34 - Die Hexen von Kregen
ich bin schon durch so manchen kregischen Palastkorridor geschlichen, da wollte ich mich hier nicht anders verhalten.
Es gibt gewisse Techniken, mit deren Hilfe man sich in einem kregischen Palast zurechtfinden kann, und ich hatte schon so manche Methode ausprobiert. Ich bin aber stets bereit, neue Tricks zu lernen.
Diesmal marschierte ich energisch bis zum Ende und wandte mich der Wendeltreppe zu, die nach oben führte. Noch wollte ich nicht ins Erdgeschoß hinunter.
Das nächste Stockwerk, so vermutete ich, war der Keller der Palast-Sektionen, die man hier an der Spitze errichtet hatte. Meine Wachtätigkeit hatte sich bisher in den unteren Ebenen abgespielt; hätte man mich hier zum Dienst eingeteilt, wäre nun wohl alles etwas leichter gewesen. Vielleicht aber auch nicht. Die Klippe zu ersteigen, war ein Erlebnis gewesen; vielleicht war dieser Weg gleichwohl einfacher, als sich mit einem Bluff durch den ganzen Palast zu schleichen. Nachdem ich nun schon hier oben war, würde mein Bluff anders ausfallen müssen, denn die schwere Arbeit war getan.
Jedenfalls vermochte ich immer weiter nach oben vorzustoßen. Leute, die mir begegneten, beachteten mich nicht. Die meisten waren Sklaven. Die Palastlakaien schienen sich am Anblick eines Gardisten nicht zu stören. Ein Jurukker, der eine Uniform trug wie ich, dazu aber ein auffälliges schwarzgoldenes Abzeichen mit der Darstellung eines Chavonths, hielt mich an.
»Was tust du hier oben ...?«
Er schlief im Stehen ein, viel zu schnell, um Überraschung zu empfinden, und ich zerrte ihn in einen Wandschrank und fesselte und knebelte ihn mit seinen eigenen flotten Schleifen und Bändern. Dann bemächtigte ich mich seines goldschwarzen Falkerdrin-Schturvals und setzte meinen Marsch fort.
Ich erwählte eine charmante kleine Fristle-Fifi, wohlgeformt unter ihrem hellgoldenen Fell; sie huschte über den mit Teppich ausgelegten Korridor und hielt ein leinenbedecktes Tablett in der Hand. Sie trug den grauen Sklavinnen-Lendenschurz und keinerlei Schmuck.
»Wo liegt bitte das Schlafzimmer der Kov-Witwe? Ich bin ihrer Wache frisch zugeteilt.«
Ich hätte nicht ›bitte‹ sagen dürfen.
Sie ließ das Tablett nicht fallen, doch zitterte die Leinenabdeckung.
»Herr ...«
»Schick mich einfach zur Kov-Witwe.«
»Sie schläft immer in der Kammer von Solars Dankbarkeit, Herr ...«
Ich versuchte zu lächeln, und sie zuckte zusammen, doch brachte sie dann doch eine verständliche Wegbeschreibung zustande. Ich bedankte mich nicht. Meine unbedachte Eröffnung hätte mich beinahe in den Untergang geführt.
Welch schlimme Gesellschaft, die Sklaven braucht und mißbraucht!
Eine im Gleichschritt marschierende Gardeeinheit veranlaßte mich, im Schatten einer Säule Schutz zu suchen. Der Deldar würde sich nicht so einfach bluffen lassen.
Als die Männer fort waren, setzte ich meinen Weg durch prachtvoll eingerichtete Säle fort. Mein Ziel war der Saal von Solars Dankbarkeit. Ich war an der Nordseite des Palasts aufgestiegen und erkannte nun, daß die Räumlichkeiten von Solars Dankbarkeit irgendwo im Süden liegen mußten.
In einem ziemlich großen Saal, in dem die übliche Mischung von Nachtdienst-Sklaven und Wächtern anzutreffen war, fragte ein Gardist, als ich an seiner Tür vorbeikam: »Hai, Zhan, was gibt's?«
Ich starrte ihn mit der Arroganz eines Zhan-Paktuns an, der einen Untergebenen vor sich hat.
»Sonderauftrag, Dom. Am besten hältst du deine ausgefranste Weinschnute.«
»Quidang!«
Ich marschierte weiter. Dabei legte ich eine Faust auf den Rapiergriff, schob die Waffe schräg hinaus und gab meinen Schritten etwas Forsches.
Ich war längst davon überzeugt, daß es Geheimgänge gab, durch die ich mir Zugang hätte verschaffen können. Allerdings kannte ich die Architektur nicht und hatte auch nicht die Zeit, die geheimen Zugänge zu suchen. So mußte mein kühner, anmaßender Bluff genügen.
Er brachte mich bis vor eine bronzegefaßte Tür aus pechschwarzem Balass-Holz. Hier standen vier Rapas Wache, Rapas mit furchterregenden geierhaften Schnabelköpfen und unterschiedlich gefärbtem Gefieder. Ich marschierte weiter und tat, als wolle ich zwischen ihnen hindurchgehen und die Tür öffnen. Die Griffe hatten die Form miteinander ringender Risslacas.
»Llanitch!« rief der kommandierende Hikdar energisch.
Gehorsam blieb ich stehen. Es war ratsam, dem militärisch korrekten Haltegebot ›Llanitch!‹ Folge zu leisten. Die Speere senkten sich.
»Dein Anliegen,
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