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35 - Sendador 02 - In den Kordilleren

35 - Sendador 02 - In den Kordilleren

Titel: 35 - Sendador 02 - In den Kordilleren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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können, mit allen Vieren in die Luft ging. Pena setzte sich auf das Pferd, welches er vorher geritten hatte. Es waren alle Pferde da, die der Yerbateros, des Bruders und der anderen.
    Als ich Turnersticks Pferd dem Kaziken vorführte und ihm einen Wink gab, aufzusteigen, sah er mich erstaunt an und fragte:
    „Was meinen Sie? Was ist's mit diesem Pferd?“
    „Reiten sollen Sie es.“
    „Jetzt – bin ich denn nicht Ihr Gefangener?“
    „Was Sie sein werden, ist jetzt noch nicht entschieden. Für mich sind Sie einstweilen der Kazike der Mbocovis, dem es gebührt, zu reiten, falls ein Pferd da ist. Also steigen Sie in den Sattel!“
    Er folgte dieser Aufforderung, und es war ihm und seinen Leuten anzusehen, welch guten Eindruck diese Aufmerksamkeit auf sie machte. Jetzt erst betrachtete ich die einzelnen Personen und fand alle diejenigen heraus, die ich am Lagerplatz, wo Pena mir als Retter erschienen war, erblickt hatte; ich tat so, als ob mir keiner von ihnen bekannt vorkomme.
    Wir vier Reiter setzten uns an die Spitze; dann folgten die Pferde, welche von mehreren Tobas geführt wurden, und hinter diesen kam der Zug der Mbocovis mit ihrer Eskorte. So ging es in raschem Schritt dem Dorf zu. Bis in die Nähe desselben war kein Mensch zu sehen. Dann aber hatten sich die Bewohner desselben am Ufer versammelt und eine lange Reihe gebildet, zwischen welcher und dem Wasser wir passieren mußten, um zur Überfahrtstelle nach der Insel zu gelangen. Voran hielt Unica mit ihrer weiblichen Garde; dann kamen die männlichen, die weiblichen Bewohner und endlich die Kinder. Die Krieger, welche wir zum Schutz des Dorfes zurückgelassen hatten, versahen recht wacker den Polizeidienst und hielten auf Ordnung unter der Menge, welche uns mit Jubel empfing. Es versteht sich ganz von selbst, daß die Musikanten nicht fehlten. Was rufen, schreien und jubeln konnte, das ließ die Stimme erschallen. Die Kinder waren, hier wie allerwärts, die schlimmsten. Die Mbocovis schienen freilich von diesem Jubel nicht erbaut zu sein; sie sahen an sich nieder und warfen keinen Blick auf das schreiende Volk.
    So kamen wir zur Landestelle, wo wir anhielten und von den Pferden stiegen. Einige Krieger nahmen die Tiere in Empfang, um ihrer zu pflegen.
    „Warum steigen wir hier ab?“ fragte der Kazike.
    „Weil wir hier am Ziel sind“, antwortete der Desierto. „Wir fahren nach der Insel hinüber.“
    „Was sollen wir da drüben?“
    „Sie sollen dort eine sichere Wohnung haben, wo Sie von meinen Leuten nicht belästigt werden können. Sie wissen, daß der Sieger, zumal wenn er jung ist, nicht immer leicht im Zaum zu halten ist, und ich wünsche nicht, daß irgendeiner meiner jungen Leute Sie im Übermut beleidige.“
    „Das ist etwas anderes; das ist mir sogar sehr lieb“, sagte der Kazike beruhigt, indem er die Ansicht hegte, daß in der Veranstaltung des Alten eine Auszeichnung für ihn enthalten sei.
    „Ja“, meinte dieser. „Sie werden geradeso mit mir zufrieden sein, wie ich mit Ihnen zufrieden gewesen bin. Als Anführer Ihrer Krieger bleiben Sie natürlich hier an meiner Seite, um die Einschiffung mit zu überwachen. Meine beiden deutschen Freunde aber werden mit dem ersten Boot mit hinüberfahren, um dafür zu sorgen, daß Sie würdig empfangen werden.“
    Das Angesicht des Kaziken leuchtete vor Vergnügen. Er glaubte, nun aller Sorgen enthoben zu sein und hielt eine darauf hindeutende Ansprache an seine Leute. Drei von ihnen stiegen mit mir und Pena ein; der Ruderer war der sechste. „Warum hat der Alte gerade uns hinübergeschickt?“ fragte Pena in deutscher Sprache unterwegs.
    „Weil wir gestern bewiesen haben, daß wir es verstehen, da drüben mit diesen Mbocovis fertig zu werden. Vielleicht traut er unseren Fäusten mehr zu als denjenigen seiner Leute.“
    „So bin ich neugierig, wie wir das Innere des Bethauses finden werden.“
    „Ganz wie gestern, nur mit dem Unterschied, daß ein Keller offen ist, dessen Eingang wir noch nicht bemerkt haben.“
    Es war so, wie ich dachte. Als wir drüben angelegt hatten und dann in das Bethaus traten, saßen auf der vorletzten Bank zehn kräftige Tobaindianer. Hinter ihnen war die letzte Bank entfernt, und wir sahen ein Loch, in welches eine steinerne Treppe hinabführte. Die Tobas erhoben sich, und wir geleiteten die drei Mbocovis nach dem Loch. Pena lud sie in ihrer Sprache ein, hinabzusteigen. Sie sahen ihn betroffen an, blickten in die Finsternis hinunter und weigerten sich dann,

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