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34 - Sendador 01 - Am Rio de la Plata

34 - Sendador 01 - Am Rio de la Plata

Titel: 34 - Sendador 01 - Am Rio de la Plata Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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das nicht nötig war. Sein Gesicht wurde erst leichenblaß, dann schoß ihm das Blut in den Kopf. Er taumelte vor Schreck. Er wollte schreien und brachte doch keinen Laut hervor, als sei ihm der Wille und auch die Bewegungsfähigkeit abhanden gekommen. Er hatte den Mund offen, aus welchem nun endlich einige Stammellaute hervorquollen. Schnell hatte ich mein Taschentuch da und stieß es ihm in den Mund, und ebenso schnell riß ich mir den Lasso los und schlang ihm denselben um die herabhängenden Arme. Noch nie hatte ich ein solches verkörpertes Bild des Schreckens gesehen, wie der Major es jetzt bot. Nun machte er endlich eine Bewegung der Gegenwehr, aber es war zu spät. Mein Lasso hielt ihm bereits die Arme fest an den Leib.
    „Keine Bewegung, Señor!“ raunte ich ihm drohend zu, „sonst stoße ich Ihnen das Messer in den Leib. Ah, Sie haben einen andern Rock an, da ich Ihnen den Frack verschimpfiert habe! Tut mir leid, nun auch den Rock nicht schonen zu können. Ich brauche ein Band zur Befestigung des Knebels.“
    Ich riß ihm den Rockschoß ab und schnitt mit dem Messer einen Streifen heraus, den ich dem Offizier um den Mund band, damit er mit der Zunge nicht das Taschentuch herausstoßen könne.
    Wie oft habe ich mich später darüber gewundert, daß der Mann nicht wenigstens den Versuch gemacht hat, mir davonzulaufen. Er brauchte nur auf das Floß zu springen, so wurde er von allen seinen Leuten gesehen. Freilich hätte ich es doch versucht, ihn herunterzureißen und mit ihm zu entkommen. So aber rührte er kein Glied, obgleich er nicht an den Beinen gebunden war. Es war ihm eben vor Schreck die ganze Geistesgegenwart und Tatkraft abhanden gekommen. Er stand wie ein willenloses Kind vor mir. Ich zog das Messer, faßte ihn am Arm und sagte:
    „Nun vorwärts, Señor! Und keine Weigerung! Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort, daß Sie meine Klinge fühlen, sobald Sie einen Augenblick aufhören, mir zu gehorchen.“
    Ich stieß ihn vorwärts. Nun erst kam ihm der Gedanke des Widerstandes. Er hielt den Schritt an.
    „Allons, sonst steche ich!“ drohte ich.
    Ich schob wieder, aber er gehorchte nicht. Sogleich stach ich ihn in die Muskel des Oberarmes, die am wenigsten gefährliche Stelle. Man mag das Grausamkeit nennen, aber es handelte sich um mein Leben. Brachte ich ihn nicht so fort, wie ich wollte, so konnte es sehr leicht um mich selbst geschehen sein. Ehe ich mein Leben auf das Spiel setzte, nahm ich ihm lieber einige Tropfen seines Blutes, was ihm übrigens weder körperlich noch moralisch etwas schaden konnte.
    Das Mittel half. Er begann fast schneller zu laufen als mir lieb war. Natürlich leitete ich ihn nicht nach der Halbinsel zu, sondern ich entfernte mich zunächst noch weiter von derselben, bis ich gute Deckung hatte, dann kehrte ich um. Ich konnte nicht wagen, allzuweit von ihr entfernt vorüber zu kommen, denn dort gab es Sumpf; ich mußte mich vielmehr so nahe wie möglich an sie halten. Da aber konnte mir der Säbel des Majors gefährlich werden, denn das Klirren desselben war weithin zu vernehmen. Ich schnitt ihn also von dem Riemen ab und legte ihn ins dichte Schilf. Dann ging es weiter.
    Nur vierzig Schritte waren wir von den Posten entfernt, als wir parallel mit der Grundlinie der Halbinsel dahinschritten. Er schien Lust zu haben, einen Fluchtversuch zu wagen; aber ich nahm ihn fester und hielt ihm das Messer vor die Brust.
    Der Duft des Fleisches, welches über den beiden Feuern gebraten wurde, drang zu mir herüber. Das konnte mich nicht irreleiten; desto aufmerksamer aber wurde ich auf den Ruf, den ich jetzt hörte:
    „Holla, hier ist der Braten!“
    Sollte etwa eben jetzt das Fleisch verteilt werden? Disziplin war bei den Leuten nicht zu erwarten. Vielleicht ließen sich die Wachen durch den Braten verlocken, ihre Posten zu verlassen. Wirklich! Alles lief nach den Feuern zu, die Posten auch. Einer von ihnen nahm sein Gewehr mit, die andern aber lehnten die ihrigen an die nächsten Bäume.
    Sollte ich es wagen? Ich konnte einige Gefangene befreien, setzte aber dagegen mich selbst und den Major auf das Spiel.
    In solchen Augenblicken gilt kein Zagen. Der Gedanke, den der erste Moment bringt, muß ausgeführt werden. Gewöhnlich ist er der richtige. Ich riß dem Major das Wehrgehänge vom Leib, schnallte es ihm um die Unterschenkel und warf ihn zu Boden. Dann flog ich auf die Halbinsel zu.
    Die ganz eng sich um die Feuer drängenden Leute warfen ihre Schatten hinter sich, und ich gelangte

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