365 Geile Nacht Geschichten Band 2 Juli
einen Blick auf sein Postfach und die Anhäufung von lästiger Werbung für Potenzpumpen und merkwürdigen Pillen fällt mir auf.
“Du solltest mehr darauf achten, auf welchen Seiten du deine Emailadresse verwendest, sonst wirst du von der Werbung noch zugeschüttet werden.”
“Ich wette, du bekommst nicht eine Werbung in dieser Art. Du bist sicher der Engel mit der reinen Weste.” Er kichert leise. War das jetzt ein kleiner Vorwurf, dass ich prüde wäre?
“Hey, nicht jeder treibt sich auf den Schmuddelseiten im Internet rum!”, antworte ich etwas aufgebrachter.
“Ach, und wie machst du das? Liegst du im Bett und träumst von zarten Küssen mit unschuldigen Frauen im Park?” Schon wieder.
“Nein, aber trotzdem sicher nicht so wie du.” Er sieht mich mit glitzernden Augen von der Seite an und fragt dann betont beiläufig, während er die Seite wieder schließt:
“Ach ja, was glaubst du denn, wie ich mich erleichtere?” Diese Gesprächsrichtung ist mir plötzlich etwas unangenehm, zu intim für meinen Geschmack.
“Ist ja auch egal … lass uns weiter machen. In zwei Stunden muss ich zur Arbeit.”
“Heute noch? Aber es ist doch Freitag.”
“Ja, und? Ein Restaurant hat auch freitags geöffnet und die Bezahlung ist dann besser.”
“Du musst es ja wissen.” Erneut brumme ich nur, nehme den Stift wieder in die Hand und versuche mich auf die Arbeit zu konzentrieren. Doch seine Blicke, die er mir immer wieder zuwirft, lenken mich ein wenig ab. Immer nur kurz und unscheinbar, doch er muss wissen, dass ich es bemerke.
Ich bin Kellner in einem spanischen Restaurant der gehobenen Klasse. An den Wochenenden sind die Tische immer besonders voll und, wenn ich Glück habe, das Trinkgeld üppig. Ich bin zwar nicht ganz so geübt wie die Vollzeitkellner, dafür scheinen vor allem die Frauengruppen meine Dienste zu schätzen. Zweimal habe ich bereits auf der Rechnung, die zurückgelassen wurde, eine Telefonnummer gehabt. Doch angerufen habe ich nie, so einer bin ich einfach nicht. In der Oberstufe hatte ich mal eine Freundin, aber irgendwie war das nicht das Richtige. Und mein Kopf hat eh keinen Platz für solche Spielereien. Sollen sich diese teils älteren Damen wen anderes zum Verführen suchen, aber geschmeichelt fühle ich mich trotzdem.
Meine Füße schmerzen schon ein wenig und das nach gerade erst drei Stunden Schicht. Ich hätte nicht die neuen Schuhe anziehen sollen, doch Jammern hilft nicht. Um halb zwei in der Früh schließt das Restaurant, solange werde ich es mit einem freundlichen Lächeln ertragen.
Teller um Teller trage ich und Wunsch um Wunsch erfülle ich. Kein Beruf, den ich mir für die Zukunft wünschen würde. Die Bestellungen und Sonderaufgaben rauben mir, gerade in den vergangenen zwanzig Minuten, besonders den Nerv. So gehe ich an einen der Tische, halte Zettel und Stift bereit und frage
“Haben Sie schon gewählt? Ich empfehle besonders die Garnelen im Knoblauchmantel mit unserem hausgemachten Brot als Vorspeise und das geschmorte Olivenhähnchen in Rotweinsauce.”
“Ich weiß nicht, Sebastian, Knoblauch ist nicht so mein Ding.” Ich sehe überrascht auf. Markus?
“Was machst du denn hier?”, frage ich auch etwas unwirsch.
“Ich habe Hunger.”
“Ja, aber was machst du ‘hier’?”, betone ich noch einmal meine Frage.
“Du hast mir von diesem Restaurant vorgeschwärmt, da wollte ich es mal probieren.”
“Ganz allein?” Mein ungläubiges Gesicht scheint ihn zu amüsieren.
“Ja, und? Hast du Angst, ich mache mich über dich lustig?”
“Ehrlich gesagt, schon.” Ich lasse meine Utensilien endlich sinken. Dennoch ist er ja ein Gast und ich bin etwas unschlüssig, ob ich ihn bitten sollte zu gehen. Er ignoriert dies ganz, hebt die Speisekarte an und sagt:
“Ich hätte gerne den gebackenen Thunfisch mit hausgemachtem Püree, als Vorspeise die Tomatensuppe la madre und zum Runterspülen eine Flasche Pago Negralade Jahrgang 1996.”
“Zum Runterspülen?” Er sieht mich fragend an.
“Du weißt schon, dass da eine Flasche über hundert Euro kostet?” Er grinst breit.
“Ja, das habe ich gesehen. Danke für die Warnung.” Ich betrachte ihn, er hat sich sogar umgezogen und sitzt in Hemd und Anzughose vor mir. Ich weiß immer noch nicht, ob das ein Witz sein soll.
“Willst du meine Bestellung nicht aufschreiben, Sebastian?”, fragt er lächelnd. Nach einem weiteren Blick hebe ich meine Hände schließlich und notiere seine Bestellung. Ohne weiter
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