Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
35 - Sendador 02 - In den Kordilleren

35 - Sendador 02 - In den Kordilleren

Titel: 35 - Sendador 02 - In den Kordilleren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
langsam auf das Gehölz zu. Ich sah, daß er stehenblieb, und hörte die Worte, welche er den Mbocovis zurief. Einzelne Stimmen antworteten; dann brach ein allgemeines Geheul los, und Pfeile flogen auf ihn zu, jedoch ohne ihn zu erreichen. Als er nun zurückkehrte, sagte er, daß man ihm die Antwort gegeben habe, wir sollten doch kommen und das Lager stürmen; in den Bereich der Pfeile würden wir uns wohl nicht wagen, und unsere Kugeln brauchten sie nicht zu fürchten.
    Pena und Winter waren herbeigekommen, um den Bericht des Parlamentärs zu hören. Jetzt meinte der erstere:
    „Wollen wir ihnen antworten, wie es sich gehört?“
    „Ja“, sagte ich. „Sie hatten es auf unseren Tod abgesehen, wozu sie also schonen. Treffen wir einige, nun so werden dadurch die anderen gerettet, indem sie sich unterwerfen. Ziehen wir den Kreis noch enger zusammen, doch nicht so weit, daß wir ihren Pfeilen ausgesetzt sind. Und dann mögen unsere Leute auf einen jeden schießen, der sich sehen läßt.“
    Dieser Weisung wurde Folge geleistet. Wir näherten uns dem Gehölz, und bald ertönte das Krachen der einzelnen Schüsse, welche auf die am Rand der Büsche sich Zeigenden gerichtet waren. Es trafen viele der Kugeln, wie wir aus dem dann allemal sich erhebenden Gebrüll ersehen konnten.
    Um die Mbocovis noch schneller gefügig zu machen, sandte ich den Parlamentär nochmals ab, welcher ihre Aufmerksamkeit auf meine Person lenken sollte. Seine Worte wurden abermals mit lautem Geschrei und unschädlichen Pfeilen beantwortet, waren aber verstanden worden und wurden auch befolgt, denn ich sah, daß die Roten sich nach der Seite des Gehölzes drängten, welcher ich gegenüberstand.
    Nun schritt ich langsam nach rückwärts, indem ich mich immer weiter von ihrem Lager entfernte. Ich wußte genau, was ich meinem schweren Bärentöter zutrauen dürfte, und hielt in einer Entfernung an, aus welcher nicht nur ein unzivilisierter Indianer keine Kugel erwartet hätte.
    Zunächst sah ich durch das Fernrohr und merkte mir eine Stelle, an welcher viele Mbocovis neben- und hintereinander standen, um mich zu beobachten. Dann schwang ich die Büchse hoch in der Luft, legte sie an, zielte kurz, drückte ab und nahm sogleich das Rohr wieder in die Hand.
    An dem Punkt, nach welchem ich gezielt hatte, herrschte große Verwirrung. Jedenfalls hatte die Kugel nicht nur einen getroffen. Leute lagen an der Erde; andere bückten sich über sie; noch andere fuhren hin und her; alle aber schrieen entsetzlich.
    Ich legte zum zweitenmal an und gab ihnen auch die andere Kugel. Das Geheul verdoppelte sich, ein sicheres Zeichen, daß ich abermals getroffen hatte. Als ich dann an meinen vorigen Standpunkt zurückkehrte, sagte der alte Desierto:
    „Das ist ja ein fürchterliches Gewehr! Auf solche Entfernung hin zu treffen, habe ich für unmöglich gehalten.“
    „Pah! Es waren zwei sogenannte Sauschüsse. Ich habe mitten in die Menge gezielt und mußte also irgendwen treffen. Mein Zweck ist aber erreicht, denn jedenfalls sind die Kerle nun überzeugt, daß sie vor unseren Kugeln nicht sicher sind. Ich hoffe, daß sie sich bald ergeben.“
    „Ich auch. Soll ich mit ihnen reden?“
    „Sie selbst? Sie begeben sich in Gefahr, von einem Pfeil getroffen zu werden.“
    „Keiner wird es wagen, auf mich zu schießen! Ich kenne diese Roten. Ich werde sogar trotz ihrer Pfeile geradewegs nach den Büschen gehen.“
    „Lassen Sie das bleiben! Es könnte Ihr Tod sein.“
    „O nein. Wenn ich dieses hier mit habe, so gibt es keine Gefahr für mich.“ Er klopfte an seine Ledertasche und zog seinen zusammengewickelten Talar aus derselben.
    „Den habe ich mir zu diesem Zweck mitgenommen“, fuhr er fort. „Ich stehe bei allen Roten des Gran Chaco in einem solchen Ruf, daß keiner es wagen wird, sich an mir zu vergreifen, falls ich diesen Rock trage. Also haben Sie keine Sorge um mich. Ich weiß genau, was ich tue.“
    „Nun, so will ich nicht widersprechen. Was aber werden Sie ihnen für Bedingungen machen?“
    „Was raten Sie?“
    „Milde. Es ist Blut genug geflossen, auf unserer Seite aber noch kein Tropfen. Wir haben es mit Verführten zu tun.“
    „Ich gebe Ihnen vollständig recht und bin überhaupt seit gestern ein ganz anderer Mann geworden. Ich weiß noch nicht, was man mir antworten wird, und kann also auch nicht wissen, was ich sagen und fordern werde; aber streng werde ich nicht sein.“
    Er warf seinen Talar über, legte alle Waffen ab und schritt in

Weitere Kostenlose Bücher