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35 - Sendador 02 - In den Kordilleren

35 - Sendador 02 - In den Kordilleren

Titel: 35 - Sendador 02 - In den Kordilleren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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seiner Einladung Folge zu leisten.
    Pena hatte in freundlichem Ton zu ihnen gesprochen. Jetzt schien er grob zu werden, denn er zog sein Messer und drohte ihnen mit demselben. Ich nahm den Revolver in die Hand und hielt ihnen denselben entgegen; doch war dieser deutliche Fingerzeig sehr überflüssig, denn die Mbocovis wurden von den Tobas gepackt und wie Warenballen in die Kelleröffnung hinabgestoßen.
    „Unten sind sie“, sagte Pena. „Die Tobas werden dafür sorgen, daß sie nicht wieder heraufkommen. Ich werde jedesmal an das Ufer gehen, um die Passagiere zu empfangen und hereinzubringen. Sie nehmen an der Tür Posto, um etwa solche, welche die Flucht ergreifen wollen, zurückzuhalten.“
    Er ging und brachte bald weitere fünf, welche sich auch weigerten, hinabzusteigen. Sie wurden hinabgestoßen. So ging es von fünf zu fünf in einem fort. Die zehn Tobas eigneten sich schnell eine sehr treffliche Routine an, ihre menschliche Ware in den Keller zu bringen. Kaum waren die Mbocovis eingetreten, so gelangten sie, von Hand zu Hand geschoben, an die Kelleröffnung und verschwanden in derselben, bevor sie daran gedacht hatten, wörtlich oder gar tätlich Widerstand zu leisten.
    Desto lauter ging es unten zu. Die Gefangenen versuchten einige Male, sich mit Gewalt hinaufzudrängen; da aber hielten zwei Tobas mit gespannten Bogen und Giftpfeilen Wacht, so daß es bei dem Anfang des Versuches blieb.
    Zuletzt kamen die Verwundeten, welche der alte Desierto drüben am Ufer verbunden hatte. Sonderbarerweise war kein einziger von ihnen an den Beinen oder Füßen verwundet worden, ein glücklicher Umstand, welcher ihren Transport außerordentlich erleichterte. Die Toten hatte man draußen im Gehölz liegen lassen. Endlich, bei der wohl über vierzigsten Überfahrt, als alle Mbocovis schon herüber waren, nahm Pena mich mit hinaus, denn das Boot brachte jetzt nur den Desierto mit dem Kaziken.
    „Nun“, fragte der Letztere, als wir beide ihm entgegenkamen, „sind meine Leute mit ihrer Wohnung zufrieden?“
    „Es hat noch keiner geklagt“, antwortete Pena.
    „Haben sie Essen und Trinken?“
    „Jetzt wohl noch nicht; ich denke aber, daß der Desierto dafür sorgen wird.“
    „Ja, das werden Sie tun“, wendete der Kazike sich an den Alten. „In dem Gehölz gibt es kein fließendes Wasser, und da wir kein Feuer anzünden durften, so haben wir weder Wasser noch warmes Essen gehabt.“
    Der Desierto zuckte die Achsel und antwortete in bedauerndem Ton:
    „Da unten im Keller gibt es leider auch kein fließendes Wasser, aber dafür Feuchtigkeit genug.“
    „Wie? Sie haben meine Leute in einen Keller gesteckt? Aber Sie sprachen doch von guten Wohnungen!“
    „Ist ein Keller für Räuber und Mörder nicht gut genug?“
    Der Kazike trat erstaunt einen Schritt zurück und blickte den Alten an. In seinen bisher so zuversichtlichen Zügen ging eine ebenso schnelle wie bedeutende Veränderung vor. Ich trat seitwärts hart hinter ihn, um ihn nötigenfalls schnell fassen zu können.
    „Was sagen Sie?“ fragte er. „Räuber und Mörder!“
    „Sind Sie das etwa nicht?“
    „Sie haben diese Worte doch vorher nicht gebraucht!“
    „Ich wende meine Worte an, wie es mir beliebt!“
    „Aber, Señor Desierto, warum sind Sie denn eigentlich so plötzlich ein ganz anderer geworden?“
    „Ein anderer? Ich bin noch ganz genau derselbe, der ich vorher war. Aber die Verhältnisse haben sich verändert.“
    „Welche Verhältnisse?“
    „Draußen im Freien befanden Sie sich nicht ganz so in meiner Gewalt wie jetzt; ich mußte also, um Blutvergießen zu vermeiden, freundlicher mit Ihnen sprechen, als ich im Herzen dachte.“
    „So haben Sie mich belogen!“ rief der Rote. „Ich verlange sofort, daß der Freundschaftsvertrag abgeschlossen werde!“
    „Sehr gern! Nur denken Sie an meine Bedingung! Sind Sie wahr gegen uns gewesen?“
    „Ja.“
    „Nein! Sie haben uns belogen und beabsichtigen auch jetzt noch, uns zu betrügen. Sie wissen alles, was der Sendador in der letzten Zeit begangen hat. Sie haben teil an seinen Taten genommen; Sie wußten, daß –“
    „Lüge, nichts als Lüge!“ unterbrach ihn der Kazike.
    Das war mir zu bunt. Ich legte dem Roten die Hand auf die Achsel und forderte ihn auf:
    „Mann, sage mir vor allen Dingen einmal, woher die Pferde sind, welche ihr bei euch hattet?“
    „Sie gehören uns. Wir haben sie gekauft.“
    „Mensch, diese Pferde waren bis vor wenigen Tagen unser Eigentum. Der Sendador hat

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