34 - Sendador 01 - Am Rio de la Plata
Schärfe meiner Augen war es doch wohl möglich, daß ich mich nicht geirrt hatte. Ich nahm mein Fernrohr mit. Es konnte mir nützlich sein, da der Mond alles erleuchtete.
Oben angekommen, hütete ich mich wohl, mich aufrecht auf das Dach zu stellen. Ich hätte von unten gesehen werden müssen. Ich legte mich vielmehr nieder und hielt nach allen Richtungen Ausguck. Nichts, gar nichts Verdächtiges war zu sehen.
Nun nahm ich das Rohr an das Auge und suchte die Umgebung ab. Das Bild, welches die Gläser mir lieferten, war nicht scharf. Dennoch kam es mir vor, als ob an der linken Seite des erwähnten Distelcamps sich eine Gestalt befände, welche zuweilen eine Bewegung machte. Ich zog das Glas weiter aus, und richtig, dort stand ein Pferd. Wo ein Pferd steht, muß auch ein Reiter sein. Die Tiere, welche zu dem Haus gehörten, standen im Korral. Die Pferde der Yerbateros weideten auf der andern Seite des Hauses. Das Pferd, welches ich sah, gehörte also einem Fremden.
Ich stieg hinab und verließ das Haus, um das Pferd aufzusuchen. Ich erreichte es, ohne einen Menschen gesehen zu haben, und erkannte es sogleich als Mateos Gaul. Um ihm das Entkommen unmöglich zu machen, stieg ich auf und ritt in einem kleinen Bogen nach dem Fluß, wo ich wieder aus dem Sattel sprang und die Zügel an einen Busch befestigte.
Er hatte gewünscht, wir sollten im Freien schlafen; er war von mir vorhin bei den Yerbateros gestört worden. Jedenfalls befand er sich wieder dort. Darum schlich ich mich zum Hause zurück, doch so, daß ich von dort aus nicht gesehen werden konnte. An der Seite angelangt, lugte ich um die Ecke. Ja, dort bei Monteso kniete einer, der sich eben jetzt erhob, um den Ort zu verlassen. Ich sprang vor und auf ihn zu. Er sah mich und rannte fort.
„Ein Dieb, ein Dieb! Steht auf, wacht auf!“ rief ich und schoß hinter dem Kerl her.
Er rannte auf den Distelcamp zu und um die Ecke desselben. Dort blieb er erschrocken halten, da er sein Pferd nicht sah, nur einige Augenblicke lang, aber das war für mich genug, ihn zu erreichen und beim Kragen zu fassen. Er riß sein Messer aus dem Gürtel, um nach mir zu stechen; ich schlug ihn auf den Arm, daß er es fallen ließ und schleuderte ihn zu Boden. Hinter uns ertönten die Stimmen der Yerbateros.
„Hierher!“ rief ich ihnen zu, indem ich auf dem Kerl kniete und ihm beide Hände hielt, damit er nicht nach Schießwaffen greifen könne. Sie kamen herbeigerannt.
„Was ist's? Was gibt's? Ein Dieb? Wer ist's?“ so frugen sie durcheinander.
„Der Kriminal-Kommissar ist's“, antwortete ich. „Er war bei Ihnen unter dem Dach und muß Monteso bestohlen haben.“
„Mich?“ meinte der Yerbatero. „Das soll ihm schlecht bekommen. Ist er es denn wirklich?“
Er bückte sich nieder, um ihm in das Gesicht zu sehen.
„Ja, wirklich, er ist es. Da liegt sein Messer. Nehmt ihm die Feuerwaffen ab! Dann führen wir ihn in das Haus.“
Die Bewohner des letzteren hatten unsere Rufe gehört. Sie wunderten sich nicht wenig, als wir den Polizeibeamten brachten. Dieser hatte bis jetzt noch keinen Laut von sich gegeben, machte ein sehr trotziges Gesicht und ließ ein höhnisches Lächeln sehen. Er hörte ruhig zu, als ich erzählte, wie ich ihn schon einmal bemerkt und mich dann seines Pferdes und auch seiner selbst bemächtigt habe.
„Also ein Dieb!“ sagte Monteso. „Das wird ihm so einhundert Lassohiebe einbringen. Kerl, was fällt dir ein, mich zu bestehlen?“
„Schweigen Sie!“ gebot jetzt Mateo. „Wie kann es jemanden einfallen, mich für einen Dieb zu halten!“
„Brausen Sie nicht auf!“ antwortete ich ihm. „Ich habe Sie gleich im ersten Augenblick durchschaut. Sie sind ein Schwindler, aber kein Polizeibeamter. Warum folgen Sie uns? Was haben Sie bei diesem Señor zu suchen, während er schläft? Auf eine Dieberei ist es abgesehen.“
„Ich und ein Dieb! Beweisen Sie es doch!“
„Der Beweis wird wohl nicht schwer zu führen sein. Die Señors mögen einmal nachsuchen, was ihnen fehlt.“
„Ja, sie mögen suchen. Und wenn ich sie bestohlen habe, so dürfen Sie mich getrost und sofort aufknüpfen!“
Die Yerbateros leerten alle ihre Taschen. Es fehlte ihnen nichts, nicht der geringste Gegenstand. Sie gingen hinaus, um auch die Satteltaschen zu untersuchen. Als sie zurückkehrten, meldeten sie, daß alles noch vorhanden sei.
„Nun, bin ich ein Dieb?“ fragte Mateo triumphierend.
„Jedenfalls habe ich Sie gestört, bevor Sie die Sachen nehmen konnten,
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