3,6 Millionen Schritte Himmel & Hölle - Pilgerreise auf dem Jakobsweg (German Edition)
nächsten Ort Itaro de la Vega, wo es nicht nur eine Bar und einen Kaffee gibt, sondern endlich auch mal wieder Wasser und Schatten. Chris und Judith treffen etwas später ein, weil Chris beim Abstieg vom Tafelberg zwei Mal umgeknickt ist.
Der Pechvogel, hoffentlich war’s das nicht für ihn. Judith, die sich gut mit Massa gen auskennt, bearbeitet seinen Fuß so gut es geht und mit den besten Wünschen zur Genesung setzen Carmen und ich unseren Weg fort. Kurz vor Boadillo del Camino steht ein alter Mann namens Alejandro, der anscheinend jeden einzelnen Pilger empfängt und sich seinen Namen sowie seine Herkunft notiert.
Die Herberge in Boadillo mit ihrem schönen Garten und Pool kann ich einfach nicht links liegenlassen, also beende ich meine Etappe kurzentschlossen nicht wie geplant mit den anderen im noch sechs Kilometer entfernten Fromista, sondern schon hier. Am nächsten Abend wollen wir uns alle in Carrion de los Condes treffen, von wo aus die von allen Pilgern am meisten gefürchtete Meseta-Etappe beginnt.
I ch checke ein und suche mir eine freie Matratze im rustikalen Matratzenlager. Als ich eine finde, fällt mein Blick auf die schon belegte Nachbarmatratze, auf der alle möglichen Sachen liegen. Wie schon so oft frage ich mich, an wessen Seite ich wohl in dieser Nacht schlafen werde. Hoffentlich kein Schnarcher... Ich verbringe einen sehr entspannten Nachmittag am Pool, dessen Ruhe nur von Fliegen und noch lästigeren Mobiltelefonen anderer Pilger gestört wird.
Fazit des Tages: Manchmal muss man erst am Rad drehen, um an Wasser zu kommen (wie beim Brunnen in Boadillo)!
Montag, 11. August, 91. Tag:
Boadillo del Casino - Carrion de los Condes, 25,8 km
Gestern Nacht habe ich also neben Elena geschlafen. Ich kann mir denken, wie sich das anhört, aber so ist das eben in einem Matratzenlager und immer wieder ein bisschen wie Weihnachten, weil man nie so genau weiß, wer neben einem schläft. Sie und einige ihrer Weggefährten habe ich gestern Abend noch am Pool kennengelernt und wir laufen den ersten Teil der Strecke gemeinsam.
Der Camino führt an einem sehr schönen Kanal entlang und wieder wird das frühe Aufstehen mit einem schönen Sonnenaufgang belohnt. Bei den momentanen Tagestemperaturen ist es gar nicht schlecht, so früh loszulaufen. So hat man nachmittags, wenn es am heißesten ist, schon den größten Teil der Strecke geschafft oder sein Tagesziel erreicht.
Genauso ist es auch heute wieder: Es wird fast unerträglich heiß und staubig und die Strecke führt viele Kilometer unausweichlich an einer stark befahrenen Straße entlang. Als ich in Carrion de los Condes ankomme, ist die Herberge, in der ich mich mit Theo, Marc, Annette, Monika und Carmen verabredet hatte, nicht nur voll, sondern auch keiner von ihnen da.
A lso gehe ich zur zweiten Herberge im Ort, in der es zwar noch Platz gibt, aber ich möchte die anderen finden, weil ich mich auf einen gemeinsamen Abend mit ihnen freue. In der dritten Herberge schließlich treffe ich sie, aber dort gibt es, obwohl sie versucht hatten, mir einen Platz zu reservieren, ebenfalls keinen freien Platz mehr.
Zum Glück lässt sich d er Herbergsvater aber überreden, mich noch aufzunehmen, nachdem Monika, Carmen und Annette ihm versichert haben, dass es ihnen nichts ausmache, wenn ich in ihrem Zimmer auf dem Boden schlafe.
Obwohl ich dann in dem Zimmer weder Bett noch Matratze habe, lässt der Herbergsvater beim Preis für die Übernachtung nicht mit sich verhandeln , und ich muss den vollen Preis zahlen. Vielleicht nicht ganz fair, aber so kann ich den Abend wieder mit Weggefährten verbringen, die ich echt schon ins Herz geschlossen habe.
Zitat des Tages (Marc, nach ein paar Gläsern Rotwein): “The wine gives me inspiration for my next rap!”
Dienstag, 12. August, 92. Tag:
Carrion de los Condes - Terradillos de los Templarios, 28 km
Heute steht sie also an: die laut Wanderführern ‘gefährlichste’ Etappe durch die Meseta! Von Carrion de los Condes bis Calzadilla de la Cueza geht es satte 18 Kilometer, also etwa 4 Stunden, ausschließlich geradeaus und es gibt auch hier weder Schatten noch die Möglichkeit, Wasser aufzufüllen. Gegen 06:30 Uhr bin ich auf dem Weg - die anderen sind sogar noch früher los - und es regnet während der ersten paar Kilometer.
K urz nach meinem Aufbruch treffe ich Elena wieder,
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