34 - Sendador 01 - Am Rio de la Plata
eine führte rechts unten am Ufer hin. Meine Kleidung konnte da von dem angespülten Geröll gar nicht unterschieden werden. Dann kam ich aber vielleicht dem ersten Posten zu nahe, welcher nach der Aussage des Indianers da stehen mußte, wo die Grundlinie der Halbinsel vom Ufer aus nach dem korrespondierenden Punkt der andern Seite führte. Der zweite Weg ging in einiger Entfernung vom Ufer parallel mit demselben durch Schilf und Büsche hin und war weniger gefahrvoll, und darum schlug ich ihn ein.
Ich hatte ungefähr an die hundert Schritte kriechend zurückzulegen, was keine Anstrengung bedeutete. Ich gab mir keine Mühe, Geräusch zu vermeiden, denn die Kerle, welche ich vor mir hatte, besaßen nicht die Augen und Ohren erfahrener Präriemänner. Bald lag ich am Boden, gerade gegenüber dem Punkt, an welchem die Halbinsel begann. Ungefähr dreißig Schritte von mir entfernt sah ich einen Kerl an einem Baum lehnen. Es war der erste Posten.
Ich kroch nun etwas vorsichtiger weiter und gewahrte auch den zweiten, dritten und vierten Posten. Sie standen in der von dem Indianer angedeuteten Entfernung auseinander und schienen ihrer schläfrigen Haltung nach alles in der Welt angenehmer zu finden, als das Wachestehen.
Nun fragte ich mich, ob es geraten sei, mich zwischen zweien von ihnen hindurchzuschleichen. Ich getraute mir wohl, es fertigzubringen. Aber erst, wenn ich hindurch war, begann die Gefahr. Wenn sie gegen das Feuer blickten, mußten sie mich unbedingt bemerken. Das sagte ich mir sehr wohl. Lieber kroch ich noch eine Strecke weiter, um nach dem Floß zu sehen. Es lag jenseits der Halbinsel und war doppelt verankert, einmal an der Spitze der Halbinsel und das andere Mal an einem abwärts liegenden Punkt des Ufers. So entstand ein Dreieck, dessen Linien von der Halbinsel, dem Floß und dem Ufer gebildet wurden. Das Floß war ziemlich groß. Auf der Mitte desselben war eine Bretterhütte erbaut, bei welcher zwei Männer standen. Indem ich diese beobachtete, entfernten sie sich langsam von der Hütte nach demjenigen Teil des Floßes, welcher an das Ufer stieß. Sollten sie, oder wenigstens einer von ihnen, dort an das Land steigen wollen? Das mußte ich schleunigst benützen, aber sehr schnell, wenn ich nicht zu spät kommen wollte.
Ich kroch rasch weiter, bis ich aus den Augen des vierten Postens war, richtete mich dann auf und rannte dem Ufer parallel, immer Deckung vor den beiden suchend, welche mich sonst wohl erblicken konnten.
Gegenüber der Stelle angekommen, an welcher das hintere Ende des Floßes am Ufer saß, bückte ich mich nieder und kroch näher. Es gab da ein Gewirr von hohem Pampasgras und Schilf. Es gelang mir, da hineinzukommen und es mir bequem zu machen. Ich lag höchstens fünf Schritte vom Floß entfernt.
Keine Minute war ich zu früh gekommen, denn kaum hatte ich mich überzeugt, daß mein Körper vollständig verborgen sei, so kamen die beiden Männer auch schon über das letzte Feld des Floßes nach dem Ufer zu.
Welche Freude! Der eine war der Major! Er hatte die Absicht, das Floß zu verlassen und sich von da aus nach der Halbinsel zurückzubegeben. Der andere schien, seiner Haltung nach, auf dem Floß zurückbleiben zu wollen. Vielleicht hatte er die Wache auf demselben.
Als der Major das Ufer erreichte, blieb er stehen und sagte:
„Also, die Gefangenen werden lang auf die Stämme gebunden, wo sie bis früh zu liegen haben. Du beaufsichtigst die Wächter. Entkommt ein einziger, so ist dir eine Kugel sicher. Melde das vorn!“
Der Mann drehte sich um und ging nach dem vorderen Teil des Floßes zurück. Mir kam ein verwegener Gedanke. Wie, wenn ich mich des Majors bemächtigte!
Ich sah nach der Halbinsel. Von dort aus konnte man nichts sehen, da die Stelle des Ufers, an welcher der Major stand, ein wenig rückwärts trat. Der einzige Zeuge konnte der Mann sein, welcher jetzt den Major verlassen hatte. Aber ich schloß aus seinem eiligen Gang, daß er sich nicht nach uns umdrehen werde. So schnell, wie der Gedanke gekommen war, so schnell wurde derselbe ausgeführt. Noch stand der Major am Ufer und sah dem Mann nach, da erhob ich mich aus meinem Versteck. Das tat ich nicht etwa langsam und vorsichtig, denn Geräusch war gar nicht zu vermeiden, sondern ich schoß blitzschnell aus dem Schilf auf und stand mit einem Satz hinter dem Major.
Er drehte sich um. Der Mond erleuchtete sein Gesicht. Ich hatte ihn augenblicklich fassen und niederschlagen wollen, aber ich sah sogleich, daß
Weitere Kostenlose Bücher