37 - Satan und Ischariot I
ihnen entgegenreiten, um mit ihnen zu sprechen. Sollten ihrer so viele sein, daß sie es wagen, mich anzugreifen, so werden wir, um sie zurückzuhalten, dieses Buschwerk gegen sie verteidigen.“
Indem ich so hinter den vorderen Sträuchern stand, beobachtete ich den Weg, den wir soeben zurückgelegt hatten. Was ich vermutet hatte, das geschah: Schon nach kurzer Zeit sah ich da drüben drei Reiter erscheinen, welche in kurzem Zotteltrab über die Prärie herüberkamen. Ich ritt ihnen entgegen und nahm die Haltung eines Mannes an, welcher ganz unbesorgt des Weges reitet. Dabei hielt ich den Körper nach vorn gebeugt und tat, als ob ich so ermüdet sei, daß ich auf die vor mir liegende Fläche gar nicht achtete.
Als sie mich erblickten, stutzten sie; da sie aber keinen anderen erscheinen sahen, so ritten sie weiter; einen einzelnen Reiter brauchten sei doch nicht zu scheuen. Ich stellte mich so, als ob ich sie noch nicht sähe, hielt aber den Stutzen quer über den Sattel gelegt, um ihn mit einem Griff in Anschlag zu haben. Dabei war ich überzeugt, daß sie mich nicht, wenigstens nicht sofort erkennen würden, denn sie hatten mich in dem jetzigen, mich sehr veränderten Anzug noch nicht gesehen, und außerdem hielt ich die Zipfel der bunten mexikanischen Gargantilla wie ein gegen die Sonne schützendes Halstuch so über Kinn und Bart geschlagen, daß, da der breitrandige Sombrero bis auf die Augen niederging, von meinem Gesicht eigentlich nur die Nase deutlich zu sehen war.
Jetzt waren sie mir so nahe gekommen, daß ich unbedingt nicht nur sie sehen, sondern auch die Schritte ihrer Pferde hören mußte. Ich richtete mich also auf, tat, als ob ich sie jetzt erblickte, und hielt mein Pferd an, welches sie auch nicht kannten. Sie parierten die ihrigen vielleicht zehn oder zwölf Schritte vor mir; es waren drei von meinen letzten fünf Wächtern. Der eine redete mich in dem gebräuchlichen Mischmasch an:
„Wo kommst du her?“
„Von der Hazienda del Arroyo“, antwortete ich mit verstellter Stimme, was mir nicht schwer wurde, da das Tuch auch meinen Mund halb verdeckte.
„Und wo willst du hin?“
„Zum ‚Großen Mund‘, dem Häuptling der tapferen Yumas.“
„Wie hast du die Hazienda gefunden?“
„Sie ist zerstört, vollständig vernichtet.“
„Von wem?“
„Von den Yumas.“
„Und da reitest du zu ihnen? Was willst du bei ihnen?“
„Mit ihnen über die Herden, welche sie fortgetrieben haben, verhandeln.“
„In welchem Auftrag?“
„Ich bin der Bote des Haziendero, welcher bereit ist, die Tiere zurückzukaufen, und soll mir von dem Häuptling den Preis bestimmen lassen.“
„Dein Weg ist umsonst, denn er verkauft die Tiere nicht.“
„Woher wißt ihr das?“
„Wir gehören zu seinen Kriegern.“
„So müßt ihr freilich wissen, was er tun will und was nicht; aber ich möchte dennoch mit ihm sprechen, da ich nach meinem Auftrag zu handeln habe.“
„Du scheinst nicht zu wissen, wie gefährlich das ist. Die Krieger der Yumas haben das Kriegsbeil gegen die Weißen ergriffen.“
„Ich weiß es, habe aber keine Sorge, da ich als Unterhändler unverletzlich bin. Wo haben die Krieger der Yumas, welcher auf der Hazienda waren, ihr Lager aufgeschlagen?“
„Das brauchst du nicht zu wissen, denn es ist nicht nötig, daß du so weit reitest. Wenn du hier wartest oder langsam auf dieser Spur weiterreitest, wirst du in kurzer Zeit den Häuptling mit fünfzig seiner Krieger erscheinen sehen.“
„Ich danke euch. Lebt wohl!“
Ich tat so, als ob ich weiterreiten wolle, obgleich ich wußte, daß sie noch mehrere Fragen an mich richten würden. Gerade auf diese Fragen kam es an, denn aus ihnen konnte ich vielleicht das schließen, was ich wissen wollte.
„Halt, warte noch!“ erklang es in befehlendem Tone. „Hast du denn mit dem Haziendero gesprochen?“
„Natürlich! Wie könnte ich sonst sein Bevollmächtigter sein!“
„Und er war mit dem Bleichgesicht, welches Melton heißt, auf dem Wege nach Ures?“
„Einen Weißen Namens Melton habe ich nicht gesehen.“
„Vielleicht einen, welcher Weller hieß, und den Sohn desselben!“
„Auch nicht.“
„So hast du wohl auch nicht einen Trupp unserer Krieger gesehen, bei welchem diese Bleichgesichter zwei Tage lang gefangen gewesen sind?“
„Nein. Ich habe nur den Haziendero gesehen und mit ihm gesprochen.“
„Wo?“
„In den Ruinen seines Hauses. Ich kam nach der Hazienda, um ihm Geld zu geben, welches ich ihm schuldete.
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