35 - Sturm über Vallia
bekräftigte Unstabi. »Ein großes Können ist erforderlich, um die verschiedenen Zweige der Phalanx miteinander zu verbinden, die Lanzenträger und die Schilde und die Bogenschützen; um die Männer dazu zu bringen, daß sie dem Ruf der Hörner und Trommeln und Pfeifen gehorchen. Kov Vodun aber unterwarf – und hier darf ich das Wort offen benutzen – genug Männer der vallianischen Phalanx, um seine eigene Version einer Phalanx auszubilden.«
Ein leises zorniges Murmeln war im engen Kreis der Männer zu hören, die dem Verhör des Gefangenen beiwohnten. Kapt Enwood bohrte sein Schwert in den Schlamm. Zwei oder drei Chuktare ließen sich ihr Mißvergnügen anmerken. Jiktar Naghan fluchte verbittert. Sogar Chuktar Leone Starhammer brachte ihr Entsetzen zum Ausdruck. Alle wußten, welche schlimmen Konsequenzen diese Nachricht haben konnte.
Drak faßte es zusammen.
»So sei es, wenn Opaz es will. Man muß die Nadel hinnehmen. Kein aus Opaz geborener Mensch, Mann oder Frau, kennt alle Geheimnisse Imriens.« Er erhob sich.
Unstabi raffte sich so hastig auf, wie es angebracht war.
»Du hast mir versprochen, die Zusammensetzung der Streitkräfte des Kataki-Stroms zu verraten, Unstabi, wohl wissend, daß wir davon eine gewisse Vorstellung haben würden. Dennoch forderte ich dich zum Sprechen auf.«
Unstabi rührte sich nicht. »Du bist als strenger, nüchterner Prinz bekannt, Majister. Als ein Mann, der überdies einem Leem Salz auf den Schwanz zu streuen versteht. Ich wußte, du würdest ahnen, daß meine Informationen weiter gehen würden. Der Handel gilt, Majister?«
»Ja, Unstabi. Aber ich kann dich nicht erneut einstellen, das mußt du einsehen. Gib meinen Schreibern alle Tatsachen und Zahlen. Dann wird man dir ein Reittier und genug Gold zur Verfügung stellen, daß du in deine Heimat auf die Undurkor-Inseln zurückkehren kannst.«
Unstabi verbeugte sich.
»Ich danke dir, Majister. Aber ich bin Zhan-Paktun und kann noch nicht nach Hause zurückkehren. Ich nehme deine Geschenke an und werde irgendwohin reisen, wo man Kämpfer braucht.«
»So sei es.«
Nicht alle Männer und Frauen begriffen den Unterschied zwischen einer Phalanx und einer vallianischen Phalanx; ihnen allen war aber klar, daß die soeben erhaltenen Informationen von größter Bedeutung waren und daß Alloran mit seiner Formulierung angedeutet hatte, daß Allorans Phalanx den vallianischen Streitkräften gleichen Namens nicht gleichzusetzen war.
Dies konnte auf der untersten Ebene bedeuten, daß ein unbekanntes Element der richtigen Phalanx bei den Männern, die zu Alloran übergelaufen waren, nicht vertreten gewesen war.
Er mußte daran denken, wie seine Mutter ihm einmal erzählt hatte, daß das Wort Phalanx eigentlich nicht der kregischen Sprache entstammte, daß vielmehr sein Vater es aus der Luft gegriffen hatte, von irgendwoher.
Was der verräterische Kov Vodun Alloran anstellen wollte, um sich zum König krönen zu lassen und anschließend auf den Inseln im Westen auf Eroberung zu ziehen, blieb ein Geheimnis.
Unstabi spürte, daß er entlassen war, und wandte sich zum Gehen. Dann aber zögerte er.
»Chuktar, wir wollen natürlich alle Einzelheiten wissen«, sagte Kerchurivax Mantig ti Fillan. »Bis jetzt scheinst du mir ziemlich verschleiert zu sprechen.«
Drak merkte auf. Mantig war ein kluger Bursche. Hatte Unstabi den Prinzen täuschen wollen?
»Ich schwöre ...«, setzte Unstabi an.
»Es mag ja sein«, warf Drak ein, »daß der Chuktar gar nicht recht weiß, was er alles weiß. Immerhin hat er selbst zugegeben, daß er die Phalanx im Grunde nicht begreift. Du kannst ihn verhören, Kervax Mantig, und wirst ihm sicher ein Großteil dessen entringen können, was du wissen willst.«
Mantig nickte sofort. »Sehr gern, Jis.«
Von den Kerchurivaxes, die seine drei Kerchuris befehligten, hatte Drak durch Verwundung, Krankheit, Tod oder Beförderung acht verloren – eine hohe Verlustquote. Bei solchen Schlachten waren die Kommandanten ebenso gefährdet wie die Swods in den Reihen der Kämpfer. Die Chuktare Nath der Murais und Larghos der Ovion waren vorläufig von Brigadieren zu Divisionsgenerälen befördert worden. Drak lagen seine Soldaten, Männer und Frauen am Herzen, und er litt, wenn sie im Kampfe fielen. Nein. So pflichtbewußt er war, so sehr in ihm der Wunsch brannte, Vallia von den menschlichen Räubern zu befreien, die sein Lebensblut aussaugten, war dem doch seine Heimat Valka vorzuziehen, wo er Musik spielen, die
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