34 - Sendador 01 - Am Rio de la Plata
geritten.“
„Wann kamen sie hier an?“
„Sie mußten vorgestern bereits während der Nacht gekommen sein. Als wir erwachten, kampierten sie in der Nähe des Hauses. Sie wollten Pferde kaufen!“
„Das heißt, sie wollten sie stehlen?“
„Natürlich! Das sagten sie aber nicht. Sie hatten, wie es schien, einen oder wohl auch mehrere Gefangene bei sich, welche gefesselt waren und von ihnen für Staatsverbrecher ausgegeben wurden.“
„Das war eine große Lüge!“
„Wir mußten es glauben, obgleich der junge Señor es bestritt und von ihnen die sofortige Freilassung verlangte.“
„War das euer junger Señor?“ fragte der Bruder weiter.
„Nein, sondern Señor José Monteso von der Estancia del Yerbatero. Er war am Abend gekommen, um am nächsten Morgen heimzureiten. Er kam aus Santa Fé herüber.“
„Das ist mein Sohn!“ erklärte Monteso. „Ich bin der Besitzer der Estancia. Erzählt uns alles sehr genau! Wir wissen bereits, daß mein Sohn und mein Bruder Gefangene der Bolamänner sind, und befinden uns unterwegs, sie zu befreien.“
„Wenn das so ist, Señor, so nehmen Sie uns mit, damit wir diesen Kerlen heimzahlen können, was sie an uns getan haben.“
„Das geht nicht, denn dazu seid ihr zu schwach und werdet hier notwendig gebraucht. Ihr könnt doch unmöglich eure Herrschaft verlassen!“
„Sie haben recht, Señor. Also nehmen Sie die Vergeltung für uns mit in Ihre Hand!“
„Das verspreche ich euch. Doch muß ich natürlich alles erfahren, was hier geschehen ist. Kanntet ihr meinen Sohn?“
„Er hatte uns am Abend gesagt, wer er ist. Er wollte mit Anbruch des Tages fort. Darum weckten wir ihn, als der Tag graute. Als er dann aus dem Haus kam, erkannte er in dem Gefangenen seinen Oheim. Er forderte dessen Freiheit, aber der Erfolg war, daß er selbst gefangengenommen wurde.“
„Konntet ihr das nicht verhüten?“
„Wir? Vier Männer und eine Frau gegen über fünfzig solcher Kerle! Wir sind hier vier Gauchos. Der vierte ist mit unserem jungen Señor hinauf nach Salto. Wir waren viel zu schwach und wußten auch gar nicht, wer recht hatte.“
„Gut, weiter!“
„Die Gefangenen wurden in die Stube geschafft, wo man heimlich mit ihnen verhandelte. Dann mußte unser Señor Schreibzeug und Papier geben. Es wurde ein Brief geschrieben. Ich glaube, der ältere Señor mußte ihn schreiben. Und dann machten sich drei, von denen einer als Lieutenant bezeichnet wurde, auf, um den Brief fortzuschaffen. Ich hörte, daß der Major ihm nachrief, er solle sich beeilen, daß er noch zur Mittagszeit am Ziel ankomme. Welches Ziel dies sei, wußten wir nicht.“
„Es war meine Estancia. Der Brief galt mir. Was geschah dann?“
„Dann ließen sich die Leute einen Ochsen von uns geben, den sie schlachteten. Sie blieben während des ganzen Tages hier und erklärten, auch noch die Nacht da warten zu wollen. Unser Señor aber glaubte, ihnen nicht trauen zu dürfen. Es waren rohe Leute. Wie leicht konnten sie des Nachts fortreiten, ohne den Ochsen bezahlt zu haben. Darum bat sie der Señor, als es spät abend geworden war und er zur Ruhe gehen wollte, um das Geld. Aber sie erklärten die Worte unsers Herrn für eine große Beleidigung und verlangten, er solle Abbitte tun, und als er sich dessen weigerte, fielen sie über ihn her.“
„Und ihr?“
„Wir eilten ihm sogleich zu Hilfe, wurden aber niedergerissen und gebunden. Auch den Herrn und die Señora fesselte man. Dann wurden wir nach dem Korral geschafft, in welchem Sie uns gefunden haben, und dort angebunden, nachdem man uns drei geschlagen hatte, daß das Blut von uns lief.“
„Schändlich!“
„Ja, es war schändlich; aber wir konnten nichts tun, als mit den Zähnen knirschen. Im stillen aber habe ich geschworen, Rache zu nehmen. Ich habe sie alle so genau angesehen, daß ich jeden einzelnen kenne. Wehe dem von ihnen, der mir begegnen sollte! Meine Bola würde ihm Arme und Beine zerschmettern.“
„Dann brannten sie wohl die Alquería an?“
„Noch nicht. Erst öffneten sie die Korrals und trieben alle Rinder fort. Das beste aber suchten sie sich vorher heraus, um es zu schlachten und das Fleisch als Proviantvorrat mitzunehmen. Während sie damit beschäftigt waren, wurden alle Stricke und Riemen, welche es im Haus gab, zusammengesucht. Man schnitt auch Riemen aus den Fellen, welche wir daliegen hatten; zu welchem Zweck, das sollten wir bald sehen. Sie fingen nämlich unsere sämtlichen Pferde und banden sie zu einer
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