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34° Ost

Titel: 34° Ost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Coppel Alfred
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seine Vernunft und seine angeborenen Fähigkeiten zu gebrauchen, dann könnte er und mit ihm Tausende seinesgleichen mit den Israelis einträchtig zusammenarbeiten, um die Wüste fruchtbar zu machen. Aber sie zogen es vor, verlorene Schlachten immer wieder auszufechten, denn sie hatten nur eines im Sinn: Mord. Wenn ein Araber kämpfte, wollte er nicht nur seinen Feind töten, sondern auch die Frau und die Kinder des Feindes, sein Haus niederbrennen, seine Pflanzungen zerstören und sein Vieh schlachten. Mit modernen Waffen in den Händen war er eine Gottesgeißel, weit entfernt von der Weisheit und dem Edelmut eines Saladin oder Harun al Raschid.
    Bailey fragte: »Sprichst du Englisch?«
    Der junge Araber starrte ihn schweigend an.
    »Wie heißt du? Woher stammst du?«
    Aber der Posten antwortete nicht. Als er sich regte, stieg aus seiner Kleidung Schweißgeruch auf. Mit seinem Karabiner bedeutete er den beiden Amerikanern, sich an die Mauer zu setzen.
    Bailey tat es, und Hoffnungslosigkeit überkam ihn. Wie konnte man mit solchen Menschen verhandeln? Unter dem hasserfüllten Blick des Arabers und der Drohung der Gewehrmündung fühlte er sich plötzlich alt und kraftlos.
    Der Richter lehnte in dumpfes Brüten versunken da. Es war offenkundig, dass er lieber mit seinen Gedanken allein blieb. Dennoch brach Bailey das Schweigen. »Glauben Sie, was Oberst Leč sagt?«
    »Über den Präsidenten?«
    »Ja.«
    »Doch, ich glaube ihm. Der Mann hat nicht genug Phantasie, um sich das auszudenken. Ja, der Präsident ist tot.« In Seidels Stimme schwang ein vorwurfsvoller Unterton mit, als wolle er sagen: Ja, er ist tot und du lebst, aber zehn Baileys machen noch nicht einen solchen Präsidenten. Wo liegt da die Gerechtigkeit?
    »Daheim muß der Teufel los sein.« Seidel sprach mehr zu sich selbst. »Wie im November 1963, aber ärger.«
    Es muß doch eine menschliche Beziehung zwischen uns geben, dachte Bailey. Schließlich sollten zwei Männer, die gemeinsam sterben würden, auch miteinander reden können. »Ich bedaure sehr vieles, Jason«, sagte er, geradeaus blickend. »Aber am meisten bedaure ich, dass der Präsident und ich nicht besser zueinander standen.«
    Seidel schwieg.
    »Wir waren über so vieles gegenteiliger Meinung.«
    »Im allgemeinen hatte er recht«, sagte der Richter. Nicht ›Mr. President‹. Nein, natürlich nicht. Nicht hier und jetzt. Solche Höflichkeitsformen gehörten einer anderen Welt an, nicht der Welt heimtückischer Überfälle und arabischer Guerillas. Hier klänge es wie Hohn, gesprochen von einem Ohnmächtigen zum anderen.
    Bailey erkannte mit Staunen, dass er sich von ganzem Herzen die Achtung und das Vertrauen des Richters wünschte. Was blieb ihnen beiden sonst? Doch nicht früher durfte er darauf hoffen als bis zu jenem Augenblick, in dem sie nebeneinander an der Wand standen, vor sich die Läufe des arabischen Erschießungskommandos.
    »Was wird Beal wohl sagen, wenn er hört, welchen Preis diese Kerle für meinen Kopf fordern.«
    »Wegen Beal mache ich mir keine Sorgen«, antwortete Seidel. »Aber von dem Admiral erwarte ich mir welche. Ainsworth wird doch sicher eine Verschwörung wittern.«
    »Gott schütze die USA«, sagte Bailey langsam.
    »Sie können auch die übrige Welt in Ihr Gebet einschließen.« Richter Seidel wandte sich ab.

3. Teil
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
    Hobson's choice [hob s'nz ] Wahl ohne Alternative;
    das oder nichts
    Webster's New International Dictionary
    of the English Language

20
    »Für Mrs. Beal wurde alles geregelt, Mr. President«, sagte der Adjutant von General Shackleford.
    Unsicher blickte Fowler Beal in die Runde der in ›CC Beta‹ versammelten Offiziere. Die formelle Anrede war ihm unheimlich, und er konnte sich nicht denken, was ausgerechnet Doris mit all diesen militärischen Vorbereitungen zu tun haben sollte.
    »Was wurde geregelt, Colonel?«
    »Die Sicherheitsvorkehrungen für die First Lady, Sir«, warf Shackleford nachsichtig ein. »Wir waren so frei, Mrs. Beal in den VIP-Bunker im Catoctin-Berg zu bringen. Dort hat sie alles, was sie braucht, Sie können ganz unbesorgt sein, Mr. President.«
    Beal sog die trockene gefilterte Luft ein, die leicht nach Ozon roch. »Ist das nötig, General?« fragte er zaghaft. »Ich meine, es besteht doch keine ernstliche Gefahr …«
    »Gewiß nicht – aber sicher ist sicher, Sir.«
    Der Gleichmut des alten Soldaten wirkte auf Beal nicht sehr beruhigend. Nun befand er sich

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