33 - Am Stillen Ozean
Umbrella-pipe, wo ist die?“
„Auch fort.“
„Wohin?“
„Ich weiß es nicht!“
„Was? Du weißt es nicht? Wer sagt denn, daß sie geraubt ist?“
„Die Jungfrauen, welche entflohen sind.“
„Die Jungfrauen – ah, es ist doch wahr: wo irgendeine Teufelei los ist, da sind stets die Frauenzimmer im Spiel!“ Der Klemmer war ihm entfallen, er sah aus, als hätte er sein ganzes Vermögen und sein halbes Leben samt Raffley-Castle verloren. „Wem sind sie denn entflohen?“
„Den Räubern.“
„Nun ja, das versteht sich ja von selbst; aber wer waren diese Räuber?“
„Ein Chinese und zwölf Malayen.“
„Alle Wetter! Charley!“
„Sir John!“
„Seht Ihr's, daß ich meine Wette gewonnen hätte?“
„Allerdings, wie es scheint.“
„Es scheint nicht so, sondern es ist wirklich so, und nun geht mir eine ganz eigentümliche Ahnung auf. Erzähle ausführlich, Kaladi!“
„Ich lief“, berichtete dieser, „um den Korral und fragte nach Molama, bis ich hörte, daß sie mit vielen Mädchen in den Wald gegangen sei, um Blumen zu suchen. Weiter konnte ich nichts erfahren, bis ich vorhin an eine Stelle kam, wo viele Männer und Frauen klagend beieinander standen. Sie hielten zwei Jungfrauen umringt, welche erzählten, daß sie im Wald überfallen worden seien. Ihnen war es gelungen, zu entfliehen, die andern sind von Räubern fortgeschleppt worden. Molama war bei ihnen und hatte auch den Schirm bei sich. Sihdi, bringt sie mir wieder, und ich will Euch danken, so lang, als ich lebe!“
„Charley“, meinte der Engländer, ohne auf die letzte Bitte des Singhalesen zu antworten.
„Sir John.“
„Ihr habt gehört, was mir der Steuermann erzählte?“
„Allerdings.“
„Wißt Ihr, wer die Räuber sind?“
„Die Piraten, welche für sich Weiber suchen und auf einer einsamen Insel hausen.“
„So denke ich. Kann ich ihnen meine Umbrella-pipe lassen?“
„Ganz, wie Ihr wollt!“
„Fällt mir nicht ein! Es war von Anfang bestimmt, daß wir den Kiumbu-Oya hinabfahren wollten, und darum ist ein tragbares Boot zur Stelle. Kaladi, du sollst deine Molama wiedersehen!“
„Sihdi, Ihr seid …“
„Schon gut! Charley, verabschiedet Euch vom Gouverneur; in einer Stunde geht es fort! Mögen sie mit ihren Elefanten machen, was sie wollen, mir ist es gleich; aber meine Chair-and-umbrella-pipe muß ich wiederhaben, und wenn ich den Halunken nachsegeln sollte – dreimal rund um die Erde herum!“
Eine Piratenjagd
Wenn die gefangenen Elefanten die erste Nacht im Korral verbracht haben, so ist Ihr Widerstand gebrochen; sie sind erschöpft und still und voll Furcht und Staunen über alles, was sich um sie her zuträgt.
Die Feuer sind ausgegangen, und die Umzäunung ist eng umgeben von Knaben und Männern, welche mit Spießen und langen, weißgeschälten Ruten bewaffnet sind. Jetzt werden Vorbereitungen getroffen, die zahmen Elefanten in den Korral zu führen, um die gefangenen in Sicherheit zu bringen. Seile und Schlingen befinden sich in Bereitschaft, und weit getrennt von allen andern steht ein Trupp von dem verachteten Stamm, dessen Angehörige kein totes Tier anrühren dürfen und welchem daher das Geschäft zugewiesen wird, die dünnen, aber sehr festen und elastischen Seile für die Schlingen aus frischen Wild- und Büffelhäuten zu fertigen.
Wenn alles so weit ist, so werden die Pfosten, welche den Eingang verschließen, behutsam hinweggezogen und zwei gezähmte Elefanten geräuschlos hineingelassen, geritten von ihren Mahouts (Wärtern), die auf Ceylon Ponnekalla genannt werden. Jeder von ihnen trägt ein breites und starkes Halsband aus Geflecht von Kokosnußfaser, an welchem an beiden Seiten Seile von Elentierhaut mit fertigen Schlingen angebracht sind. Hinter diesen Elefanten schleichen sich die Kuruwi (Schlingenfänger) in die Umzäunung, begierig, den ersten Elefanten zu fesseln. Das ist eine Ehre, welche mit einer besonderen Belohnung bedacht wird.
Ist der zahme Elefant ein guter Lockelefant, so geht er, mit dem Mahout auf den Schultern und dem Schlingenfänger hinter sich, mit dem angenommenen Schein der größten Gleichgültigkeit vorwärts; wie müßig schlendert er in der Richtung nach den Gefangenen hin und macht dann und wann Halt, um ein Büschel Gras oder eine Handvoll Blätter abzurupfen. Wenn er sich der Herde nähert, so tritt der Leiter derselben näher und läßt seinen Rüssel in sanfter Untersuchung über den Kopf gleiten. Merkwürdig ist, daß dabei und
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