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328 - Flucht aus dem Sanktuarium

328 - Flucht aus dem Sanktuarium

Titel: 328 - Flucht aus dem Sanktuarium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia Zorn
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Dorfbewohnern hinaus aufs Meer, um den Göttern zu opfern«, ereiferte er sich. »Einhundertfünfundfünfzig Menschen trugen diese Flöße. Jahrein, jahraus. Bis der Gouverneur die Opferzeremonie verboten hat. Erinnere dich, alter Mann!«
    Pablo senkte betroffen sein Haupt. »Jah Mon. Verzeih. Mein Gedächtnis lässt von Tag zu Tag mehr nach.«
    »So ist es. Du bist alt, Pablo. Und dein Erinnerungsvermögen hat mehr Löcher als mein Fischernetz.« Juan wandte sich wieder der Kontrolle der Knoten zu, als wäre nichts geschehen. Nach einer Weile war das Werk vollbracht und die Rastaffs schoben die Holzinseln ins Wasser.
    Plötzlich tauchte Carlos auf. Eigentlich hatte sich der rothaarige Rastaffs bis zum Abend in der Stadt aufhalten sollen, um mit seinem Freund Pedró die Schnellboote lahmzulegen. Was war passiert? Wo war Pedró? Alarmiert blickten die anderen ihn an.
    Außer Atem und bleich wie der Tod verharrte Carlos am Ufer. Dann begann er mit brüchiger Stimme vom nahenden Mondbrocken und der drohenden Flutwelle zu berichten. Auch davon, dass das Lager mittels der Schnellboote evakuiert werden sollte. »Doch während der ahnungslose Pedró als Fahrer irgendwo in der Stadt unterwegs ist, habe ich im Hafen mitbekommen, dass die Boote anderweitig genutzt werden. Niemand wird kommen!«
    Der Schock war groß und minutenlang riefen alle durcheinander. Sie bestürmten Carlos mit Fragen nach der Flutwelle, stießen wilde Verwünschungen gegen den verhassten Regenten aus und rauften sich die Haare. Wie nur sollten sie der Katastrophe entkommen?
    Schließlich war es wieder der alte Juan, der Ruhe in das Chaos brachte. »So schlimm die Umstände auch sein mögen, erleichtern sie doch die geplante Rettungsaktion. Wenn Juliano Dorgecà damit beschäftigt ist, seine Scherflein ins Trockene zu bringen, werden seine Schnellboote hier nicht auftauchen. Auch müssen wir keine Festung stürmen – die Leute sind auf den Feldern. Wir haben es also nur mit den Wächtern dort zu tun.«
    Es brauchte kaum noch weitere Worte, um die Rastaffs zu überzeugen. Während die Hälfte von ihnen sich aufmachte, um die Familien aus der Rastaff-Siedlung zu holen, blieben die anderen bei Juan.
    Der Fischer holte eine kleine Flöte aus seinem Gürtel und begann darauf zu blasen. Kurz darauf kräuselte sich die Wasseroberfläche. Darunter schäumte, sprudelte und gurgelte es. Glänzende graue Leiber mutierter Seekühe erschienen. Normalerweise hielten sich die Tiere in Küstennähe auf, doch diese hier kamen jedes Jahr den Flusslauf hinunter.
    Seine »kleinen Nixen« nannte Juan sie liebevoll. Wie er die Manutys an sich gewöhnt hatte, blieb sein Geheimnis. Jetzt begrüßte er seine Nixen, watete mit einigen der Rastaffs ins Wasser und legte den gerufenen Manutys das Ledergeschirr um.
    ***
    Sanktuarium, Ende Januar 2528
    Per Außenkamera beobachtete Laborchief Brown die Tierformationen, die Fort IV angriffen. Die inzwischen verlassenen anderen Forts blieben von den Angreifern unbehelligt, auch die streng bewachte Aufzugsstation. Nur Fort IV, in dem sich das wissenschaftliche Personal und die Truppe von Commander Frost aufhielten, war im Visier der Hohlkugelkreaturen.
    Spätestens jetzt kam auch Brown zu dem Schluss, dass das Ganze von irgendjemand gesteuert wurde. Doch von wem? Und warum? Und vor allem mit welchen Mitteln?
    »Das spielt doch im Augenblick überhaupt keine Rolle«, rief sein Assistent Smitty aufgeregt. »Haben Sie denn immer noch nicht verstanden? Nicht nur die Tiere drehen durch, sondern auch viele der Soldschers!«
    Tatsächlich spielten sich im Inneren der Forts schreckliche Dinge ab: Ohne Vorwarnung gingen einzelne Soldaten aufeinander los, schossen auf alles, was zwei Beine hatte. Viele Opfer waren bereits zu beklagen.
    Nur der Beherztheit von Commander Frost war es zu verdanken, dass es bis jetzt nicht noch mehr Tote gab: Er hatte die Wahnsinnigen überwältigen und in den Gefängnistrakt bringen lassen. Darüber hinaus erging der Befehl an alle, sich in der großen Halle vor dem Labortrakt zu sammeln, um sich so gegenseitig im Auge zu behalten. Sobald der Angriff der Echsen vorüber war, sollte die Evakuierung von Fort IV unverzüglich beginnen.
    »Auch wir sollen uns in der Halle einfinden.« Hektisch räumte Smitty seinen Schreibtisch, warf das Foto seiner Frau, den goldenen Kugelschreiber und einige Aufzeichnungen in seine Tasche und rannte zur Tür. »Kommen Sie schon, Brown!«
    Doch der Laborchief zögerte noch. Resigniert

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