibliche Bewegung. Man sah es ihm an, daß er vor Erstaunen laut aufgeschrien hätte, wenn dies mit der gebotenen Hochachtung vereinbar gewesen wäre.
    Ebenso erging es den zahlreichen Bediensteten, welche mit ihm erschienen waren, jetzt hinter ihm standen und, die Köpfe tief zur Erde geneigt, sich leise Bemerkungen zuflüsterten.
    „Na“, meinte der Gottfried in deutscher Sprache, „die sind mal janz paff über uns. Soll ich vielleicht die Pipe anbrennen, jeehrtester Methusalem? Jestopft ist sie schon.“
    „Ja, brenne sie an“, antwortete der Gefragte. „Es ist zwar gegen die hiesige Sitte, aber gerade das dürfte die Hochachtung vergrößern, welche wir uns wünschen müssen.“
    Der Gottfried machte Feuer, und der Methusalem nahm die Schlauchspitze in den Mund und zog aus

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