37 - Der Kriegsherr von Antares
Einfluß hatte aus dem unbekannten Mädchen ihrer Jugend das Ungeheuer geschaffen, das heute Csitra die Hexe war.
»Ich muß sagen, ich bin nicht durstig, und der Hunger ist mir vergangen.«
»Ach, ich bitte dich!« Und sie begann mir lockend mit einer Paline vor der Nase herumzuwinken, wie eine liebevolle Mutter, die ihr Kleinkind zum Essen bringen will.
Dies alles verriet mir auf eindeutige Weise, daß sie sich als Siegerin wähnte, daß sie glaubte, wirklich und wahrhaftig über mich gewonnen zu haben. Offenbar nahm sie an, es bedürfte nur noch einer kurzen Zeit und einer kleinen Anstrengung, um mich ganz zu erobern.
Und ... Ja, was zum Teufel konnte ich tun?
Ihre persönlichen Bewacher mußten ihr die Zuversicht vermitteln, daß ein simpler irrwitziger Schwerthieb ihr nichts antun konnte.
Unter anderen Umständen hätte mich ihr Selbstbewußtsein amüsiert. Sie gab sich große Mühe, die gemütliche Teestunden-Atmosphäre aufrechtzuerhalten. In dieser Situation wäre ein Schwerthieb nicht nur nützlich, sondern würde auch eine Primitivität in die Szene einbringen, die wahrlich nichts mit der Wirkung zu tun hatte, den sie zu erzielen hoffte.
Nun denn? Ein Schwerthieb? Ein schneidender Rundumhieb mit dem Krozair-Langschwert?
Ich weiß nicht recht, ob ich nicht irgendwie vom Hamlet-Syndrom befallen war. Die arme verwirrte Frau – sie war bestimmt beinahe besser dran, wenn man ihr das Leben nahm. Doch gefiel mir diese Aufgabe nicht – trotz der Dinge, die geschehen waren. Ihre Macht war real vorhanden; das wußte ich.
Ganz im Gegensatz zu früher machte sie keinen Versuch, mich zu beeinflussen; sie wußte bestimmt, daß der damalige Fehlschlag sich hier nur wiederholt hätte. Sie versuchte ihr Ziel mit anderen Waffen und Methoden zu erreichen.
Der kleine Kammerherr gesellte sich zu den vier Zuschauern. Die Chulikwächter rührten sich nicht, waren aber nach wie vor sehr aufmerksam. Und wie zuvor hing der faulige Pflanzenduft in der Luft des herrlichen Saales – eine unerklärliche Erscheinung.
Ich setzte mich bequemer hin, um leichter die Krozair-Klinge freizubekommen.
Wieviel Zeit mir blieb, ehe mich dann der herbeisirrende Bolzensturm in Stücke riß, wußte ich nicht. Wenn sie es darauf anlegte, mich zu vernichten, würde kein Weg daran vorbeiführen. Unwillkürlich stellte ich mir vor, daß der Stahl von Csitra abprallen würde. Sie war ihr eigener bester Schutz, und die Armbrüste stellten nur eine zusätzliche Schmuckfarbe in ihrem okkulten Reich dar.
»Du sagst immer wieder, du liebst mich und begehrst mich«, sagte ich. »Wie lange würde das wohl dauern – was meinst du?«
Ich glaube, sie war ehrlich verblüfft. »Ich verstehe dich nicht, Liebling.«
»Ein Spielzeug? Für dich? Ist das alles, was du willst?«
»Du verstehst die Tiefe der Leidenschaft nicht, die ich für dich empfinde, Dray!« rief sie entrüstet. »Auf der ganzen Welt gibt es nicht genug Platz, um meine Liebe auch nur zur Hälfte unterzubringen, geschweige denn Worte, um sie auszudrücken!«
»Vielleicht auf zwei Welten?«
»Was ...? Machst du dich über mich lustig?«
»Nein.«
»Was meinst du dann – ›zwei Welten‹?«
»Ich glaube, das würdest du nicht verstehen, Csitra. Und wenn du es verstündest, würde es dich entsetzen.« Ich fuhr mit barscher, unangenehmer Stimme fort: »Wenigstens ist das bei anderen Zauberern und Hexen aus Loh meine Erfahrung gewesen.«
Sie bedachte mich mit einem Blick, der etwa die Wirkung hatte, als werde eine Jalousie vor die Helligkeit der Zwillingssonnen Scorpios gezogen. Sie fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Du kennst also das Sonnenuntergangs-Volk? Ist das der Grund, warum du ...?«
»Ich weiß von den Savanti, o ja. Aber das ist nicht der Grund.«
»Dann bin ich wahrlich gesegnet! Ich bin bestätigt! Zwischen uns besteht ein unzerbrechliches Band, Dray, das kannst du nicht leugnen!«
Ich wollte schon rufen: »Beim Schwarzen Chunkrah, Frau! Natürlich kann ich das!« Aber ich hielt mich dann doch zurück. Diese irregeleitete Hexe begehrte mich, was einerseits ihr Pech war, mir aber andererseits schlimmste Unannehmlichkeiten bereitete. Es gab da einen Namen, eine Person, die noch nicht erwähnt worden war. Alle meine Sorgen waren nichts gegen das Entsetzen, das mich bei dem Gedanken erfüllte, Csitra könnte ihr etwas antun.
In panischem Entsetzen schob ich die scheußlichen Befürchtungen zur Seite, besorgt, daß Csitra oder Mergondon vielleicht in den
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