34 - Sendador 01 - Am Rio de la Plata
verfinsterten sich, und ihr Benehmen wurde gemessener.
„Nun, da Sie partout nicht wollen, zwingen können wir Sie nicht“, sagte Rixio endlich fast zornig. „Hoffentlich aber werden Sie wenigstens Ihr Wort halten und den Inhalt unsers Gesprächs bis auf weiteres keinem unserer Gegner mitteilen?“
„Ich werde überhaupt zu keinem Menschen davon sprechen.“
„Wie lange gedenken Sie hier im Land zu verweilen?“
„Ich reite quer durch dasselbe, und zwar voraussichtlich ohne jeden Aufenthalt. Sie kennen die Entfernungen besser als ich und werden also wissen, daß ich in wenigen Tagen die Grenze hinter mir haben werde.“
„Das ist gut für Sie. Ihre Ähnlichkeit kann Ihnen sehr leicht große Fatalitäten bereiten, nachdem Sie die Vorteile, welche wir Ihnen boten, zurückgewiesen haben. Darum rate ich Ihnen in Ihrem eigenen Interesse, sich nirgends zu verweilen.“
„Diesem freundlichen Rat werde ich so eilig nachkommen, daß ich denselben schon auf meinen hiesigen Aufenthalt in Anwendung bringe. Ich werde sofort aufbrechen.“
Er hatte zuletzt in fast gehässigem Ton gesprochen. Das verdroß mich natürlich. Darum wendete ich mich kurz ab nach der Tür.
„Bitte, Señor“, rief er mir nach. „So war es nicht gemeint. Mein Haus steht Ihnen zur Verfügung, so lange Sie es wünschen. Übrigens war es doch bestimmt, daß mein Sohn mit Ihnen reiten werde.“
„Dann muß ich denselben bitten, sich mit dem Aufbruch zu beeilen. In einer halben Stunde liegt San José hinter mir.“
„So schnell kann ich nicht“, erklärte der Offizier. „Es hat sich herausgestellt, daß ich erst am Nachmittag fort kann.“
Das war nur ein Vorwand. Ich sagte, daß ich so lange nicht warten könne, und begab mich in den Stall, um mein Pferd selbst zu satteln. Dann verabschiedete ich mich von der Familie, von welcher der so herzlich aufgenommene Fremde sehr kalt entlassen wurde. Wie es gewöhnlich zu sein pflegt, war die Höhe der Trinkgelder, welche ich zu geben hatte, größer als der Wert des Genossenen.
Im Posthaus fand ich die Yerbateros meiner wartend. Monteso benachrichtigte mich gleich bei meinem Eintritt:
„Señor, Sie haben recht gehabt: Der Polizeikommissar ist nicht nach Montevideo geritten. Gestern abend lungerte er draußen auf dem Hof herum; als er mich sah, machte er sich schleunigst von dannen. Er führt irgend etwas im Schilde.“
„Wir müssen vorsichtig sein. Wie weit reiten wir heute?“
„Nach Perdido, einer Station für die Diligence, aber mit allen möglichen Bequemlichkeiten ausgestattet.“
„Sie haben dem angeblichen Polizisten natürlich unsere Reiseroute mitgeteilt?“
„Ja.“
„Das ist nun leider nicht zu ändern.“
„O doch ist es zu ändern. Wir bleiben an einem andern Ort.“
„Hm! Dieser Vorschlag ist nicht übel, doch läßt sich auch einiges gegen denselben einwenden. Sie sagen, Perdido sei nur Station, also ein einzelnes, freistehendes Gebäude?“
„Es liegt in einer weiten Ebene. Man hat von da einen bedeutenden Fernblick.“
„So ist es besser, dort zu bleiben. Wir wissen, daß dieser Mensch kommen wird, und können also unsere Maßregeln treffen. Wir sehen ihn wohl sogar kommen. Nehmen wir aber anderswo Quartier, so haben wir keine solche Sicherheit.“
„Ich stimme Ihnen bei. Wann brechen wir auf, Señor?“
„So bald wie möglich, am allerliebsten gleich.“
„Das kann geschehen. Wir sind fertig und haben hier gar nichts mehr zu suchen.“
Sogar die Pferde der Yerbateros standen schon gesattelt. Fünf Minuten später hatten wir die Stadt hinter uns, in welcher ich der ersten südamerikanischen Tertulia beigewohnt hatte.
Über die Gegend, durch welche wir kamen, läßt sich nur das bereits Gesagte wiederholen. Sie bleibt sich durch ganz Uruguay gleich: sanfte Bodenwellen mit Vertiefungen dazwischen, schmale, tief eingeschnittene Bäche oder kleine Flüsse, welche dem Rio Negro zustreben, Camposgras und wieder Camposgras – es ist die Einförmigkeit im vollsten Sinn des Wortes.
Kurz nach Mittag sahen wir ein ziemlich großes Gebäude vor uns liegen, ein Posthaus mit Schenke und Kramladen, das an einem Flüßchen lag. Weit über dieser Station draußen sahen wir einen Reiter, welcher im Galopp nach Westen ritt und also von dem Haus kam, bei welchem wir anhalten wollten.
Dort angekommen, erkundigte ich mich nach dem Reiter. Er hatte mehrere Stunden lang vor dem Haus gesessen und war dann, als er uns kommen sah, in den Sattel gestiegen und
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