3,6 Millionen Schritte Himmel & Hölle - Pilgerreise auf dem Jakobsweg (German Edition)
Eduardo, Carmen und Marianne sind Pilger der gemütlichen Sorte und wie auch schon gestern gibt es heute Morgen erst mal ein ausgiebiges Frühstück, wie zu besten Schweizer und französischen Zeiten. Aufbruch ist dann gegen 08:30 Uhr. Schön gemütlich und ohne den Stress, den viele Pilger besser mal am. Cruz del Ferro zurückgelassen hätten.
Am Ortsausgang von El Acebo erinnert ein Denkmal in Form eines Fahrrads an einen tödlich verunglückten deutschen Fahrradpilger. Gerade in Spanien findet man immer wieder Kreuze am Wegesrand, die an einen hier verstorbenen oder verunglückten Pilger erinnern. In Santiago wird sogar eine Statistik geführt. Die meisten kommen immer noch durch Verkehrsunfälle ums Leben (wahrscheinlich kurz vor Leon...), aber immer auch wieder zum Beispiel durch Herzversagen oder Hitzschlag.
D er Abstieg nach Ponferrada wird ebenfalls wunderschön. In Ponferrada bewundern wir die tolle Templerburg, eine Burg wie aus dem Bilderbuch aus dem 12./13. Jahrhundert und gönnen uns erst mal eine ausgiebige Siesta! Als wir dann am frühen Abend, 5,5 Kilometer vor Cacabelos, Camponayara erreichen, ist es schon so spät, dass wir hier schon in einem kleinen Laden ein paar leckere Delikatessen (ja, es ist wirklich gut, in Spanien mit Spaniern unterwegs zu sein!) einkaufen und wenig später zu Abend essen, bevor wir die letzten Kilometer bis zu unserem Tagesziel in Angriff nehmen.
Der Rastplatz kurz vor dem Ortsausgang ist von der örtlichen Glasfabrik für Pilger spendiert worden und verfügt über einen Kn üller: Es gibt hier einen Cola-Automaten, an dem man kostenlos (!) eisgekühlte Softdrinks bekommt! Da glaubt man, nicht mal der Tod sei umsonst und erlebt auf diesem Weg so viele Dinge, die dann doch gratis bzw. kostenlos oder gegen Spende sind. Voller Vorfreude auf eine eiskalte Coke zum Dinner gehen wir zum Automaten und werden enttäuscht: Er funktioniert nicht! So schnell gibt ein Jakobspilger nicht auf, also gehen Eduardo und ich zum Pförtner der Glasfabrik und berichten ihm, dass die Maschine kaputt ist. Wenigstens sollen doch wieder andere Pilger in den Genuss kostenloser eiskalter Getränke kommen.
Der nette Pförtner verspricht uns, sich darum zu kümmern , und als wir gerade zu Abend essen, also keine zehn Minuten später, kommt jemand und repariert die Maschine! Wir können es kaum fassen und kommen also doch noch in den Genuss einer Gratis-Coke! So hatten wir zwar nicht die in meinem Wanderführer erwähnte Gratis-Weinprobe in der Bodega des Ortes, weil sie schon geschlossen hatte, aber dafür eine gute antialkoholische Alternative! Muss ja nicht immer Rotwein sein.
Die letzten fünf Kilometer führen dann bei traumhaftem Sonnenuntergang durch wunderschöne Weinberge und wir treffen auf den ersten Wegweiser, der weniger als 200 Kilometer nach Santiago anzeigt! Erst gegen 22:00 Uhr kommen wir in völliger Dunkelheit in der Herberge von Cacabelos an.
Klarer Fall, dass die Herberge voll ist, aber draußen gibt es zum Glück noch ein paar freie Maratzen unter einem Stoffdach, was für uns natürlich völlig in Ordnung ist. Zu meiner Freude begegne ich Carolina wieder und biete ihr an, sich unserer Gruppe anzuschließen. Sie sagt zu und wir verabreden uns für den nächsten Morgen.
Dialog des Tages: Eduardo präsentiert mir aus Spaß wieder mal sein Schweizer Offiziersmesser und demonstriert mir dessen vielen verschiedenen Funktionen: Eduardo: Schau, wie toll dieses Messer ist! Ich: Schau doch mal nach, es hat bestimmt auch Toilettenpapier!
Donnerstag, 21. August, 101. Tag:
Cacabelos - Vega de Valcarce, 28 km
Also sind wir ab heute zu fünft und Spanien zeigt sich wieder von seiner schönen, aber auch sehr anstrengenden Seite! Weil wir selbstverständlich tapfere und mutige Pilger sind, nehmen wir alle von Villafranca aus den Pfad, von dem es in meinem Wanderführer heißt, er sei zwar zwei Kilometer länger und um einiges härter, aber dafür um einiges schöner, den ‘Camino Duro’! Duro heißt so viel wie hart, und der Name ist Programm!
Meine Gruppe wusste nichts von dieser Alternative zum eigentlichen und schon von Hape Kerkeling in seinem Buch als nervig und gefährlich beschriebenen regulären Weg. Auch wenn der mittlerweile laut Wanderführer durch eine Betonmauer etwas sicherer ist, so ist er wohl immer noch reizlos und durch die angrenzende stark befahrene Straße nach wie vor laut und reizlos.
Ich
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