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33 - Am Stillen Ozean

33 - Am Stillen Ozean

Titel: 33 - Am Stillen Ozean Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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denn nicht, Sir?“ fragte ich höflich verwundert.
    Er wandte sich zu mir herum. Sein sonst so gutmütiges Gesicht glänzte vor Wut wie Zinnober, und seine Stimme donnerte förmlich, als er mir antwortete:
    „Was soll ich? Schießen soll ich? Wen doch? Doch wohl Euch? Schämt Euch, Charley, daß Ihr weniger Umsicht habt als so ein Tier! Diese braven Ziegen waren so verständig, mir grad in das Rohr zu segeln, und Ihr seid so unverständlich, hinter ihnen dreinzuspringen. Und dabei mutet mir der Mensch zu, daß ich losdrücken soll. Wenn ich Euch nun erschossen hätte, he!“
    „Mich erschossen?“ fragte ich, beinahe steif vor Erstaunen bei diesem Vorwurf. „Das ist ja ganz unmöglich, denn ich war ja volle zweihundertfünfzig Schritte hinter den Tieren.“
    „Tut nichts! Das muß ich verstehen! Ich bin ein alter erfahrener Mann, und Ihr seid noch jung. Laßt Euch ein Beispiel erzählen: Master Cornpush, den ich nicht leiden kann, kommt zu mir und sagt mir Dinge, die mich wütend machen. Ich nehme ihn und werfe ihn die obere Treppe hinab, oder vielmehr, will ihn nur die obere Treppe hinabwerfen; er aber ist so ungeschickt und stürzt alle beide Treppen hinunter und ich mußte eine schwere Menge Strafgelder zahlen. So ist es mir mit diesem unglücklichen Master Cornpush ergangen; warum kann es mit der Kugel nicht ganz dasselbe sein? Ich will bloß die Ziegen treffen, aber die Kugel will partout zu Euch hinüber, fliegt über die Ziegen hinweg und Euch in den Kopf – nun, was dann, he? Und Ihr fragt, warum ich nicht geschossen habe, statt daß Ihr mir dafür dankt, daß ich so geistesgegenwärtig war, Euch das Leben zu retten? Charley, das hätte ich nicht von Euch erwartet!“
    Ich gestehe, ich war vollständig verblüfft über diesen Vorwurf, welcher mit solchem Ernst und solcher Überzeugung vorgetragen wurde; auch wollte ich den Mann nicht noch mehr in Harnisch bringen und darum antwortete ich nur:
    „Aber warum schoßt Ihr denn nicht hinter den Ziegen her?“
    „Konnte ich, wenn dieser Henry- oder Harry- oder Parrystutzen nicht losgehen will? Ich habe gedrückt und gekniffen, gezogen und geschoben aus Leibeskräften – pshaw, er wollte einmal nicht! Hier habt Ihr Eure Schießröhre wieder! Wenn ich wieder einmal auf Ziegen gehe, so nehme ich mir eine Feueresse mit; von der weiß ich doch wenigstens, daß sie losgeht! Wo nehme ich nun meine sechs Tiere her, he?“
    „Hm, leider“, lachte ich; „sechs Ziegen auf zwei Schüsse!“
    „Charley, bringt mich nicht in Krawall! Her mit meiner Büchse! Habt Ihr etwas damit geschossen?“
    „Ja, zwei. Die eine ist tot, und die andere ging dort hinauf; sie ist verwundet und hat stark geschweißt.“
    „Ist das etwa zu verwundern?“ fragte er ingrimmig. „Wenn so ein armes Tier verwundet ist und einen solchen Berg hinauf muß, wird es doch wohl schwitzen dürfen!“
    Jetzt wurde aus meinem Lachen ein förmliches Gelächter. Das aber brachte ihn so in Harnisch, daß er mir die Büchse aus der Hand riß.
    „Charley, Ihr seid ein Barbar, ein vollständig gefühlloser Mensch; ich habe mit Euch nichts mehr zu schaffen. Segelt von Port Lloyd nach Canton, mit wem Ihr wollt, nur aber mit mir nicht!“
    Er warf mir den Bergstock vor die Füße und schritt mit einer Gebärde der höchsten Indignation fort. Ich ließ ihn laufen, denn ich wußte genau, daß er wiederkommen werde. Ich nahm also meinen Stock auf und stieg den Spuren der verwundeten Ziege nach. Gleich hinter der zu erklimmenden Höhe mußte die See liegen, wie ich von dem gegenüberliegenden Punkt der Talwand gesehen hatte. Fährte und Schweiß waren deutlich zu erkennen und führten mich nach einem schmalen Plateau, welches sich senkrecht nach der See abzustürzen schien. Hart am Rande desselben lag die Ziege. Sie war schwer getroffen und versuchte, sich zu erheben, als sie mich erblickte. Ich machte durch einen sichern Schuß ihrer Qual ein Ende.
    Kaum war der Knall verhallt, so war es mir, als ob ich tief unten einen Ruf vernähme. Ich legte mich nieder, bog den Kopf über den scharfen Rand des Felsens hinaus und blickte hinab. Ganz wie ich vermutet hatte, fiel die Felswand beinahe senkrecht zur Tiefe und bildete einen kleinen Halbkessel, welcher in seinem Hinterteil höchstens dreißig Fuß breit war, nach vorn, wo er von den Wogen der See bespült wurde, sich allmählich erweiterte und sich ringsum so streng abgeschlossen zeigte, daß ihn wohl noch nie ein lebendes Wesen betreten hatte. Von oben war

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