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34 - Sendador 01 - Am Rio de la Plata

34 - Sendador 01 - Am Rio de la Plata

Titel: 34 - Sendador 01 - Am Rio de la Plata Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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getanzt, und es blieb nur noch eins zu tun – zu spielen. Bald saßen sie alle, Männlein und Weiblein, bei den Karten. Ich beteiligte mich nicht, was mit Kopfschütteln kritisiert wurde. Eine Zeitlang interessierte es mich, den Zuschauer zu machen; als aber der Teufel des Spiels seine Samtpfötchen nach und nach in Krallen verwandelte und ich aus schön sein sollendem Mund so manches Fluchwort hörte, da schlich ich mich heimlich fort. An einem deutschen Skat mag man sich beteiligen, an einem südamerikanischen Juego aber nicht. Es ist kein Vergnügen, die Leidenschaften zu beobachten, welche das Gesicht eines solchen Spielers oder gar so einer Spielerin verzerren. Die berühmte Tertulia war jetzt für mich zu Ende, und ich kann nicht behaupten, daß ich von ihr sehr erbaut gewesen sei.
    Draußen im Vorzimmer saßen die bedienenden Peons und – spielten auch. Mein Erscheinen war für sie keine Veranlassung, sich stören zu lassen.
    Ich hatte meine Stube nicht verschlossen, da es möglich war, daß die Dienerschaft während meiner Abwesenheit da noch zu tun hatte. Der Mond schien so hell zum Fenster herein, daß ich einer andern Beleuchtung nicht bedurfte. Ich überzeugte mich, daß die Fenster noch so wie vorher verschlossen waren. Unter das Bett zu schauen, das vergaß ich. Vielleicht hätte ich es getan, aber man hatte mir so fleißig zugetrunken, und ich war gezwungen gewesen, so viel Bescheid zu tun, daß der schwere, gefälschte Fabrikwein mich ermüdet hatte. Ich schob den Riegel vor und fiel, als ich mich gelegt hatte, sofort in einen tiefen Schlaf.
    Der Aufenthalt in den Prärien hatte meine Sinne so geschärft, daß sie sich selbst während dieses tiefen Schlafes nicht ganz außer Tätigkeit befanden. Mir träumte, ich liege im Wald und werde von Indianern beschlichen. Einer derselben kam an mich heran und holte aus, um nach mir zu stechen. Ich sprang auf, um mich zu wehren, und – erwachte. Ich saß im Bett.
    Noch lag der Mondschein in der Stube; nur die Türgegend war im Dunkel. Es war mir, als ob dort sich eine menschliche Gestalt bewege.
    „Wer da?“ fragte ich.
    Ich erhielt keine Antwort, vernahm aber ein leises Knarren. Ich sprang aus dem Bett und nach der Tür. Sie war zu. Also hatte ich mich wahrscheinlich getäuscht. Darum legte ich mich beruhigt wieder nieder und schlief nun ohne Unterbrechung bis zum Morgen.
    Als ich da aufstand und nach dem Waschen die Stube verlassen und also den Riegel zurückschieben wollte, bemerkte ich zu meinem Erstaunen, daß derselbe bereits zurückgeschoben war.
    Ich wußte ganz genau, daß ich ihn am Abend vorgeschoben hatte. Ebenso genau wußte ich, daß ich ihn dann, als ich aus dem Traum erwachte und eine Gestalt zu erblicken meinte, nicht geöffnet hatte. Wie kam es, daß er jetzt offen war?
    Ich durchsuchte das Zimmer, fand aber keine Spur, welche angedeutet hätte, daß sich jemand bei mir befunden habe. Von meinen Kleidern und Sachen, von dem Inhalt meiner Taschen war nichts abhanden gekommen. Auch die Waffen befanden sich im besten Zustand. Auf der Diele sah ich einen roten, seidenen Faden liegen. Er war ganz kurz abgerissen und vierfach genommen, als hätte er sich in einer Nähnadel mit starkem Öhr befunden und sei nach dem Nähen abgerissen worden.
    Hatte dieses Fadenende schon gestern hier gelegen? Wahrscheinlich! Gewiß kam doch kein Dieb in meine Stube, um mir einen Faden herzulegen. Ich hatte wohl dennoch in der Nacht den Riegel zurückgeschoben, um die Tür zu öffnen und hinauszusehen. In der Schlaftrunkenheit hatte ich dann vergessen, wieder zu schließen. Auf diese Weise war die Erklärung sehr einfach.
    Mochte dem sein, wie ihm wolle, ich beruhigte mich, da mir gar nichts abhanden gekommen war, und begab mich in das Speisezimmer, wo die Familie bereits bei der Schokolade saß.
    Nach Beendigung des Frühstücks entfernte sich die Dame, und die beiden Herren ergriffen die Gelegenheit, das gestrige Thema wieder zur Sprache zu bringen. Sie schienen überzeugt zu sein, daß ich mich nun eines Bessern besonnen habe, mußten aber von mir das Gegenteil erfahren. Sie ergingen sich in allen möglichen Vorstellungen und Zureden, welche aber keinen Eindruck auf mich machten. Es war mir sehr gleichgültig, wer heute oder morgen oder übers Jahr Präsident der Banda oriental sein werde, und es fiel mir gar nicht ein, mich aus Rücksichten für fremde politische Meinungen in Gefahr zu begeben.
    Die Enttäuschung der beiden war groß. Ihre Gesichter

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