3,6 Millionen Schritte Himmel & Hölle - Pilgerreise auf dem Jakobsweg (German Edition)
ziemlich erschöpft in Cajarc an, wo wir zwei Plätze in einer Gite finden, die mit nur knapp 8,-- Euro sehr günstig ist. Auch hier gilt die Regel: Wer zuerst kommt mahlt zuerst, aber so viel ist auf diesem Teil des Weges noch nicht los.
Außer Katherine und Daniele, einem Pilgerpaar, das sich in Le Puy kennen und auch lieben gelernt hat, und die auch schon in Figeac in der Herberge waren, sind auch wieder andere bekannte Pilger anwesend, die wir schon kennen. Ich komme mir langsam vor wie in einer großen Pilgerfamilie.
Auch Michael ist da. Zum Glück nicht der Stratege aus Deutschland, der Zoe und mir übrigens trotz Abwesenheit einige sehr lustige Momente beschert, sondern der Musiker. Er hat alleine fünf (!) Kilogramm an Musikinstrumenten dabei (Gitarre, Flöte und Trommel). Auf seinem Weg will er etwas Geld damit verdienen, zum Beispiel auf öffentlichen Plätzen.
Wir essen gemeinsam mit den a nderen zu Abend. Dabei sorgt Michaels entspannte Musik für eine angenehme Atmosphäre und ist eine Abwechslung zu den oft ruhigen Abenden.
Fazit des Tages: Jetzt weiß ich, was mir noch fehlt zu meinem Glück: Musik!
Montag, 7. Juli, 56. Tag:
Cajarc - Varaire, 24 km
Nachdem die letzten drei Tage landschaftlich gesehen ganz nett, aber nicht gerade berauschend waren, wird es heute mal wieder richtig schön bei traumhaftem Wetter! Aber das Aubrac und Conques haben die Messlatte auch ziemlich hoch gelegt. Ich frage mich, ob das überhaupt noch gesteigert werden kann. Der Weg heute jedenfalls führt uns durch wunderschöne Wälder und die Wege selbst sind von kleinen moosbewachsenen Mauern begrenzt.
In den Wäldern stehen einige sehr hübsche, für diese Region typische, kleine Hütten, die einmal Hirten als Schutzhütten gedient haben sollen. Wir machen sogar einen kleinen Umweg zu einem wunderschön gelegenen Hünengrab und dort eine kleine Pause. Die Gite in Varaire ist richtig schön, aber mit 13,-- Euro ziemlich teuer. Dafür haben wir ein Mehrbettzimmer für uns alleine.
Auch Daniele und Katherine sind wieder bis hierher gelaufen und teilen sich ihr Zimmer mit einer dritten Pilgerin. Am späten Nachmittag sitzen wir mit ihr in der großen Wohnküche, als sie aufsteht , um mal kurz ins Zimmer zu gehen.
Kurze Zeit später kommt sie wieder und wir wundern uns , warum sie schon wieder da ist. Schulterzuckend erzählt sie uns, dass die Zimmertüre verschlossen sei. Wir können uns unser Grinsen nicht verkneifen darüber, dass sich Katherine und Danielle mal kurz zurückgezogen haben für ein kleines Schäferstündchen.
Fazit des Tages: Ein Pilger lebt nicht vom Pilgern allein…!
Dienstag, 8. Juli, 57. Tag:
Varaire - Cahors, 32 km
Heute steht mal wieder eine lange Etappe an. Wir kommen gut voran, und das Wetter ist angenehm zum Laufen. Als wir erst nach etwa drei Stunden unsere erste Pause machen, haben wir schon fast die Hälfte geschafft. Das letzte Stück zieht sich dann und geht uns irgendwann auf die Nerven. Es ist einer dieser Tage, an denen man irgendwann keinen Bock mehr hat und einfach nur noch ankommen will, so schön die Etappe auch war.
Das letzte Stück bis Cahors legen wir in einem regelrechten Gewaltmarsch zurück und unsere Freude ist groß , als wir endlich die Stadt von einem Hügel aus erblicken. Ich habe ausgerechnet, dass ich jetzt fast die Hälfte des Weges bis nach Santiago de Compostela hinter mir habe, also circa 1.150 Kilometer, und bin entsprechend euphorisch.
Dass das noch nicht ganz die Hälfte meines gesamten Weges ist, weiß ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht, weil ich noch nicht die Entscheidung getroffen habe, bis an den Atlantik und an das Ende der Welt zu laufen.
Wir checken in der Jugendherberge ein, die uns hier die beste Lösung zu sein scheint. Wir haben zuvor ein paar leckere Sachen für unser Abendessen eingekauft, aber als wir dann kochen wollen, gibt es Probleme, weil es zwar eine Küche gibt, diese aber anscheinend nicht für Gäste gedacht ist.
Als wir uns schon fast entschlossen haben, wieder auszuchecken und uns eine Herberge mit Kochgelegenheit zu suchen, weil frische Hühnchenbrust die nächste Etappe wohl nicht so gut verkraften würde, gestattet man uns netterweise und ausnahmsweise doch, die Küche zu benutzen, wenn wir sie denn wieder so hinterlassen, wie wir sie vorgefunden haben, was für uns selbstverständlich
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