33 - Die Werwölfe von Kregen
Katastrophe reißen konnten. Aber was sollte ich sagen? Die Goldsilberlegierung hatte nichts genützt – doch welches andere Mittel gab es, gegen das Böse vorzugehen, das uns umschlich und das unsichtbar blieb, bis der Augenblick des Todes herangerückt war?
»Hört zu, Gefährten«, sagte ich und sprach dabei nicht viel lauter als sonst. Wie üblich macht sich dabei meine Stimme bemerkbar wie ein alter rostiger, kiesgefüllter Eimer, der über einen Felshang geschleift wird. Die Männer verstummten sofort. »Der böse Einfluß, der uns hier in Vondium heimsucht, ist lediglich ein Übel. Man wird Wege und Methoden entwickeln, es zu vernichten. Die Weisen, die Zauberer – sie werden etwas finden. Die Priester werden uns Kraft schenken. Ich fordere euch nicht auf, mutig zu sein, denn das seid ihr bereits, wie ich genau weiß, denn haben wir nicht schon auf manchem Schlachtfeld Schulter an Schulter gestanden? Haltet zusammen, wandert nicht allein herum. Ich sage euch eins – es gibt keine mächtigeren Zauberer als die Zauberer aus Loh, die uns nachdrücklich unterstützen und beraten. Tod dem Ganchark!«
»Aye!« brüllten sie. »Tod dem Ganchark!«
Ich fühlte mich nicht sonderlich großartig, als ich nach diesen Ereignissen Deb-Lu-Quienyin aufsuchte, um mit ihm zu sprechen. Wenerl der Leichtfüßige rief uns nach: »Hai, Majister! Hai Jikai, Dray Prescot!«
Wie gesagt, ich fühlte mich alles andere als großartig.
Wenerl war Kampeon, ein erfahrener Kämpfer der 1SWH. Seine Brust zierten drei Bobs, drei Medaillen, von denen jede eine tapfere Tat dokumentierte. Er war Shiv-Deldar und kannte sein Geschäft. An diesem Abend war seine Freizeit auf das unangenehmste unterbrochen worden, und ich fragte mich ein zweitesmal, ob der Werwolfangriff ihn in seiner Grundeinstellung erschüttern würde. Ich hoffte sehr, daß er sich nicht davon beeinflussen ließ. Aber es ist eine Sache, sich der dröhnenden Attacke eines Feindes aus Fleisch und Blut gegenüberzusehen, doch eine gänzlich andere, das unerklärliche Böse des Werwolfs gegen sich zu wissen.
Bestimmt gab es nun unzählige Mutmaßungen unter den Leuten, die sich eigentlich hatten vergnügen wollen. Die Gerüchte würden hundert verschiedene Geschichten entstehen lassen. Um so wichtiger war es, schleunigst konkrete Nachrichten zu verbreiten.
Aber konkret konnten diese Meldungen erst werden, wenn ich von Deb-Lu erfahren konnte, was die Ereignisse bedeuteten – bis dahin war erschreckend wenig zu sagen, bei Krun!
Seg blieb mit energischen Schritten an meiner Seite, während ich im Lärmen der Festgäste über Gartenwege eilte, die durch die in den Bäumen hängenden Fackeln erleuchtet wurden. Im Gehen drehte er den Pfeil zwischen den Fingern. Sein eindrucksvolles Gesicht wirkte beunruhigt.
»Was soll geschehen, wenn das Dudinter nichts nützt, mein alter Dom?«
»Deb-Lu wird die Antwort darauf wissen. Sonst hätte er uns bestimmt nicht gesagt, daß Dudinter die Lösung wäre.«
»Da hast du recht. Es gibt also noch mehr zu erfahren.«
»Offenkundig.«
Der Zauberer aus Loh war in seinem Zaubererturm nicht anzutreffen. Erst vor kurzem hatte er zwei Lehrlinge angenommen. Die beiden hatten natürlich keine Chance, zu Zauberern aus Loh heranzuwachsen, doch mit der Ausbildung, die Deb-Lu ihnen geben konnte, konnten sie sich bei fleißigem Studium zu fähigen Zauberern entwickeln. Zunächst aber waren sie mit Handreichungen beschäftigt; sie holten Dinge, stellten Mischungen zusammen, hackten Holz und holten Wasser, wie es Lehrlinge seit jeher taten. Einer der beiden, ein hagergesichtiger Bursche mit einer feuchten Warze an der Nase, hob bei unserem Eintritt den Kopf.
»Majister ...«
»Wo ist dein Herr, Phindan?«
»Er hat nicht mich mitgenommen, sondern Harveng. Ich soll ...«
»Wo ist dein Herr, Phindan? Ich habe dich jetzt schon zweimal gefragt.«
»Ja, Majister, ja. Er ist bei Kyr Emder ...«
»Zum Teufel!«
Seg setzte sich sofort in Bewegung, ohne seine Reaktion im geringsten zu erklären. Ich folgte ihm. Was hatte ein mächtiger Zauberer aus Loh mit dem guten alten Emder zu schaffen?
Wir fanden die beiden in der Küche neben Emders Unterkunft, in der er persönlich die Vorbereitung jener Gerichte überwachen konnte, auf die er sich hervorragend verstand. Alles war fleckenlos sauber. Die Kupferpfannen funkelten im Lampenschein. Die geschrubbten Tischflächen leuchteten wie feinstes Leinen. Unter den Kochplatten und Rosten waren die Flammen auf
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