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34° Ost

Titel: 34° Ost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Coppel Alfred
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werden.«
    »Sie haben völlig den Verstand verloren«, sagte Bailey. »Keiner dieser Forderungspunkte wird erfüllt, auch nicht um den Preis meiner Freilassung.«
    »Mr. Bailey, ich brauche Sie doch kaum daran zu erinnern, dass Sie nicht in der Lage sind, irgend etwas zu gestatten oder zu verhindern. Das also sind die Bedingungen, mit denen wir Mr. Reisman zu Ihren Landsleuten schicken werden – und du begleitest ihn, schwarzer Genosse.« Leč wies auf Robinson.
    Der Sergeant war ganz ruhig. »Hör zu, wenn du mich noch einmal ›Genosse‹ nennst, dann stopfe ich dir deine Kalaschnikow ins Maul. Ich bin Soldat, Soldat der Vereinigten Staaten, und von dir nehme ich keine Befehle entgegen. Jetzt nicht und überhaupt nie, klar?«
    Seidel fiel ein: »Wenn er Sie gehen läßt, Robinson, dann tun Sie, was er sagt. Melden Sie General Tate, wie die Dinge stehen.«
    »Genau das meinte ich, Colonel«, bestätigte der Albaner. »Ich möchte nicht, dass man behauptet, wir hielten einen Sklaven der Imperialisten gegen seinen Willen fest.« Er bedeutete den beiden Posten, den Sergeant aus der Kirche zu führen.
    Robinson blickte Bailey fragend an. Er schätzte diesen Mann nicht, aber wenn er nun Oberbefehlshaber war, lag es bei ihm, Sergeant Major Crispus Robinson Anordnungen zu geben.
    »In Ordnung, Sergeant.« Bailey nickte. »Passen Sie auf, dass Jape Reisman nichts geschieht. Es wurde schon zu viel Blut vergossen.«
    Der Sergeant war im Zwiespalt zwischen Revolte und Disziplin. Er konnte den Tod der Kameraden nicht verwinden. Ruhig, aber betont, sagte er: »Wenn wir eine stärkere Eskorte mitgenommen hätten, dann wären die« – er wies mit dem Kinn zu den Arabern – »und nicht wir zur Ader gelassen worden.«
    »Genug davon, Sergeant«, rief Seidel.
    »Nein, er hat recht.« Bailey wandte sich zu Robinson. »Viel Glück, Sergeant. Erstatten Sie General Tate über die Situation hier Bericht.« Er zögerte, dann rang er sich ein Zugeständnis ab, das er früher nie für möglich gehalten hätte. »Die Lösung des Problems liegt in seiner Hand. Sagen Sie ihm: Zu welcher Aktion er sich auch entschließen mag, ich werde sie billigen.« Er blickte dem Albaner in die Augen. »Es gibt keinerlei Gründe, außer mir noch andere Geiseln festzuhalten, ich appelliere an Ihre Menschlichkeit, Oberst, lassen Sie die übrigen Gefangenen frei.«
    Leč schüttelte den Kopf. »Mit Geiseln muß man sehr sparsam umgehen, Mr. Bailey. Glauben Sie mir, ich habe in solchen Dingen Erfahrung. Es könnte vielleicht nötig sein, Ihre Landsleute davon zu überzeugen, dass wir es absolut ernst meinen.«
    »Davon geben schon die Toten Zeugnis, die Sie zurückgelassen haben.«
    Leč zuckte nur die Achseln.
    »Geben Sie wenigstens Miß Zadok frei, sie ist für Sie unwichtig.«
    »Nein!« Nun war es Leila, die sprach. »Die Jüdin bleibt hier!«
    Leč grinste perfid. »Ich bedaure, Mr. Bailey, aber der Befehlshaber der tapferen Abu Mussa lehnt Ihre Bitte ab.« Er gab den Arabern ein Zeichen. Die Waffen schussbereit, nahmen sie Robinson in die Mitte.
    »Ich lasse Ihnen Essen und Wasser bringen«, sagte der Albaner noch zu Seidel und Bailey, ehe er mit einem spöttischen Salutieren kehrtmachte und verschwand. Die Amerikaner blickten ihnen nach.
    »Was wird Tate nun unternehmen?« fragte Bailey.
    »Was kann er unternehmen?« seufzte der Richter.
    Welche Ironie des Schicksals, dass der Mann, den sich der Präsident als seinen Nachfolger gewünscht hatte, hier neben ihm stand, dachte Bailey. Die Situation war, gelinde gesagt, bizarr.
    Der Gedanke an den Präsidenten war niederschmetternd. Jetzt, da Bailey den ersten Schock überwunden hatte, empfand er nur eine seltsame seelische Benommenheit. Seidel war ein enger persönlicher Freund des Verunglückten gewesen, und dennoch schien nicht einmal er auf die Todesnachricht zu reagieren. Vielleicht lag es einfach daran, dass sie beide erkannten, wie nahe sie selbst dem Tode waren. Unter solchen Umständen konnte das Sterben eines anderen unbedeutend werden.
    Niedergeschlagen, in völliger Missachtung von Seidels Anwesenheit, betrachtete Bailey das Gesicht des jungen Arabers, der sie bewachte. Er hatte einnehmende Züge, trotz des Stoppelbarts und der Schmutzflecken im Gesicht. Seine dunklen Augen blickten feindselig. Die Ahnen dieses Jungen waren einst ein großes Volk von hoher Kultur gewesen. Aber das war lange her, vor dem Absinken ihrer Nachfahren in eine neue Barbarei. Würde dieser Mann dazu angeleitet,

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