34 - Sendador 01 - Am Rio de la Plata
und draußen im Freien schlafen zu lassen.“
„Also hatte Ihnen dieser Mann befohlen, es so einzurichten, daß wir unter dem freien Himmel schlafen müßten.“
„Ja, das befahl er mir.“
„Er ist ein großer Lügner, Señorita. Er ist gar nicht ein Kriminalkommissar, sondern ein Spitzbube, welchen wir arretieren lassen könnten, anstatt er uns. Wollen Sie etwa die Verbündete eines solchen Menschen machen?“
„Das fällt mir gar nicht ein. Wenn es so ist, wie Sie sagen, Señor, so soll er sich ja nicht wieder bei uns sehen lassen. Es würde ihm schlecht ergehen, denn wir verstehen keinen Spaß. Ich glaube Ihren Worten, und gerade weil dieser Kerl uns vor Ihnen gewarnt hat, sollen Sie auf das allerbeste bedient werden. Ich verlasse Sie jetzt, um das Abendmahl zu bereiten, mit welchem Sie hoffentlich zufrieden sein werden.“
Mateo hatte gewünscht, wir sollten im Freien schlafen; das mußte einen Grund haben. Es war ein milder, wunderschöner Abend. Kein Lüftchen regte sich. Die Yerbateros erklärten, daß es ihnen bei solchem Wetter nicht einfallen könne, im Haus zu schlafen. Ich warnte sie, doch vergeblich. Als wir gegessen hatten und zwar verhältnismäßig sehr gut, wickelten sie sich in ihre Decken und legten sich unter ein Strohdach nieder, welches zu irgendeinem Zweck auf vier Pfählen neben dem Haus errichtet war. Ihre Pferde ließen sie frei weiden.
Da ich Mateo nicht traute, so brachte ich meinen Braunen in den Korral, welcher mit einer hohen, dichten und stacheligen Kaktushecke umgeben war. Die Magd bewies mir eine ganz besondere Aufmerksamkeit dadurch, daß sie einen Hund zu dem Pferd in den Korral sperrte. Sie versicherte, derselbe werde einen Heidenskandal machen, falls ein Fremder es wagen sollte, sich zu dem Pferd zu schleichen.
Das Haus hatte ein ziemlich plattes Schilfdach. Ein Teil desselben war so fest gestützt, daß man darauf stehen konnte. Zu dieser Stelle führte neben meiner Zimmertür eine schmale Stiege empor. Man hatte diese Vorrichtung angebracht, um von da oben aus möglichst weit nach Reisenden und wohl auch nach den Herden ausblicken zu können.
Der heutige Ritt hatte mich nicht ermüdet; ich hatte dem Abendessen sehr fleißig zugesprochen und fühlte infolgedessen noch keine Lust, zu schlafen. Darum wanderte ich draußen ein Stück am Ufer des Flusses hin. Glühende Leuchtkäfer irrten um das Gesträuch; große Nachtfalter huschten mir am Gesicht vorüber; unsichtbare Blumen dufteten; die Luft war so balsamisch, so erquickend, und über mir gab es die Sterne des Südens. Ich kam nach und nach in jene Stimmung, welche der Dichter Träumerei nennt, der Laie als Duselei bezeichnet. So spazierte ich weiter und weiter. Endlich kehrte ich doch um, und als ich das Haus erreichte, mochte ich wohl an die zwei Stunden abwesend gewesen sein.
Ich ging leise nach dem Strohdach, unter welchem die Gefährten schliefen. Wenn sie noch wach waren, mußten sie mich kommen sehen. Der Mond stand auf der andern Seite, und der Schatten des Hauses fiel auf das Schutzdach. Es war also verhältnismäßig dunkel. Dennoch glaubte ich, als ich näher trat, eine Gestalt zu sehen, welche bei meiner Annäherung unter dem Dach hervorhuschte und hinter dem Haus verschwand. Ich eilte derselben schnell nach.
Als ich um die Ecke gebogen war, stand ich im vollen Mondschein. Eine freie, hell beleuchtete Fläche lag, wohl hundert Schritte breit, zwischen dem Haus und einem dichten Distelcamp, welcher von dort aus nach Osten lag. Von dem Augenblick, an welchem ich die Gestalt zu erblicken meinte, bis jetzt konnte kein Mensch diese Strecke durchschritten haben. Vielleicht war der Mann schnell am Haus entlang und um die nächste Ecke geflohen. Ich folgte ihm dorthin, sah aber auch da nichts. Ich eilte zweimal um das Gebäude, ohne die Spur eines Menschen zu sehen. Dann ging ich unter das Dach.
Die Yerbateros schliefen fest. Monteso lag ein wenig abseits von den andern und blies den Atem in lauten Stößen von sich. Sollte ich sie wecken? Nein. Ich hatte mich wohl getäuscht. Ihre Gewehre lagen neben ihnen. Ein Dieb hätte wohl zuerst nach denselben gegriffen. Daß sie noch da waren, galt mir als Beweis, daß niemand hier gewesen sei. Ich ging also leise wieder fort, in das Haus, dessen bisher unverriegelte Tür ich hinter mir verschloß.
Schon wollte ich, in meiner Stube angekommen, die Kleider ablegen, da kam mir der Gedanke, doch lieber erst einmal auf das Dach zu steigen und Umschau zu halten. Bei der
Weitere Kostenlose Bücher