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34° Ost

Titel: 34° Ost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Coppel Alfred
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dass die Sowjets ihre Hilfe anbieten, oder nicht?«
    »So wie sie uns vor der Terroristengruppe gewarnt haben?« Ainsworth bemühte sich gar nicht, den Sarkasmus seiner Frage zu mildern.
    »Mir fällt es einfach schwer, zu glauben, dass sich die Sowjets in ein so gewagtes Spiel einlassen würden. Schließlich leben wir nicht mehr in der Stalin-Ära.«
    »Wir haben es mit Kommunisten zu tun. Seit dreißig Jahren bekämpfen sie uns. An dieser Tatsache ändert ein Händedruck Rostows gar nichts.«
    »Ich meinte nur«, sagte Clayborne, der unwillkürlich vor dem offenen, unversöhnlichen Hass des Amerikaners zurückwich, »dass Tate Unterstützung brauchen könnte – von welcher Seite auch immer.« Lahm fügte er hinzu: »Ich halte es für fast undenkbar, dass sich ein Mann wie Juri Ulanin für einen Terroristenanschlag gegen euren Vizepräsidenten hergeben würde.«
    »Ihr Vertrauen in General Ulanin ist rührend, Alex«, erwiderte der Admiral. »Ich hoffe sogar, dass Sie mit Ihrem Urteil über ihn und seine Landsleute recht behalten. Aber bisher wiegen die Beweise auf der anderen Waagschale schwerer. Sie haben Ihre Befehle. Handeln Sie.«
    »Natürlich werde ich Whitehall davon in Kenntnis setzen müssen.«
    »Das geschieht bereits. Auch Athen, Bonn und Ankara werden verständigt. General Muller wird nach Brüssel zurückbeordert. Aber für die Zwischenzeit haben Sie Ihre Weisungen. Handeln Sie danach.«
    »Jawohl, Admiral«, sagte Clayborne widerstrebend. »Somit gilt ab jetzt für alle NATO-Luft-, -Boden- und -Seeverbände die Alarmstufe Gelb.«
    »Danke, Alex. Wir sind Ihnen sehr verpflichtet.«

17
    Erst als die Abu Mussa die überlebenden Amerikaner zusammengetrieben hatten, kostete Enver Leč das Hochgefühl dieses militärischen Erfolges voll aus. Er hatte die Gefangenen noch nicht nach ihren Namen gefragt, aber er wußte: der hochgewachsene grauhaarige Mann, der sogar in dieser Situation aristokratische Haltung und Selbstbeherrschung wahrte, war zweifellos Talcott Quincy Bailey, der Vizepräsident der USA. Leč erkannte ihn sogleich wieder, obwohl er ihn nur einmal persönlich gesehen hatte. Das war Mitte der siebziger Jahre gewesen. Bailey hatte an einer Weltfriedenskonferenz in Shanghai teilgenommen und vor den Delegierten gesprochen – und unter diesen hatte sich auch Genosse Leč aus der Volksrepublik Albanien befunden. Der Amerikaner war seither sehr gealtert, aber jene herrische Art, die ihm damals in Shanghai so viele Journalisten verübelten, hatte er nicht abgelegt: Sogar angesichts all der drohenden Waffen zeigte er ein an Hochmut grenzendes Selbstbewußtsein. Die anderen, die Soldaten, die beiden Zivilisten und die Jüdin, machten sich keine Illusionen über ihre Lage. Die Arabische Front für die Befreiung Palästinas hatte keinen guten Ruf, was die Behandlung ihrer Gefangenen betraf.
    Wenige Minuten nach der Beendigung der Aktion hatte Leč befohlen, die Verwundeten zu erschießen und die Wagenbrände zu löschen. Die Feuer hätten leicht irgendwelchen Rettungstruppen den Weg gewiesen, allerdings rechnete der Albaner damit, dass seine Operationen noch einige Zeit ungestört verlaufen würden – gewiß lange genug, um die beiden noch fahrtüchtigen Wagen zu requirieren, jenen Teil seiner Truppe, der auf den Transportern keinen Platz hatte, auf der Route zu verteilen und sich südwärts abzusetzen. Die Sowjets, die nun bereits in der Zentralen Zone eingetroffen sein mußten, würden wohl kaum Suchkommandos nach dem säumigen Amerikaner aussenden, ebenso wenig die Schweden vom UN-Hauptquartier. Es war möglich, sogar wahrscheinlich, dass mittlerweile das Massaker an den Schafhirten in Feiran entdeckt worden war, so dass die Aufmerksamkeit der Sowjets, der Ägypter und der UN-Truppe auf die Oase an der Westseite des Berges Sinai gerichtet sein würde. Mit einigem Glück konnten die Abu Mussa mit ihren Geiseln die erforderliche Strecke von 75 Kilometern noch vor der Morgendämmerung zurücklegen. Die Stärke seiner Position und die kluge Wahl des Ortes, wo er sich verschanzen würde, erfüllten ihn mit Entzücken. Bakunin hätte allen Grund gehabt, auf Enver Leč stolz zu sein.
    Er hörte die letzten Schüsse, als die Araber die verwundeten Amerikaner und auch zwei ihrer eigenen Kameraden, die nicht transportfähig waren, erledigten. Die beiden Guerillas hatte der große Neger getroffen. Er war der einzige Amerikaner, der wirksamen Widerstand geleistet hatte. Unter seiner Führung hatte die

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