34 - Sendador 01 - Am Rio de la Plata
vermögen! – Bindet den Mann!“
Auf diesen Befehl traten fünf oder sechs Kavalleristen zu dem Yerbatero. Er wehrte sich, aber vergebens. Man band ihm die Hände auf den Rücken. Er schimpfte in allen Tonarten. Ich winkte, ich warf ihm warnende Worte zu, doch auch vergeblich. Er forderte mich auf, ihm zu helfen, ihn loszubinden, und als ich das nicht tat, schimpfte er auf mich. Er brachte es dadurch so weit, daß man ihm auch die Füße band und ihn nun lang in den Sand legte. Ich hätte zu meinen Revolvern greifen können, um die Leute vielleicht einzuschüchtern, war aber überzeugt, daß dies unsre Lage nicht verbessern, sondern nur verschlimmern werde. Vielleicht hätten wir Raum bekommen, uns auf die Pferde zu werfen und fortzureiten; aber auch das gefiel mir nicht. Wir standen ja mitten im Kreis. Ein Entkommen war nur dann möglich, wenn es uns gelang, uns rückenfrei zu machen und die Kerls in Schach zu halten. Ihre Messer und Lanzen fürchtete ich nicht, ihre Gewehre und Lassos auch nicht; aber die Bolas waren uns im höchsten Grad gefährlich. Wenn es uns auch wirklich gelingen sollte, ihnen den Rücken zu wenden, was konnten wir gegen fünfzig Bolas tun, welche uns nachgeschleudert wurden!
Es galt, kaltblütig und klug zu sein. Auf Monteso brauchte ich nun nicht mehr zu rechnen. Er lag gebunden an der Erde und konnte mir keine Hilfe leisten, war vielmehr auf die meinige angewiesen. Wie ich ihm und mir selber helfen solle und helfen könne, wußte ich freilich selbst noch nicht.
Jetzt wendete sich der Major zu mir:
„Ich hoffe, Señor, daß nicht auch Sie mir mein Amt schwer machen. Sie sehen, daß Widerstand nutzlos ist. Ergeben Sie sich also in Ihr Schicksal!“
„In ein unvermeidliches Schicksal sich zu ergeben, ist keine Kunst, Señor. So lange ich aber mich von dieser Unvermeidlichkeit noch nicht überzeugt habe, kann ich mich nicht ergeben.“
„Sie werden bei einigem Nachdenken gewiß einsehen, daß Sie verloren sind!“
„Eben das kann ich nicht einsehen. Sie haben mich ganz widerrechtlich meiner Freiheit beraubt. Sie sind keineswegs die Behörde, welcher das Recht zusteht, sich meiner Person zu bemächtigen!“
„Ich habe Ihnen bereits gesagt, daß es vollständig genügt, daß wir selbst uns für kompetent halten.“
„Nun, so sage ich Ihnen, daß ich mich der Gewalt nur mit Einspruch fügen werde. Ich bin bereit, Ihnen meine Aussagen zu machen und wie ein Caballero zum Caballero zu Ihnen zu sprechen, stets aber nur mit dem Vorbehalt, daß ich Sie für nicht kompetent erkläre.“
„Dieses letztere ist Nebensache; die Hauptsache ist, daß Sie nicht uns und sich selbst Schwierigkeiten bereiten. In dieser Beziehung freut es mich, zu vernehmen, daß Sie zu ruhigen und sachgemäßen Antworten bereit sind. Sie geben also wohl zu, daß Sie sich des Mordversuches schuldig fühlen?“
„Leider kann ich Ihnen in dieser Beziehung nicht gefällig sein, Señor. Ich habe nicht versucht, einen Menschen zu töten.“
Er zog einige Zigaretten aus der Tasche, brannte sich eine an, hielt mir eine zweite entgegen und sagte:
„Sie versprachen, sich als Caballero zu verhalten. Ich denke, Sie werden dieses Versprechen erfüllen. Bitte, stecken Sie sich diesen Zigarillo an! Er wird Ihnen munden, denn die Sorte ist gut. Also, kürzen Sie das Verfahren dadurch ab, daß Sie ein kurzes, offenes Geständnis ablegen!“
Ich brannte meine Zigarette an der seinigen an, verbeugte mich dankend und antwortete:
„Selbst wenn von einem Eingeständnis die Rede sein könnte, müßte demselben verschiedenes vorangehen, was bisher unterlassen worden ist.“
„So bitte ich, uns zu sagen, was wir vergessen haben!“
„Ich wiederhole, daß ich Sie nicht für kompetent halte. Aber selbst wenn dies der Fall wäre, muß man sich gegenseitig kennen. Die Angeklagten müssen erfahren, vor welchem Gericht sie stehen; es müssen ihre Namen und diejenigen der etwaigen Zeugen genannt werden. Es muß ein öffentlicher Ankläger, ein Staatsanwalt vorhanden sein; den Angeklagten müssen Verteidiger zur Seite stehen. Kurz und gut, ich vermisse Verschiedenes, was eigentlich vorhanden sein sollte. Sie werden das gütigst entschuldigen!“
„Ich entschuldige es ebenso, wie Sie uns entschuldigen werden, Señor. Die Verhältnisse liegen leider so, daß wir keine Zeit haben, Formalitäten zu erfüllen, welche glücklicherweise nur ganz nebensächlich sind. Sie wurden angezeigt, und wir verurteilen Sie zum Tod. Das ist die
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